Die Beziehung zwischen dem Celebrity-Koch Erasmus (Steve Coogan) und seinem bodenständigen Partner Paul (Paul Rudd) war schon einmal besser. Immer wieder bekommen sich die zwei in die Haare, eigentlich besteht ihr gemeinsamer Alltag nur aus Streit und Arbeit. Bis auf einmal ein zehnjähriger Junge (Jack Gore) vor ihnen steht und sich als Enkel von Erasmus zu erkennen gibt. Der ist darüber weniger begeistert, von Paul ganz zu schweigen. Wie sollen die zwei sich um ein Kind kümmern, wenn ihr eigenes Zusammenleben schon kaum funktioniert? Aber es hilft ja nichts. Und so versucht das schwule Paar widerwillig, doch noch zu einer Familie zu werden.
Man muss noch nicht einmal bis zum Abspann warten, um zu sehen, dass es Andrew Fleming (Insatiable) hier gut gemeint hat. Eine Lanze für gleichgeschlechtliche Familien will er hier brechen, sowohl während der Credits, die reale Aufnahmen zeigen, wie auch in dem vorangegangenen Spielfilm. Eine Familie kann jeder sein, der sich umeinander kümmert, für den anderen da ist, ihm mit Liebe begegnet. Das ist die Quintessenz von Ideal Home. Eine für sich genommen schrecklich banale Quintessenz, die andere zuvor auch schon gefunden haben. Aber es ist doch eine nach wie vor notwendige Quintessenz in einer Zeit, in der sehr viele darum kämpfen, bloß nichts an ihren traditionellen Bildern ändern zu müssen.
Es lebe das Klischee
Wobei man Ideal Home sicher nicht als einen progressiven Film bezeichnen würde. Vor allem Erasmus ist vollgestopft mit den üblichen Schwulenklischees, von den teils bizarren Outfits über sein affektiertes Gehabe und den Fokus auf Sex bis zu einem Auftritt bei Taco Bell, wo er die Weinkarte verlangt. Paul ist da deutlich geerdeter. So geerdet, dass man sich zuweilen fragt, was genau er denn nun an Erasmus findet. Und auch wenn man sicher nicht jedes Gefühl immer nachvollziehen können muss, ein kleines Geheimnis ist Liebe ja oft, es sollte doch zumindest irgendwie glaubwürdig wirken. Davon kann hier jedoch kaum die Rede sein, es fehlt schlicht an der für die Geschichte nötigen Chemie. Wenn Fleming auf den letzten Metern doch noch die Partnerschaft zwischen beiden beschwört, hält sich der Effekt aufs Publikum daher doch in Grenzen.
Besser gelungen ist die allmähliche Annäherung zwischen den Großvätern wider Willen und dem Jungen. Dass ein Kind aus kaputtem Haus und zwei Männer ohne Familienerfahrung und Gespür für Intimität erst einmal nicht zusammenfinden, das ist durchaus nachzuvollziehen. Es ist auch manchmal sogar lustig, wie sich hier zwei Parteien gegenüberstehen, die so gar nichts miteinander anzufangen wissen. Die das zumindest anfangs auch nicht wollen. Sehr schön ist beispielsweise der Running Gag, dass Erasmus und Paul lange nicht wissen, wie der Junge eigentlich heißt, was in so mancher peinlichen Situation endet.
Viel vergeudetes Comedy-Talent
Ansonsten ist der Humor aber nicht gerade die große Stärke des Films. Nicht dass es Fleming nicht versuchen würde, immer wieder zwingt er seine Figuren in unangenehme und peinliche Situationen, manchmal auch nur ungewöhnliche. Richtig lustig wird es aber nur selten. Dabei stehen dem Filmemacher zwei überaus comedyaffine Darsteller zur Verfügung. Aber weder der lustvoll überdrehte Steve Coogan (The Dinner) noch der zurückhaltend auftretende Paul Rudd (Ant-Man) können aus ihren jeweiligen Rollen und den Gags wirklich viel herausholen. Dafür sind beide zu dünn.
Immerhin ist Ideal Home zumindest phasenweise rührend. Herzen, die sich für andere öffnen, in unerwarteten Momenten, erkennen müssen, dass da irgendwie doch mehr dran ist, das kann ganz schön sein. Hohe Erwartungen an den Einfallsreichtum der Geschichte sollte man dabei sicher nicht pflegen, die Tragikomödie hält sich nur an die üblichen Abläufe eines solchen Films. Dabei macht sie jedoch nichts wirklich verkehrt, verlässt sich völlig auf das Bedürfnis des Publikums, Versöhnung und Selbsterfüllung zu erfahren. Wer dieses Bedürfnis in sich trägt, der kann es daher durchaus hiermit versuchen, auch wenn man angesichts des Szenarios und der Besetzung sicher mehr hätte erwarten dürfen.
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