Sänger un Co-Creator der Serie Westside, Sean Patrick Murray, castet acht weitere Sänger und Songwriter, welche zusammen mit ihm eine Musical-ähnliche Show in kürzester Zeit auf die Beine stellen sollen. Seans großes Ziel ist die Bühne des Nachtclubs 1OAK in Los Angeles. Die neun talentierten Musiker kämpfen alle auf verschiedenste Weise mit der Musik-Industrie und mit sich selbst. Alle wollen es schaffen, in L.A. und auf der ganzen Welt.
Erste Musik-Reality-Show auf Netflix
Neun individuelle Künstler treffen aufeinander, in der Stadt der Engel, die doch so unbarmherzig sein kann. Sie kämpfen alle damit, in der neuen Umgebung klarzukommen, neben den anderen Talenten nicht unterzugehen und sich selbst zu finden. Westside ist die erste Serie auf Netflix, die teils Dokumentation, teils Reality-TV und Musical ist. Zwischen den Gesangsproben und den privaten Gesprächen untereinander werden in jeder Episode ein bis zwei fertig produzierte Musikvideos eingespielt, je nachdem um welchen Star es sich in dieser Folge gerade vorrangig handelt. So wird der Fortschritt der einzelnen Musiker verdeutlicht.
Obwohl die a capella-Darbietungen bei den Proben mit Abstand besser und interessanter sind als die schillernden Musikclips à la VIVA und MTV, werden jene leider zu kurz gezeigt und dafür die Videos in voller Länge abgespielt. Über die fertig produzierten Songs lässt sich streiten, manche sind mitreißend, bei manchen empfiehlt es sich einfach „vorzuspulen“. Einen Top Sänger live und ohne Nachbearbeitung singen zu hören, ist einfach nicht zu toppen und dem werden die Videos leider nicht gerecht.
So „unscripted“ wie behauptet?
Größtenteils mag das zutreffen. Doch manchmal kommen einem die „spontanen“ Treffen und Gespräche ziemlich gestellt vor. Darüber hinaus stellt sich die Frage, wie „real“ die Songs sind, die jeder Musiker angeblich selbst schreibt und die sein Innerstes hervorbringen sollen. Große bekannte Songwriter wie Diane Warren oder Ryan Tedder waren offizielle Co-Writer, also wieviel „Realness“ wird uns da vor die Nase gesetzt?
Wie kam Murray eigentlich auf die anderen 8 Sänger? Abgesehen davon, dass zwei seiner besten Freunde, Caitlin Ary und James Byous, mit im Boot sind, erfährt man nichts über ein etwaiges vorangegangenes Casting oder Auswahlkriterien. Jedenfalls hat jeder Musiker eine mehr oder weniger tragische Story zu erzählen. Man könnte meinen, ohne einen Schicksalsschlag könne man kein erfolgreicher Künstler werden. Von Episode zu Episode erfahren wir mehr über Alkoholismus, Drogenabhängigkeit, Gefängnisaufenthalte, Missbrauch und Abtreibungen. Die starken Persönlichkeiten prallen aneinander, es gibt Streit, Tränen und Freundschaften.
Außerordentlich gut singen können sie alle, wobei gerade der arrogante und egoistische Austin Kolbe, der von sich behauptet, mit Abstand der beste Künstler zu sein, die schwächste Stimme von allen hat. In der letzten der 10 Folgen steht das zusammengewürfelte Musical aus verletzlich emotionalem Gesang und jeder kann zeigen, was er kann. Auch diese durch-choreographierte Performance kommt nicht an die ungeschminkten Gesangsproben heran und würde ohne die Story der Serie eine stinknormale Pop-Song Performance ohne Ecken und Kanten abgeben. Durch den Reality-TV-Touch lernen wir diese Künstler immerhin oberflächlich kennen, staunen über gewaltige Stimmen und die vielen Selbstzweifel, und hoffen letztendlich, dass sie es nun endlich schaffen, in L.A. und auf der ganzen Welt.
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