Bislang hatten die Kaninchen eigentlich ganz gut in ihrem Bau in der englischen Landschaft von Sandleford gelebt. Doch damit wird es bald vorbei sein, wenn es nach Fiver geht: In seinen Visionen sieht er ein furchtbares Ende für sich und die anderen. Ein Versuch, zusammen mit seinem Bruder Hazel den Anführer zu einer Evakuation zu überreden, scheitert schnell. Und so beschließen die beiden, zusammen mit einigen wenigen anderen heimlich den Bau zu verlassen und sich eine neue Bleibe zu suchen. Aber auch das ist mit vielen Abenteuern und schmerzhaften Erfahrungen verbunden, denn jeder Tag bringt neue Gefahren für die Kaninchen mit sich.
Animationsfilme sind Kinderkram? Bis heute hält sich dieses Vorurteil, befeuert durch die großen Produktionen der US-Studios. Dabei hat es im Laufe der Zeit genügend Beispiele gegeben, dass auch dieser Bereich sehr düstere Geschichten erzählen kann. Zwei der beliebtesten dieser Gegenbeispiele sind Adaptionen des britischen Autors Richard Adams, von denen bis heute gesagt wird, sie hätten zahllose Kinder traumatisiert. Die Hunde sind los erzählte die Geschichte zweier Hunde, die aus einem Labor entkommen. Unten am Fluss, auch unter dem englischen Titel Watership Down bekannt, nahm uns mit auf eine gefährliche Reise von Kaninchen, auf der überall der Tod wartete.
Das sieht anders aus …
Vierzig Jahre nach dieser Filmfassung und rund zwanzig Jahre nach der Serienversion folgt nun die bereits dritte Adaption, dieses Mal als Coproduktion von BBC und Netflix. Das sind natürlich zwei überaus gewichtige Partner, die viel Erfahrung bei der Verfilmung klassischer Stoffe bzw. jede Menge Geld mitbringen. Von Letzterem ist hier aber erst einmal nichts zu sehen. Im Gegenteil, das Entsetzen war groß, als die ersten Bilder von Unten am Fluss gezeigt wurden. Dass Version Nummer drei auf klassischen Zeichentrick verzichten würde und stattdessen die heutzutage beliebtere Computer-Optik verfolgt, darauf werden die meisten vorbereitet gewesen sein. Nicht aber, wie bescheiden diese sein würde.
Nun kann man natürlich bei einer Fernsehserie nicht dieselben Wunderwerke wie von Disney oder Pixar erwarten, Budgets von 150 bis 200 Millionen Dollar sind hier einfach nicht drin. Und doch ist es sehr enttäuschend, mit wie wenig man sich hier zufriedengab. Dabei sind es nicht nur die mangelnden Details und holprigen Animationen, die Unten am Fluss zu schaffen machen. Die Serie ist vor allem völlig ausdruckslos. Nach einem stimmigen Einstieg, der sich an alten Puppenstücken orientiert, gibt es Grafiken, die aus einem einige Jahre alten Computerspiel stammen könnten. Die surreal-alptraumhafte Ausdruckskraft der Zeichentrickfassung ist verschwunden, durch die naturalistisch gehaltenen Figuren ging fiel von der Persönlichkeit verloren. Das ist nicht nur langweilig anzuschauen, sondern führt auch dazu, dass viele der Kaninchen kaum voneinander zu unterscheiden sind – was die Geschichte manchmal schwer zu verfolgen macht.
Kommt bitte auf den Punkt
Vor allem in der zweiten Hälfte der insgesamt vier Folgen langen Miniserie kommt es zu regelmäßigen Längen. Der Kampf der kleinen Kaninchenschar gegen einen faschistischen Bau besteht aus vielen Einzelszenen, in denen die Helden gegen den übermächtigen Feind antreten. Einzelszenen, die aber irgendwie zu nichts führen, da schaffte es die Filmversion doch kompakter diesen Abschnitt zusammenzufassen. Die Geschichte an sich ist aber nahezu identisch, spart auch die finsteren Passagen nicht aus – selbst wenn die weniger explizit hier ausfallen. Noch immer kombiniert Unten am Fluss daher Survivalelemente mit Gesellschaftskritik, prangert unter anderem den menschlichen Raubbau an der Natur wie auch faschistische Systeme an.
Sehenswert ist daher auch diese Fassung, hat sie doch deutlich mehr zu sagen und erzählen als viele High-Budget-08/15-Animationsfilme, die im Kino laufen. Und wer der englischen Sprache mächtig ist, der bekommt außerdem jede Menge zu hören: James McAvoy, Nicholas Hoult, John Boyega, Ben Kingsley, Gemma Arterton und Olivia Colman sind nur einige Beispiele des geradezu absurd prominenten Ensembles, das den Kaninchen seine Stimme lieh und so doch noch ein bisschen Persönlichkeit mitbringt. Für die Musik gilt das leider nicht: Der Soundtrack legt sich wie ein durchgängiger Teppich über das Geschehen und schafft das wenig nachahmenswerte Kunststück, gleichzeitig langweilig und nervig zu sein und den gemischten Eindruck noch weiter zu verstärken.
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