Es ist geradezu unglaublich, was Gordon Dunn (Martin Donovan) da verkündet: Seine Maschine soll in der Lage sein, Erinnerungen von Menschen aufzuzeichnen und abzuspielen, selbst solche, die verlorengegangen waren. Doch nicht jeder scheint mit dieser Entwicklung glücklich zu sein, der visionäre Erfinder wird eines Tages ermordet in seinem Haus aufgefunden. Die Polizei steht vor einem Rätsel, keiner kann sich erklären, wer ihm nach dem Leben getrachtet haben könnte. Da taucht der mysteriöse Sam (Peter Dinklage) auf und bietet Dunns Witwe Carolyn (Julia Ormond) an, die Sache zu untersuchen und den Mörder zu finden. Was nicht einfach ist, denn der Verstorbene hatte offensichtlich viele Feinde.
Das Internet vergisst nicht, heißt es immer wieder. Was auch immer mal seinen Weg in die Online-Welt geschafft hat, hinterlässt dort Spuren, ob nun gewollt oder nicht. Bei menschlichen Erinnerungen sieht es da naturgemäß ein klein wenig anders aus. Mal wissen wir nicht mehr, wohin wir die Schlüssel getan haben, Gespräche werden in der Rückschau neu geschrieben, manchmal trennen wir uns auch freiwillig von der Vergangenheit – besonders wenn sie schmerzhaft oder zumindest unangenehm war. An alles können wir uns ja ohnehin nicht erinnern, dafür reicht unsere Kapazität nicht aus.
Sinn und Zweck von Erinnerungen
Die Vorstellung von Rememory, wir könnten unsere Erinnerungen mittels einer Maschine archivieren, die ist dann faszinierend und unheimlich zugleich. Denn dabei geraten nicht nur eine objektive und eine subjektive Wahrheit in Konflikt, können dies zumindest. Es stellt sich zudem auch die Frage: Ist das überhaupt sinnvoll? Sollen wir an all dem festhalten, das uns widerfahren ist? Das Vergessen kann ein Mangel, aber auch ein Segen sein. Gleiches gilt für Erinnerungen, die wir mit uns herumtragen.
Mark Palansky, der hier Regie führte und am Drehbuch mitschrieb, stellt diese Fragen ebenfalls, meist im Zusammenhang mit Nebenfiguren. Eine davon: Todd, gespielt von dem wenige Monate verstorbenen Anton Yelchin. Dessen Auftritte sind kurz, aber prägnant, zeigen die Schattenseiten von dem Spiel mit Erinnerungen. Rememory, das auf dem Sundance Film Festival 2017 Premiere feierte, gibt sich auf diese Weise immer wieder philosophischen Überlegungen hin. Darüber, wie wichtig Erinnern und vergessen sind, wie sehr sie uns prägen, wie sie uns manchmal vielleicht auch zu sehr prägen – unser Kopf wird zu einem Gefängnis, dem wir nicht entkommen können.
Jeder ist hier verdächtig
Der Film kombiniert diese existenzielleren Gedanken mit einem recht herkömmlichen Krimiplot, ähnlich wie es der Kollege Memory Effect – Verloren in einer anderen Dimension vor Jahren getan hat – dort erlaubte eine Maschine, in die Erinnerungen anderer einzusteigen. Der Erfinder ist tot, ein Schuldiger muss gesucht werden. Und da trifft es sich doch, zumindest aus Zuschauersicht, ganz gut, dass es so viele gab, die ein Motiv hätten, den Erfinder um die Ecke zu bringen. Ganz genretypisch bedeutet das: Sam läuft durch die Gegend, findet Hinweise und Indizien, die meistens aber ins Leere führen. Oder zu neuen Verdächtigen, wenn sich Erinnerungen überschneiden.
Das erfüllt dann seinen Zweck, mehr aber auch nicht. Wer von Rememory ähnlich durchkonstruierte Mörderrätsel à la Agatha Christie erwartet, der wird enttäuscht. Dafür ist der Film auch zu unentschieden, was er nun sein will: Palansky nutzt ein Science-Fiction-Szenario, um eine Mischung aus Krimi und Drama zu erzählen. An vielen Stellen geht es dann auch in erster Linie um die Figuren und ihre tragischen Geschichten, um verdrängte Traumata, Erinnerungen, die sie verfolgen, um Depressionen, die sie nicht loswerden. Auch wenn der Film gerne als Thriller verkauft wird, so richtig passen tut das nicht, dafür ist er zu ruhig, zu langsam auch. Selbst wenn man natürlich wissen will, was genau hinter dem Tod des Erfinders steckt, es wird oft zur Nebensache, wenn wir in eine ebenso nüchterne wie persönliche Welt eintauchen, eine, die oft eher traurig ist als spannend.
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