Noch ist Kronprinz Chan (Ji-hoon Ju) der nächste Anwärter auf den Thron. Doch das könnte sich bald ändern: Sollte die Königin (Hye-jun Kim) einen Sohn gebären, wäre es aus mit ihm, schließlich ist er nur das Produkt einer Affäre. Das Land hat bald aber ohnehin ganz andere Probleme als die bloße Thronfolge. Der König wurde seit Tagen nicht mehr gesehen, mit äußerster Gewalt versucht der Hof, Gerüchte zu seinem Tod zu unterdrücken. Gleichzeitig fällt an anderer Stelle ein Dorf einer eigenartigen Epidemie zum Opfer, die alle Menschen in blutrünstige Bestien verwandelt.
Über mangelnden Nachschub aus Südkorea können sich Netflix-Kunden eigentlich nicht beklagen. Regelmäßig werden wir mit neuen Filmen versorgt, etwa Er kennt keine Gnade, Telekinese oder Steel Rain. Auch die eine oder andere Serie findet sich bereits im Aufgebot. Insofern wäre es ein leichtes, Kingdom als nur ein weiteres Beispiel für die Fernosterweiterung des Streaminganbieters anzusehen. Und doch ist das hier mit deutlich höheren Ambitionen verbunden. Denn die Serie ist nicht nur die erste tatsächlich auch von Netflix produzierte Serie. Sie war auch sündhaft teuer, weshalb wir ausnahmsweise mal eine synchronisierte Fassung spendiert bekommen, anstatt mit Untertiteln vorlieb nehmen zu müssen. Denn hier sollen so viele wie möglich zuschauen, um die Ausgaben wieder reinzuholen.
Eine Serie wie ein Gemälde
Ob nun Synchro oder Untertitel, beides hat hier seine Vor- und Nachteile. Auf der einen Seite ist die Serie im Korea des Mittelalters angesiedelt, weshalb die Originalsprache schon einiges zur Atmosphäre beizutragen hat. Auf der anderen Seite ist es hier irgendwo auch schade, seine Zeit mit dem Lesen von Text zu verbringen, wenn man sie stattdessen für die Bilder nutzen könnte. Denn die sind fantastisch. Dass Kingdom sein Budget vorzeitig erschöpft bzw. überschritten hat, glaubt man sofort. Die Aufnahmen der Natur, die historischen Kulissen – das ist alles so opulent, dass es fast zur Nebensache wird, was genau sich vor diesen Hintergründen abspielt.
Dabei gibt es auch dort einige interessante Sachen zu entdecken. Eun-hee Kim, der den zugrundeliegenden Web-Comic wie auch das Drehbuch schrieb, kombiniert hier deftige Zombie-Action mit einem historischen Drama. Und diese Mischung hat es in sich. Nicht nur, dass es eine optisch reizvolle Alternative zu den üblichen Zombiegeschichten darstellt, die in der Gegenwart oder der nahen Zukunft spielen – wie oft kommen sonst schon Schwerter und Bögen zum Einsatz gegen Zombiehorden? Es hat auch inhaltliche Auswirkungen. So wie die Landsleute Train to Busan und Seoul Station Kommentare über die aktuelle Gesellschaft in Südkorea waren, so ist Kingdom eine Auseinandersetzung mit den Hierarchien von einst.
Der Mensch, dein größter Feind
Da wird kräftig hinter den Kulissen intrigiert, vor allem Hye-jun Kim als verschlagene Königin ist großartig. Ungehorsam den Oberen gegenüber wird gleich mit dem Tod bestraft, sowohl für die Übeltäter wie auch deren kompletten Familien. Aus Sippenhaft wird hier Sippenexekution. Und dann spielt noch der Aspekt der Ehre und der Klassentrennung hinein, wenn Adlige für ihre untoten Verstorbenen ein besseres Schicksal einfordern als den gemeinen Pöbel und damit die Situation noch komplizierter machen. Kingdom, das ist eine Serie, wo man gar nicht mehr sagen kann, was das größte Übel ist, Mensch oder Zombie.
Das ist teilweise ausgesprochen brutal. Die Spannung ist hingegen eher überschaubar, aus einer Reihe von Gründen. Zum einen gibt es hier immer wieder unpassende Humormomente, die für Auflockerung sorgen sollen, dabei jedoch etwas übers Ziel hinausschießen. Die Zahl der tatsächlichen Protagonisten ist so gering, dass man nie wirklich um ihr Leben fürchtet. Außerdem wurde durch einen inhaltlichen Kniff das Gefühl der konstanten Bedrohung eliminiert. Das führt dazu, dass es regelmäßig zu Pausen kommt, die beispielsweise für die Thronintrigen genutzt werden. Allgemein ist das Tempo recht gering, gerade am Anfang lässt sich Kingdom viel Zeit. Im Laufe der sechs Folgen steigert sich das jedoch deutlich, der obligatorische Cliffhanger bringt eine Wendung mit sich, die jetzt schon verspricht: Die geplante zweite Staffel wird noch mal um einiges intensiver. Aber schon der Auftakt macht Spaß, ist eine schöne Alternative zum überrannten Zombieschlachtfeld, wie wir es aus dem Gros der anderen Produktionen so kennen.
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