Zuletzt war das Leben von Kirill (Nikita Volkov) eigentlich ziemlich erfreulich gewesen. Schön, das mit der Liebe klappt gerade nicht so toll. Dafür hat er aber einen guten Job als Computer-Designer, der es ihm erlaubt, eine schicke Wohnung zu bewohnen. Doch damit ist es vorbei, als er eines Tages zurückkommt und eine fremde Frau (Olga Borovskaya) darin vorfindet. Schlimmer noch, sie behauptet doch allen Ernstes schon immer hier gewohnt zu haben. Da er nicht wirklich das Gegenteil beweisen kann und auch die Wohnung irgendwie nicht so ist, wie er sie zurückgelassen hat, steht er bald allein da. Nicht einmal seine Kollegen und sein eigener Vater können sich an ihn erinnern. Dafür gibt es einen guten Grund, wie er herausfindet, ist er doch auserwählt, als Zöllner die Übergänge zwischen den Parallelwelten zu überwachen.
Das russische Kino genießt hierzulande ja eher ein Nischendasein. Es gibt zwar immer wieder Streifen, die hierzulande gezeigt werden. Mal abgesehen von den Kritikerlieblingen von Andrey Zvyagintsev (Loveless, Leviathan) wird aber kaum einem eine größere Aufmerksamkeit zuteil, zu eng gefasst ist das Zielpublikum. Mit Weltengänger gibt es jetzt aber einen Film, der zumindest die Ambition verfolgt, in Deutschland auch andere Zuschauer als Exil-Russen zu finden. Und warum auch nicht? Schließlich basiert der Film auf einem Roman von Sergei Lukyanenko, der zuvor auch die Vorlage für das durchaus beliebte Wächter der Nacht geliefert hatte
Fragen über Fragen
Zumindest anfangs scheint Weltengänger auch tatsächlich das Potenzial, für einen gepflegten Fantasy-Abend der etwas anderen Sorte zu haben. Wenn Kirill zu Beginn aus seiner Wohnung, anschließend aus seinem Leben geworfen wird, dann sind nicht nur bei ihm die Fragen groß und zahlreich. Auch als Zuschauer ist man gespannt, was genau denn hinter allem steckt. Hinzu kommt, dass Olga Borovskaya ihre Figur mit der notwendig geheimnisvollen Aura umgibt und damit auf den ersten Blick klar macht: Da wird noch eine ganze Menge geschehen.
Das stimmt dann auch. Nur bedeutet eine ganze Menge nicht automatisch, dass etwas auch gut ist. Vielmehr leidet Weltengänger sehr stark darunter, dass hier viel zu viel passiert, bei dem nicht ersichtlich ist, was es ist oder wozu es dient. Nun ist Glaubwürdigkeit keine zwingende Voraussetzung für einen unterhaltsamen Film. Vor allem nicht, wenn man auf ein actiongeladenes Blockbuster-Segment schielt, was hier zweifelsfrei der Fall ist. Logiklöcher und Anschlussfehler gehören dort oft dazu. Stimmt der Rest, verzeiht man solche Mängel schnell.
Warum machen die das?
Bei Weltengänger sind diese Löcher aber oft so groß, dass darin die komplette Welt verschwindet. Das fängt schon bei Kleinigkeiten an wie dem Wasser, das hier eine große Bedeutung spielt – aus unbekannten Gründen. Da laufen Figuren herum, bei denen nicht klar ist, wer sie sind oder was sie hier sollen. Besonders ärgerlich ist aber, dass das ganze Drumherum kaum erklärt wird. Der Aufbau der Gesellschaft bleibt ein Rätsel, die Funktion der Mitglieder ebenfalls. Auch wenn der Film natürlich in vielen Parallelwelten spielt und deshalb fast zwangsläufig in Einzelteile zersplittert, es bräuchte doch einen groben Rahmen, der dieser Anhäufung von Zufallselementen Halt gibt. Oder den Mut, sich gleich ganz von einer regulären Geschichte zu verabschieden und sich vollends ins Abgefahrene zu stürzen.
So weit wollte man hier aber nicht gehen. Stattdessen gibt es bei Weltengänger mal hier etwas, mal dort etwas, ein bisschen Mystery, danach Romanze, einen Hauch Gesellschaftskritik, Abenteuer und immer wieder Action. Teilweise sieht die ganz gut aus, wenn Kirill plötzlich von nicht ganz so kindertauglichen, überdimensionierten Kinderspielzeugen verfolgt wird. An anderen Stellen wird es hingegen holprig, das Budget der russischen Produktion kann es dann eben doch nicht mit den eindeutigen Vorbildern der Traumfabrik aufnehmen. Das ist schade um einige gute Ideen und das grundsätzlich immer reizvolle Szenario von Parallelwelten – zumal die hier auch sehr unterschiedlich ausfallen. Doch in dieser Form bringt einem das relativ wenig, die vereinzelten Höhepunkte sind nicht genug, um den konfusen Rest ausgleichen zu können.
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