Es hätte ein Silvesterfest wie jedes andere werden sollen, ganz gemütlich im Kreise der Familie. Doch irgendwie steht das dieses Mal alles unter keinem guten Stern. Carlos (Eduardo Antuña) und seine Frau Ana (Itziar Castro) liefern sich einen heftigen Streit, nachdem er von einer fragwürdigen SMS ihres Chefs an sie erfahren hat. Carlos’ Bruder Santi (David Pareja) wiederum leidet schwer darunter, von seiner großen Liebe für einen Jüngeren verlassen worden zu sein. Und auch wenn Eduardo (Boris Ruiz), der Vater der zwei Brüder, einiges dafür tut, um die Wogen zu glätten: Die Stimmung ist erhitzt. Da taucht auf einmal ein Zwerg (Emilio Gavira) bei ihnen auf, der von sich behauptet Gott zu sein und das Ende der Welt ankündigt. Alle Menschen sollen sterben, so sagt er, nur zwei sollen die Apokalypse überleben. Und ausgerechnet die vier sollen entscheiden, wer diese zwei sein sollen.
Ende des Jahres haben ja vor allem besinnliche Filme Hochkonjunktur, die entweder im Rahmen von Weihnachten oder von nostalgischen Rückblicken die Menschen daran erinnern, worauf es im Leben wirklich ankommt. Inmitten dieses geradezu zynisch kitschigen Angebots ein derartiges Kontrastprogramm aufzufahren, das ist dann schon ziemlich mutig. Und irgendwie auch sympathisch. Klar, auch Killing God lädt ein wenig dazu ein, über das Leben zu sinnieren. Es tut dies jedoch auf eine sehr grelle, hysterische Weise. Auf eine blutige. Auf eine teils recht böse Weise.
Lasst die Spiele beginnen!
Dabei lässt sich der Film richtig viel Zeit, bevor er denn mal auf den Punkt kommt. Nach einem schön mysteriösen Einstieg, der den Zwerg bei einem ersten unheimlichen Auftritt zeigt, geht es im Anschluss vor allem um die vier Familienmitglieder. Die haben sich gegenseitig eine Menge zu sagen. Vor allem eine Menge Hässliches. Mit dem titelgebenden Gott hat das nur wenig zu tun, vielmehr handelt es sich um ein kammerspielartiges Selbstzerfleischen. Das ist dann auch lustvoll übertrieben, findet auch vor einer bemerkenswert kitschig-gruseligen Einrichtung statt, die quasi von selbst für viel Atmosphäre sorgt. Irgendwann langweilt das ständige Geschreie dann aber doch ein bisschen.
Inhaltlich deutlich spannender wird es, wenn der selbsternannte Gott auftaucht und den Silvesterabend erst so richtig ruiniert. Nicht nur, dass ein fluchender, schäbiger und ständig saufender Zwerg eine etwas ungewohnte Version Gottes darstellt und für so manchen Gläubigen ein Schlag ins Gesicht sein dürfte. Durch dessen Kniff, die vier Anwesenden über Leben und Tod entscheiden zu lassen, gewinnt der Film noch einmal eine ganz andere Dimension. Denn ausgerechnet einem Quartett das Schicksal der Welt zu überlassen, das nicht einmal den Alltag würdevoll meistert, das schreit geradezu nach einer Katastrophe.
Und was machen wir jetzt?
Ein bisschen erinnert das an der Stelle an The Philosophers – Wer überlebt?, in dem eine Gruppe von Schülern entscheiden soll, welche Menschen ein Unglück überleben dürfen sollen. Denn in die doch recht persönlichen Kriterien der vier mischen sich auch pragmatische: Wer wäre am ehesten in der Lage, im Anschluss das Überleben der Menschheit zu sichern? Ganz konsequent verfolgt wird dieser Ansatz jedoch nicht. Ohnehin hat man bei Killing God das Gefühl, dass irgendwo der große Plan fehlt, um aus dem Szenario wirklich etwas herauszuholen.
Lang ist der spanische Film nicht, nur etwa anderthalb Stunden. Und doch kommt er zwischendurch nicht so richtig voran, wiederholt sich und seine Themen zu stark. Gerade bei der Interaktion zwischen dem Fremden und den Sterblichen hätte man sich doch ein bisschen mehr gewünscht. Aber sowohl die Überzeugungsarbeit wie auch eine Fragerunde mit Gott fallen da recht dünn aus. Dafür trumpft Killing God zum Ende hin noch einmal auf, wenn die Komödie immer dunkler wird und plötzlich in anderen Genres herumwildert. Und auch das eigentliche Finale ist gelungen, zumal da noch die eine oder andere – böse – Überraschung auf das Publikum wartet. Der erhoffte Geheimtipp ist der Endzeitfilm vielleicht nicht geworden, leider. Sympathisch ist das auf einem eigenen Gedankenspiel basierende Debüt der Regisseure und Drehbuchautoren Caye Casas und Albert Pintó aber durchaus.
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