Electric Girl
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Electric Girl

Inhalt / Kritik

Electric Girl
„Electric Girl“ // Deutschland-Start: 11. Juli 2019 (Kino) // 13. Dezember 2019 (DVD)

Poetry Slammerin Mia (Victoria Schulz) kann ihr Glück gar nicht fassen: Ausgerechnet sie soll in einer Animeserie die Heldin synchronisieren! Ihr erster Auftritt überzeugt, sie bringt den nötigen Einsatz und Enthusiasmus mit, um so in gezeichneter Form die Welt zu retten. Etwas zu viel Enthusiasmus vielleicht. Denn es dauert nicht lange, bis sie auch im wahren Leben das Gefühl hat, über Superkräfte zu verfügen. So kann sie nun beispielsweise Elektrizität hören. Oder über Dächer springen. Nützliche Fähigkeiten, die sie gut gebrauchen kann, schließlich ist das Leben unzähliger Menschen in Gefahr. Und nur sie und Nachbar Kristof (Hans-Jochen Wagner) können das Unheil noch verhindern. Dabei merkt sie jedoch nicht, wie sehr ihr eigenes Leben ihr langsam aus der Hand gleitet.

Auch wenn wir das nicht sehr gerne hören: Die meisten von uns führen ein ziemlich langweiliges Leben, das keine wirkliche Konsequenz für die Welt da draußen hat. Gäbe es uns nicht, wäre da eben jemand anderes, der unseren Platz einnimmt. Kein Wunder also, dass wir uns alternative Möglichkeiten suchen, um Bedeutung zu erlangen. Wir spielen Videospiele, in denen wir als Helden die Welt retten, schauen entsprechende Filme, lesen vielleicht auch Comics, träumen davon, dass nur einmal alle anderen von uns abhängen. Dass es wichtig ist, dass es uns gibt.

Ich träume, also bin ich

Und so gibt es dann auch eine ganze Reihe von Filmen über eben solche Träumer, die sich zunehmend in ihren alternativen Leben verlieren. In I Kill Giants folgen wir einer Teenagerin, die mithilfe diverser kurioser Rituale und Fantasien über Leben und Tod entscheiden will, um so ihrer Ohnmacht zu entkommen. Lux – Krieger des Lichts zeigt einen jungen Mann, der nachts gegen Verbrechen ankämpft, ohne zu merken, wie sehr er von anderen ausgenutzt wird. Und auch Electric Girl handelt von einer jungen Frau, die fest davon überzeugt ist, dass sie und nur sie die Welt retten kann, bis sie dabei völlig die Bodenhaftung verliert und nun selbst zu einer Gefahr wird.

Das kann manchmal ganz lustig sein. Mia, die auch außerhalb des Studios eine Vorliebe für etwas auffällige Kleidung demonstriert, wirkt wie eine Cosplayerin, die versehentlich das Messegelände verlassen hat. Jemand, von dem man vielleicht auf der Straße Fotos machen würde, weil sie so herrlich schräg aussieht, herrlich schräge Sachen macht. Jemand, der uns über diese fünf Minuten hinaus aber tierisch auf die Nerven gehen würde mit der übersprühenden Energie und dem ständigen Weltenrettergeschwafel. Anstrengend ist die Protagonistin sicher, für das Umfeld wie auch das Publikum. So wie auch der Film eher anstrengend ist.

Das ist mir doch egal!

Was dem Drama fehlt, ist ein emotionaler Unterbau. Electric Girl, das auf dem Filmfestival Max Ophüls Preis 2019 Weltpremiere feierte, ist so sehr damit beschäftigt, das versponnene Alter Ego von Mia zu zeigen, dass der Mensch dahinter zu kurz kommt. Nur selten gewährt Regisseurin und Co-Autorin Ziska Riemann, die selbst mehrere Comicbände veröffentlicht hat, einen wirklichen Einblick in ihre Titelheldin. Die Familie taucht nur selten auf, auch Freunde scheinen bei ihr nicht wirklich großen Anteil zu haben. Mia bleibt eine Verkleidung, die zwar sehr bunt und schrill ist, mit der uns aber kaum etwas verbindet.

Nur dann und wann, wenn dann doch mal das Leben einbricht, entfaltet sich dann auch die Tragik der Geschichte. Denn so kauzig es ist, wenn jemand sich in Posen wirft und Teil des Stroms wird, so traurig ist es natürlich auch, aus der Welt zu fallen. Electric Girl kann sich jedoch nie dazu durchringen, hier mal Stellung zu beziehen oder allgemein das Thema weiterzuentwickeln. Zwar intensiviert sich der Wahn mit der Zeit, es fällt Mia zunehmend schwerer, überhaupt noch die Realität anzuerkennen. Als Zuschauer ist einem das jedoch recht egal, da das alles kaum Konsequenzen mit sich bringt, der Film aus dieser Störung nicht wirklich etwas macht. Wenn hier ein junger Mensch sein Leben für das Allgemeinwohl opfert, dann ist das nicht heldenhaft, auch nicht spannend oder bewegend, sondern erschreckend belanglos.

Credits

OT: „Electric Girl“
Land: Belgien, Deutschland
Jahr: 2018
Regie: Ziska Riemann
Drehbuch: Dagmar Gabler, Angela Christlieb, Ziska Riemann, Luci van Org
Musik: Ingo Ludwig Frenze
Kamera: Hannes Hubach
Besetzung: Victoria Schulz, Hans-Jochen Wagner

Bilder

Trailer

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In „Electric Girl“ verfällt eine junge Frau, die eine Anime-Figur synchronisiert, mit der Zeit dem Glauben, so wie ihre Heldin die Welt retten zu müssen. Das ist teilweise kurios, auch weil sich die Protagonistin knallig-bunt kleidet und mit viel Enthusiasmus durch die Gegend springt. Es bleibt jedoch ohne große Auswirkungen, nicht zuletzt weil die Titelfigur eine Fremde bleibt und einem ihr Schicksal gleichgültig ist.
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von 10