Racer and the Jailbird
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Racer and the Jailbird

Racer and the Jailbird
„Racer and the Jailbird“ // Deutschland-Start: 27. September 2018 (DVD/Blu-ray)

Gino (Matthias Schoenarts) ist niemand, der größere Skrupel oder Zweifel in sich trägt. Die kann er sich auch nicht leisten, denn als Teil einer Gangsterbande heißt es, immer und überall einen kühlen Kopf bewahren. Als er der Rennfahrerin Bénédicte (Adèle Exarchopoulos) über den Weg läuft, ist es dennoch schnell um ihn geschehen. Auch sie ist dem forschen Draufgänger nicht abgeneigt, bald geben sich die zwei einer heißen Beziehung hin. Sogar eine Hochzeit steht plötzlich im Raum. Überschattet wird das Glück jedoch von Ginos kriminellen Machenschaften, die er Bénédicte verschweigt und die ihn immer wieder in große Gefahr bringen. Wird er es schaffen, seiner düsteren Vergangenheit abzuschwören und für seine große
Liebe ganz von vorne anzufangen?

Nur keine Experimente heißt es bei Michaël R. Roskam offensichtlich, wenn es um die Besetzung geht. Nachdem der belgische Regisseur schon in seinen ersten beiden Spielfilmen Bullhead und The Drop mit seinem Landsmann Matthias Schoenaerts zusammenarbeitete, gibt er auch bei seinem dritten Werk dem blonden Hünen den Vorzug. Und erneut spielt der inzwischen auch in Hollywood gefragte Mime einen Mann, der sich in einem kriminellen Milieu aufhält und zuweilen recht hässliche Seiten in sich entdeckt. Diese Konstanz mag man vielleicht nicht allzu aufregend finden. Und doch wird nach wenigen Minuten schon klar, dass die Besetzung nicht nur passend, sondern auch eine der größten Stärken des Films ist.

Das alte Spiel
Nur noch ein letzter Coup, danach ist wirklich Schluss! Bei dieser Aussage darf man als fleißiger Filmeschauer natürlich das eine oder andere Déjà-vu-Erlebnis haben. Schließlich gibt es jede Menge Streifen, in denen dieses Szenario bemüht wird – entweder weil die Profiverbrecher genug von dem Stress haben oder eine holde Schönheit in ihr Leben tritt. Bei Roskam, der auch am Drehbuch beteiligt war, ist es mal wieder der zweite Grund. Aufrichtige Zweierbeziehung und ein geheimes Leben, das passt nun mal nicht gut zusammen. Und so ist Amore doch immer wieder gern gesehen, um böse Buben auf den rechten Pfad zu führen, erkennen zu lassen, worauf es wirklich ankommt.

Was Racer and the Jailbird jedoch von den vielen gleichgesinnten Kollegen unterscheidet: Hier ist es mal keine unbedarfte, süße Prinzessin, die das Gute im Mann hervorlockt. Als Rennfahrerin ist Bénédicte selbst ganz schön abgebrüht. Gerade zu Beginn macht es Spaß, den beiden zuzusehen, wie sie sich auf Augenhöhe begegnen, dabei jede Menge Funken sprühen. Und wenn die junge Teufelsfahrerin in einer der sehenswertesten Szenen auch im Privaten ihre Fertigkeiten demonstriert, dann dürfen selbst einem Kerl wie Gino mal die Knie schlottern, Befürworter von filmischer Gleichberechtigung zudem in die Hände klatschen.

Die tragische Seite der Liebe
Leider hält der Film, der 2017 bei den Filmfestspielen von Venedig seine Premiere feierte, diese aufregende erste Hälfte nicht bis zum Ende durch. Anstatt sich weiterhin auf den sehr turbulenten Part der Beziehung zu konzentrieren, der von der energiegeladenen Chemie der beiden Hauptdarsteller lebt, fasert Racer and the Jailbird etwas unglücklich aus. Nicht die bloße Anziehungskraft steht im Mittelpunkt, sondern die Frage: Wie tief sind die Gefühle der beiden wirklich? Was sind sie bereit füreinander zu tun, bereit füreinander aufzugeben?

Das wird vielleicht den Teil des Publikums freuen, das von vornherein auf etwas tränenreiches Drama gewartet hat. Denn eins ist klar: Roskam schont hier niemanden, nicht die beiden Protagonisten, nicht die Zuschauer. So richtig überzeugend ist das Ergebnis da jedoch nicht. Der Film verliert an Fahrt, kommt nicht mehr so richtig in die Gänge, profitiert nicht mehr von der reizvollen Konstellation. Schade ist zudem, dass Bénédicte nun doch zu einem Heimchen am Herd reduziert wird, was weder sie, noch der Film verdient haben. Insgesamt ist diese Mischung aus Drama und Krimi aber, trotz der beträchtlichen Schwankungen, gut anzusehen, droht zwar in der zweiten Hälfte, in unschönen Kitsch abzugleiten, bekommt jedoch noch rechtzeitig die Kurve.



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Wenn in „Racer and the Jailbird“ eine Rennfahrerin und ein Verbrecher sich ineinander verlieben, dann sprühen schnell die Funken. Vor allem die erste Hälfte ist sehr stark, wenn der Film sich ganz auf die energiegeladene Chemie der beiden Darsteller verlässt. Im zweiten Teil verliert die Mischung aus Drama und Krimi jedoch etwas den Fokus, beraubt sich zunehmend ihrer eigenen Stärken.
7
von 10