Tausende von Jahren ist es mittlerweile her, dass die Erde in Folge eines verheerenden Krieges verwüstet wurde. Ressourcen sind knapp geworden, was übrig ist, wird hart umkämpft. Doch die Menschen haben sich neue Formen des Kampfes ausgedacht: mobile Städte, die durch die Gegend fahren und sich andere Städte oder Überreste einverleiben. Eine davon ist das ehemalige London, in der Tom Natsworthy (Robert Sheehan) als Historiker arbeitet und nach alten Technologien sucht. Sein Leben ändert sich jedoch schlagartig, als eines Tages die mysteriöse Hester Shaw (Hera Hilmar) auftaucht und versucht, Thaddeus Valentine (Hugo Weaving) zu töten – einen Anführer Londons. Kurze Zeit später sind Tom und Hester in der Ödnis, wo sie versuchen müssen, irgendwie zu überleben und einige Antworten zu finden.
Es gab ja mal eine Zeit, da war Steampunk ein richtig großes Ding, jene Science-Fiction-Richtung also, die in einer auf alt gemachten Gesellschaft mit viel Zukunftstechnik spielt. Eine alternative Retro-Zukunft. Inzwischen ist von diesem einstigen Trend kaum mehr etwas zu sehen, allenfalls im Animationsbereich lebt diese Richtung fort. Allein deshalb schon durfte man ein bisschen neugierig auf Mortal Engines sein, ein immerhin 100 Millionen Dollar schwerer Versuch, dem Genre neues altes Leben einzuhauchen. Und wenn Peter Jackson mit an Bord ist – er schrieb hier das Drehbuch und produzierte –, dann ist man ja aus Prinzip schon neugierig, der wenig ruhmreichen Hobbit-Reihe zum Trotz.
Mittelerde auf Raupenketten
Teilweise erinnert das hier auch an Der Herr der Ringe – und das nicht nur, weil Hugo Weaving, der damals den Elfen-Anführer Elrond spielte, erneut in eine Führungsrolle schlüpft. Ebenso dürfte der eine oder andere im Publikum beim Endkampf ein Déjà-vu-Erlebnis haben. Nicht zuletzt geht es in dem Film zudem um ein großes Abenteuer, wenn die Protagonisten durch das ganze Land reisen, um eine große Katastrophe zu verhindern. Der Unterschied: Wie der Untertitel von Mortal Engines: Krieg der Städte bereits verrät, spielen die Städte dabei eine wichtige Rolle.
Die Städte sind dann auch so etwas wie die heimlichen Stars des Films. Mit einer besonders rasanten Sequenz geht es los, wenn das inzwischen ausgesprochen agile London Jagd auf eine kleinere Stadt macht, um diese sich einzuverleiben. Denn so sehen die Städte dann auch aus. Nicht nur, dass sie auf riesigen Raupenketten unterwegs sind, was sie wie eine Mischung aus einer Festung und einem Panzer wirken lässt. Sie sind auch sonst wild zusammengewürfelt, kombinieren reale Wahrzeichen mit fantastischen Elementen, was nicht sonderlich viel Sinn ergibt, dabei aber toll aussieht. Ohnehin wurde das Geld hier recht gewinnbringend angelegt – zumindest aus Sicht des Publikums. Die Ausstattung ist fabelhaft, wo auch immer wir uns gerade aufhalten oder fortbewegen, die Leinwand quillt über vor Details, zwischen spannend und kurios, zwischen altertümlich und futuristisch.
Nichts zu sehen hinter den Kulissen
Während das Szenario und Welt interessant sind, zudem gut umgesetzt, enttäuscht die Adaption von Philip Reeves Romanreihe inhaltlich. So sind die Figuren nicht annähernd so spannend wie die Umgebung, in der sie unterwegs sind. Und die Geschichte um zwei junge Menschen, die anfangs völlig im Widerspruch sind, sich später aber ineinander verlieben und gemeinsam die Welt retten müssen, die ist nun wirklich Verschwendung. Dann und wann finden sich zwar Elemente, die es wert gewesen wären, noch etwas mehr zu vertiefen, etwa der Aufbau der Gesellschaft. Dafür hat es der alte Jackson-Mitstreiter Christian Rivers, der hier sein Regiedebüt abgibt, aber zu eilig. Schließlich müssen da noch ein paar große Schlachten geschlagen werden, alles was nicht relevant für die Action ist, wird rausgestrichen.
Wenn diese Action dann wenigstens spektakulär wäre, man würde das dem Film vielleicht verzeihen. Aber abgesehen von dem besagten geglückten Auftakt ist da gar nicht so wahnsinnig viel zu sehen. Gerade das große Finale ist nicht wirklich eins, ist irgendwie viel zu schnell vorbei, hat nicht einmal etwas dabei vorzuzeigen. Und ohnehin nimmt die anfängliche Begeisterung bei Mortal Engines: Krieg der Städte nach und nach ab: Auch wenn Hera Hilmar (Der Eid) und Robert Sheehan (Bad Samaritan – Im Visier des Killers) sich sichtlich Mühe geben, mitreißend ist das Schicksal ihrer beiden Figuren sicher nicht. Von dem Rest ganz zu schweigen, der nur Funktion statt Charakterisierung im Reisegepäck hat. Manchmal nicht einmal das: Bei einigen darf man sich schon fragen, ob sie das Opfer von Kürzungen sind und im Roman vielleicht auch etwas beizutragen hatten. Im Film tun sie das nicht oder so wenig, dass man sie auch leicht ganz hätte streichen können. Sollte der von vielen prognostizierte Flop doch nicht eintreten und es zu weiteren Teilen kommen – die Vorlage gibt das zumindest her –, dann bleibt zu hoffen, dass nach dem gelungenen World Building beim nächsten Mal die Zeit auch für eine Geschichte reicht.
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