Glass
© Jessica Kourkounis/Universal Pictures

Glass

Glass
„Glass“ // Deutschland-Start: 17. Januar 2019 (Kino) // 23. Mai 2019 (DVD/Blu-ray)

Rund zwanzig Jahre seit der Entdeckung seiner Superkräfte hat David Dunn (Bruce Willis) Frieden damit geschlossen, ein besonderer Mensch zu sein. Mehr noch, gemeinsam mit seinem Sohn Joseph (Spencer Treat Clark) betreibt er eine Sicherheitsfirma und ist zudem inkognito als The Overseer unterwegs, um Verbrecher zu jagen. Als er dabei auf Kevin Wendell Crumb (James McAvoy) stößt, der noch immer 23 Persönlichkeiten in sich trägt und junge Mädchen entführt, kommt es zu einem großen Kampf. Das Ergebnis: Sie landen beide in einer psychiatrischen Anstalt, in der sie nicht nur auf die Psychiaterin Dr. Ellie Staple (Sarah Paulson) treffen, sondern auch Elijah Price (Samuel L. Jackson), der seinerzeit David von seinen Kräften erst überzeugte.

Ein rundes Dutzend Filme hat M. Night Shyamalan mittlerweile abgeliefert. Und auch wenn die Themen sehr unterschiedlich sind, von der enorm schwankenden Qualität ganz zu schweigen, für eine Gemeinsamkeit sind die Werke doch bekannt: Es gibt am Ende irgendeine Wendung. Das ist inzwischen derart obligatorisch geworden, dass die Frage nicht mehr ist, ob der umstrittene Regisseur und Drehbuchautor einen seiner Twists einbaut, sondern wann und wie er das tut. Dennoch dürften selbst die erfahrensten Fans nicht das Finale von Split vorhergesehen haben. Anstatt das Vorhergesehene wie üblich auf den Kopf zu stellen, ließ er einfach Dunn aus Unbreakable – Unzerbrechlich auftreten und schuf dadurch einen Kontext, mit dem wohl niemand mehr gerechnet hätte.

Spätes Gipfeltreffen
Dabei hatte Shyamalan 2000 durchaus schon mit dem Gedanken gespielt, die Figur des Crumb bzw. The Horde in seinem Film auftreten zu lassen, sich dann aber doch anderweitig entschieden. Aber Eile mit Weile, folgt das Gipfeltreffen der drei Superkräfte eben zwei Jahrzehnte später. Ist dank der Konkurrenz wie Avengers: Infinity War und Justice League ja nichts Ungewöhnliches mehr. Wobei Glass damit natürlich nur bedingt zu vergleichen ist. So wie Unbreakable damals eine ganz eigene Interpretation des Comic-Mythos darstellte, so hält sich auch das Finale nicht so ganz an die Konventionen – was mal gut, mal weniger gut ist.

Wem das Mystery-Drama seinerzeit zu ruhig war, der darf hier zumindest ein bisschen mehr Action bestaunen, da orientierte sich Shyamalan doch mehr an seinem Hit Split. Mit einer kräftigen Auseinandersetzung zwischen dem Overseer und The Horde geht es los, auch zum Ende hin dürfen Hände, Füße und sonstige Hilfsmittel zum Einsatz kommen. Dafür spart er sich an anderer Stelle einen erwarteten Showdown, was sicher zu den mutigsten Entscheidungen von Glass gehört. So wie man vor dem Ende allgemein irgendwo seinen Hut ziehen muss. Nur ist das eben auch ein Problem des Films: Er will gleichzeitig Hommage an Comics sein und auch deren Dekonstruktion. Und das ist ein Balanceakt, der nicht so richtig funktioniert.

Ohnehin ist Glass eine typische Drehbuchkonstruktion, bei der alles zusammengeworfen wurde, ohne Rücksicht auf Verluste. Ohne jegliches Gespür auch, was ein Film verträgt und was nicht. Auch das sind wir von Shyamalan gewohnt, der oftmals derart stark in seiner eigenen Welt unterwegs ist, dass die nötige Distanz fehlt. Das kann faszinierend sein. Manchmal langweilig. Oft auch ärgerlich. Glass ist alles davon. Figuren wie die wiederkehrenden Casey Cooke (Anya Taylor-Joy) und Elijahs Mutter (Charlayne Woodard) tauchen ständig in dem Film auf, ohne dass es einen echten Anlass dafür gibt. Vieles hier ist so erzwungen und willkürlich zusammengestückelt, dass sich selbst die Kreativen hinter dem DC Comics Filmuniversum dafür schämen würden.

Hört mir zu, ich will was sagen!
Und: Glass ist zäh. Sehr zäh sogar. Das Problem ist dabei weniger, dass der Film so ruhig ist. Das war Unbreakable ebenfalls gewesen. War die Geschichte um den unfreiwilligen Helden aber noch ein sehenswertes Charakterdrama mit wenig überzeugenden Comicanleihen, bleiben hier nur Letztere übrig. Dass Shyamalan Comics liebt, sei ihm vergönnt. Seine selbstverliebten Ausführungen haben aber nichts Interessantes über das Medium zu sagen.

Unterhaltsam ist das Trilogie-Finale immer dann, wenn James McAvoy wie schon in Split seine Wandelbarkeit unter Beweis stellt, innerhalb von Sekunden zu einem komplett unterschiedlichen Menschen wird. Ihm sind auch die wenigen emotionalen Momente vergönnt, welche der Kopfgeburt gut stehen. Und selbst Jackson und Willis zeigen nach einer Reihe von weniger ambitionierten Rollen, dass sie doch noch Lust aufs Schauspielern haben. Umso enttäuschender ist das Ergebnis, das sich so sehr bemüht, etwas ganz Wichtiges sagen zu wollen, letztendlich aber völlig überflüssig und aufgebläht ist – vor allem während der quälenden letzten 20 Minuten.



(Anzeige)

„Glass“ hätte das große Finale einer Trilogie werden sollen, von der zuvor niemand wusste, dass es eine Trilogie ist. Die vorangegangene Geschichte der Entstehung ist dabei der deutlich spannendere Aspekt. Der finale Film um drei Männer mit Superkräften, die in einer psychiatrischen Anstalt aufeinandertreffen, bemüht sich zwar sehr, etwas ganz Wichtiges zu sagen. Doch die Mischung aus Hommage an Comics und deren Dekonstruktion funktioniert hinten und vorne nicht, wechselt zwischen faszinierend, ärgerlich und langweilig. Da helfen selbst die engagierten Darsteller nur noch bedingt.
5
von 10