Die Frau des Nobelpreisträgers
© SquareOne Entertainment / Graeme Hunter

Die Frau des Nobelpreisträgers

Die Frau des Nobelpreisträgers
„Die Frau des Nobelpreisträgers“ // Deutschland-Start: 3. Januar 2019 (Kino) // 10. Mai 2019 (DVD/Blu-ray)

Die Freude ist riesig, als Joe Castleman (Jonathan Pryce) eines Morgens einen Anruf aus Schweden erhält: Ausgerechnet er soll den Nobelpreis für Literatur erhalten! Gemeinsam mit seiner Frau Joan (Glenn Close) und Sohn David (Max Irons) macht er sich auf den Weg nach Europa, um dort seinen Preis in Empfang zu nehmen. Die Freude wird jedoch bald getrübt. Zum einen schwelt schon seit Längerem ein Konflikt zwischen Joe und seinem Sohn, der ebenfalls Schriftsteller werden möchte. Außerdem ist ihnen noch der Journalist Nathaniel Bone (Christian Slater) auf den Fersen, der unbedingt eine Biografie über den Autor schreiben will und einem größeren Familiengeheimnis der Castlemans auf den Spuren ist.

Die Oscar-Verleihung 2019 ist zwar noch zwei Monate hin, eine Frage wird aber jetzt schon des Öfteren gestellt: Wird es dieses Mal endlich klappen mit dem Oscar für Glenn Close? Sechs Mal war die Schauspielerin bereits für die begehrte Auszeichnung nominiert, zuletzt 2012 für ihr Herzensprojekt Albert Nobbs. Geklappt hat es jedoch nicht, was sie zur am häufigsten nominierten, nie ausgezeichneten lebenden Schauspielerin macht. Dies mit Die Frau des Nobelpreisträgers zu ändern, wäre daher nicht nur aufgrund der vergangenen Leistungen überfällig. Aufgrund ihrer herausragenden Darstellung in Die Frau des Nobelpreisträgers wäre das sogar ein absolut gerechtfertigter Anlass.

Kaputte Familie, tolle Schauspieler
Wobei die Besetzung des Dramas durch die Bank weg exzellent ist. Ob es nun Jonathan Pryce (The Man Who Killed Don Quixote) ist, der als selbstverliebter und schrecklich unsensibler Autor alle gegen sich aufbringt, oder Max Irons (Das krumme Haus) als Sohn, der seit Ewigkeiten unter der mangelnden Anerkennung des Oberhaupts leidet, der Film zeigt sehr schön die vielen Risse einer im Grunde kaputten Familie auf. Das mag die Kleidung noch so festlich sein, so viel an Reden gefeilt werden, das Dahinter ist sehr viel weniger vorzeigbar. Ein Großteil von Die Frau des Nobelpreisträgers handelt dann auch letztendlich davon, wie die einzelnen Mitglieder sich gegenseitig auf die Nerven gehen, teils große Verletzungen zufügen, weil sie es nicht anders können, es nie wirklich gelernt haben.

Das wäre schon als Porträt einer dysfunktionalen Familie interessant gewesen. Meg Wolitzer, deren Roman hier verfilmt wurde, macht aber mehr daraus. Von Anfang an deutet Die Frau des Nobelpreisträgers an, dass hinter der Geschichte noch ein bisschen mehr steckt. Da sind die diversen Flashbacks, in denen Closes reale Tochter Annie Starke wie auch in Wer ist Daddy? eine jüngere Fassung ihrer Mutter spielt. Und natürlich lässt auch das Auftreten von Christian Slater als beharrlicher Journalist darauf schließen, dass im Keller der Castlemans nicht nur muffige Bücher liegen.

Ich weiß, was du getan hast!
Der Mystery-Faktor ist dennoch überschaubar. Der Film, der auf dem Toronto International Film Festival 2017 seine Premiere feierte, lässt eigentlich schon relativ früh die Katze aus dem Sack, was denn nun genau niemand wissen darf. Wichtiger ist hier, wie das Drama der Ehefrau ein Denkmal setzt, was im englischen Originaltitel The Wife noch ein wenig besser herüberkommt. Das ist hoch aktuell, gerade in Zeiten von #MeToo, in denen es eben nicht nur um die Misshandlung und die Ausbeutung von Frauen geht. Ebenso wichtig ist, die grundsätzliche Rolle der Frau bzw. das Verhältnis der Geschlechter zu überdenken. Die Frau des Nobelpreisträgers zeigt dabei, wie wenig selbstverständlich es war und ist, dass auch Frauen etwas zu sagen haben, es wert sind, dass man ihnen zuhört.

Das trifft damit auch auf den Film zu, selbst wenn er manchmal ein wenig Subtilität vermissen lässt. Der zum Ende hin auch dramatischer ist, als es notwendig gewesen wäre. Denn eigentlich waren es ja die leisen Töne und das zurückhaltende Spiel von Close, die das Geschehen zusammenhalten. Aber das kann den sehr guten Eindruck des Dramas nicht bedeutend schmälern, das gleichzeitig rückgewandt und doch sehr präsent ist. Die Frau des Nobelpreisträgers liefert zeitgemäßen Stoff, über den man diskutieren kann und sollte, ist aber auch unterhaltsam genug für ein Publikum, das sich einfach nur an sehr menschlichen Geschichten erfreuen kann, wie sie zumindest in Ansätzen das Leben schreibt.



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„Die Frau des Nobelpreisträgers“ ist ein herausragend gespieltes Drama, das sowohl als Porträt einer dysfunktionalen Familie wie auch als Plädoyer für die Frauen im Hintergrund funktioniert. Teilweise sorgt der Film durch leichte Mystery-Elemente für Spannung. Gebraucht hätte es die aber ebenso wenig wie spätere Übertreibungen.
8
von 10