Eigentlich wollten es Pete (Mark Wahlberg) und Ellie (Rose Byrne) ja ganz langsam angehen lassen. Erst einmal das Haus kaufen, danach stand das Thema Familienplanung auf dem Programm. Aber irgendwie kam das doch alles anders. Als sie bei einer Adoptionsagentur vorbeischauen, beschließen sie schnell, die 15-jährige Lizzy (Isabela Moner) bei sich aufzunehmen, nur um dann zu erfahren, dass sie noch die jüngeren Geschwister Juan (Gustavo Quiroz) und Lita (Julianna Gamiz) mitbringt. Plötzlich zu fünft müssen die beiden feststellen, dass sie sich das mit dem Elternsein alles viel einfacher vorgestellt haben, zumal sich eine ganze Menge Leute bei ihnen einmischt und meint mitreden zu müssen.
Dass das mit der Familiengründung ein ganz eigenes Thema ist, das weiß Sean Anders nur zu gut. Nicht nur, dass der Regisseur und Drehbuchautor in vorherigen Filmen wie Daddy’s Home schon die komischen Seiten einer Familienzusammenführung ausgelotet hat. Als Vater von drei Adoptivkindern kann er ein Lied davon singen, wie schwierig es ist, fremden Menschen ein Zuhause zu geben. Und eben diese Erfahrungen steckte er in Plötzlich Familie, das seinen vorangegangenen Filmen durchaus ähnelt, dabei aber auch überraschend ernst sein kann.
Man darf über alles Witze machen
Der Humor ist dabei natürlich weniger realitätsgebunden. Da darf ständig irgendwo etwas schief gehen, Leuten passieren klassische Slapstick-Missgeschicke. Manche der Figuren, denen das Paar auf dem Weg zum Familienglück begegnet, gehen kaum als solche durch, sind zu eindeutig darauf ausgelegt, Lacher zu erzeugen, anstatt etwas zu sagen. Das gelingt Anders jedoch ziemlich gut, der komödienerfahrene Filmemacher hat eine unterhaltsame Mischung aus mal harmlos-albernen, dann wieder bissig-gemeinen Witzen ausgegraben und zu einem gemeinsamen Film zusammengetragen.
Nur dass Plötzlich Familie eben keine reine Komödie sein soll, sondern etwas höhere Ambitionen mit sich herumträgt. Der Film ist einerseits eine Liebeserklärung an das Familiendasein, das hier deutlich über eine reine Blutverwandtschaft hinausgeht, vergleichbar zu den Werken von Hirokazu Koreeda (Shoplifters – Familienbande). Gleichzeitig will Anders aber seine eigenen Erfahrungen teilen, die von schwierig bis zu tragisch reichen. Das Ergebnis ist ein Werk, das positiv ausgedrückt so vielfältig wie das Leben ist. Kritischere Zuschauer werden hingegen bemängeln, dass hier einfach eine klare Linie fehlt, irgendwie alles einmal dran kommen sollte.
Wechselbad der Gefühle
So geben sich unvorhergesehene Ereignisse und ein 08/15-Feel-Good-Ende die Hand, ebenso die angesprochenen verschiedenen Formen des Humors. Und selbst das Emotionale will sich nicht ganz fassen lassen. Manche Szenen sind schon recht rührselig, der eine oder andere wird sich hier schon im Reich des Kitsches wähnen. Andere gehen dagegen wirklich zu Herzen, wenn von Missbrauch die Rede ist, von der besonderen Beziehung von Geschwistern, die nicht als sich selbst haben, von den tiefen Ängsten auch, wieder allein zu sein. Von vorne anfangen zu müssen. Abgeschoben zu werden.
Wie gut oder schlecht Plötzlich Familie dieser Balanceakt gelingt, darüber kann man geteilter Ansicht sein. Der Versuch, als Tragikomödie möglichst viele Zuschauer hier einfangen zu wollen, führt dazu, dass einiges hier nicht wirklich ausgearbeitet wurde, Realismus und Fantasie eine nicht sonderlich harmonische Zweckehe eingehen. Zumindest in der Form von Lizzy ist dieses Wechselbad der Gefühle aber geglückt: Isabela Moner (Sicario 2) verkörpert die ganze Bandbreite widersprüchlicher Gefühle einer 15-Jährigen, die zwischen allen Welten unterwegs ist, zwischen Kindsein und Erwachsenenalter, zwischen Zuhause und Heimatlosigkeit. Und auch sonst trägt das Ensemble dazu bei, dass man dem Film sehr vieles durchgehen lässt, wenn wir mit den Figuren durch dick und dünn gehen, eine Traurigkeit und innere Leere kleinen Momenten des Glücks den Weg öffnet und wir wieder daran glauben sollen, dass am Ende alles gut gehen kann.
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