Als Sidonie-Gabrielle Colette (Keira Knightley) den erfolgreichen Autor Henry Gauthier-Villars (Dominic West) heiratet, ist nichts mehr wie zuvor. Nicht nur, dass er sie in die High Society von Paris einführt, welche für die einfache Frau vom Land eine neue Welt darstellt. Er überredet sie zudem, selbst Bücher zu schreiben, die unter seinem Pseudonym Willy veröffentlicht werden. Tatsächlich sind ihre Geschichten über die vom Land kommende Claudine ein voller Erfolg, ziehen jede Menge weiterer Romane nach und bringen den so dringend benötigten Geldsegen. Privat läuft es hingegen sehr viel weniger gut, denn Colette kann sich nicht damit abfinden, lediglich als Ghostwriterin zu arbeiten, während andere den Ruhm erhalten. Zumal sowohl sie wie auch ihr Mann bald Gefühle für andere entwickeln.
Fast könnte man meinen, die Verleihe hätten sich abgesprochen. Denn es ist zumindest auffallend, dass im Laufe einer Woche gleich drei Filme in die hiesigen Kinos kommen, die ein sehr ähnliches Thema behandeln. In Mary Shelley erfahren wir die Hintergründe der Frankenstein-Autorin, die sich im 19. Jahrhundert aber nicht als solche zu erkennen geben durfte, weshalb das Buch anonym erschien. In Die Frau des Nobelpreisträgers sehen wir die fiktive Geschichte einer begabten Schriftstellerin, deren Werke ausschließlich unter dem Namen ihres Mannes veröffentlicht wurden. Und auch Sidonie-Gabrielle Colette musste seinerzeit mitansehen, wie der Ruhm ihrer Claudine-Bücher anderen vorenthalten blieb – schließlich hieß es damals, dass Frauenbücher sich nicht verkaufen, ihr Name tauchte auf dem Einband nicht auf.
Ein später Kampf ums Recht
Erst sehr viel später sollte die Autorin einen Teil des Ansehens bekommen, der ihr zustand, als die Bücher unter dem Namen der Eheleute wiederveröffentlicht wurden. Colette ist damit, zumindest auf den ersten Blick, ein Film über eine Künstlerin, die den Widrigkeiten trotzt, um am Ende als Siegerin von der Bühne zu gehen. So ganz stimmt dies aber nicht. Zum einen endet das Biopic dafür zu früh, der Kampf um die Autorencredits ist gar nicht mehr Teil der Geschichte. Und es dauert allgemein ziemlich lange, bis Colette überhaupt Widerstand zeigt und ihr Recht einfordert.
Reibungen gibt es dafür auch so einige. Vor allem das etwas spezielle Verhältnis zwischen der zunächst unterwürfigen Colette und ihrem so ausschweifenden Kindsmann wird hier immer wieder in den Mittelpunkt gerückt. Interessant ist zudem, dass Regisseur und Co-Autor Wash Westmoreland (Still Alice) dabei die diversen lesbischen Liebschaften von Colette nicht ausspart. Die werden hier jedoch nicht als anrüchig oder zumindest besonders dargestellt. In einer bemerkenswert offenen Weise darf hier jeder mit jedem ins Bett, egal welchem Geschlecht derjenige nun gerade zufällig angehört. Auch in der Hinsicht zeigte sich die Autorin als Vorreiterin.
Verspieltes Paar
Colette, das auf dem Sundance Film Festival 2018 Premiere feierte, profitiert dabei natürlich ungemein von der Besetzung. Keira Knightley (Can A Song Save Your Life?) gibt der Autorin eine Mischung aus liebreizender Anmut und bissigem Trotz mit, Dominic West (The Affair) macht Spaß als leicht schmieriger Lebemann, der so gar nicht einsehen mag, wenn etwas nicht nach seinem Willen geht. Die anderen Figuren kommen in dieser Auseinandersetzung etwas zu kurz, vor allem die einflussreiche Künstlerin Missy (Denise Gough) wird als bloße Stichwortgeberin missbraucht.
Die ganz großen Gefühle wollen bei dem Film nicht aufkommen, dafür ist Colette zu verspielt, will die Autorin auch gar nicht als tragische Figur zeigen. Trotz der zahlreichen thematisch ähnlichen Konkurrenz wäre es aber schön, wenn das Biopic seine Zuschauer fände. Denn der historische Kampf um die Gleichberechtigung einer Künstlerin ist auch mehr als 100 Jahre später immer noch aktuell. Getan hat sich seither natürlich einiges, Autorinnen sind heute keine Seltenheit mehr, auch in anderen Bereichen gab es zahlreiche Fortschritte. Aber bis es so weit ist, dass alle die Freiheit haben, die Colette seinerzeit für sich einforderte, da wird sicher noch das eine oder andere Jahr verstreichen müssen.
(Anzeige)