The Mule Clint Eastwood
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The Mule

Inhalt / Kritik

The Mule Clint Eastwood
„The Mule“ // Deutschland-Start: 31. Januar 2019 (Kino) // 20. Juni 2019 (DVD/Blu-ray)

In seinem Leben gab es für Earl Stone (Clint Eastwood) in erster Linie seine Arbeit als Garten- und Pflanzenspezialist, weshalb seine Familie schon länger nicht mehr gut auf ihn zu sprechen ist. Seine Frau Mary (Dianne Wiest) hat sich vor einer Weile von ihm scheiden lassen, Tochter Iris (Alison Eastwood) verweigert jeden Kontakt. Aber auch beruflich steht er vor einem Trümmerhaufen, sein Besitz wurde sogar gepfändet. Da bietet sich ihm die Möglichkeit, etwas Geld dazuzuverdienen: als Drogenkurier. Denn wer würde schon einen 90-Jährigen verdächtigen? Während er dabei tatsächlich erfolgreich ist und immer größere Fuhren unternimmt, sind ihm die Agenten Colin Bates (Bradley Cooper) und Trevino (Michael Peña) bereits auf den Fersen und brauchen selbst dringend einen Erfolg.

Man soll niemals nie sagen. Auch wenn es schon mehrfach hieß, dass die Leinwandlegende Clint Eastwood sich aus dem Schauspielgeschäft zurückziehen und sich nur noch auf die Regie konzentrieren würde, so dann und wann packt es ihn dann doch noch. So auch jetzt bei The Mule, das diesmal ganz bestimmt sein letzter Film als Darsteller sein soll. Aber es ist nur zu verständlich, warum der Veteran hier noch einmal schwach geworden ist und sich mit 88 Jahren vor die Kamera stellte. Denn die Geschichte eines 90-Jährigen, der noch einmal Drogenkurier wird, war einfach zu gut, um sie sich durch die Lappen gehen zu lassen.

Eine Geschichte, so verrückt wie das Leben

Dabei stammte der Einfall von keinem Drehbuchautor, sondern basiert auf Leo Sharp, der tatsächlich im Auftrag eines mexikanischen Kartells Blumenzwiebeln gegen Kokain eintauschte. Nick Schenk (Gran Torino), der die Geschichte für den Film adaptierte, nahm sich dabei jedoch ziemlich viele Freiheiten heraus. Während Sharp seinerzeit über zehn Jahre die US-Drogenbehörde DEA zum Narren hielt, wurde der Zeitraum bei The Mule auf wenige Wochen und Monate zusammengestaucht. Vor allem aber verband er das Krimiabenteuer mit einem Familiendrama, das seinerseits keine Gefangenen macht.

Das Ergebnis ist äußerst gemischt, teilweise auch sehr fragwürdig. Ähnlich zu Barry Seal – Only in America wird das gesamte Drogengeschäft hier ziemlich verharmlost. Nicht nur, dass aus den Kurieren nette Helden gemacht werden, bei denen es irgendwie so gar keine Rolle spielt, dass sie schwere Verbrechen begehen. Man nimmt auch die Bösewichter selbst nicht so wirklich ernst. Die tragen zwar durchaus schweres Geschütz, schmücken sich mit Tätowierungen und finsteren Gesichtsausdrücken. Bedrohlich wirken sie aber kaum. Dafür liegt der Fokus viel zu sehr auf der Absurdität des Szenarios. Eastwood, der den Film auch inszenierte, legt die Machenschaften als lockeren Nervenkitzel an, mit so vielen humorvollen Szenen und kauzigen Figuren, als hätte er lieber eine Komödie gedreht.

Darf es noch ein Kilo Zucker sein?

Während man darüber noch hinwegsehen könnte, ist der Part des Familiendramas schwer zu schlucken. Als wäre es nicht schon schlimm genug, dass ein derart außergewöhnliches Szenario an einen klischeeüberladenen 08/15-Plot verschwendet wird, ist er noch nicht einmal überzeugend umgesetzt. Eine kurze Szene muss hier genügen, um die Verhältnisse untereinander zu etablieren. Und auch später hat es Eastwood sehr sehr eilig, löst sämtliche Konflikte im Handstreich auf. Noch dazu wird er auf seine alten Tage offensichtlich rührselig, überzuckert die langweilige Geschichte mit so viel Kitschstreuseln, dass sich im letzten Drittel zunehmend Übelkeit einstellt.

Das ist schon mehr als schade, die Vorlage hätte da mehr Kreativität, Substanz und Subtilität verdient anstatt so eine halbgare Mischung aus Krimikomödie und Seifenoper. Und doch, über längere Strecken ist The Mule nicht ohne Charme. Während die prominente Besetzung aus den jeweiligen Rollen nicht viel herausholt, ist Eastwood noch immer eine beeindruckende Leinwandpräsenz. Einer, dem man selbst dann noch gern zuschaut, wenn er nur durch die Gegend fährt, sich regelmäßig fettiges Essen reinzieht, sich politisch wenig korrekt zeigt und an moderner Technik wie Handys scheitert. Aus dem Grund wäre es gleich doppelt schade, wenn der Film wirklich sein letzter als Schauspieler gewesen sein wollte. Nicht nur, dass man ihn gern noch weiterhin sehen würde, sein Talent wurde hier zudem irgendwie verschwendet.

Credits

OT: „The Mule“
Land: USA
Jahr: 2018
Regie: Clint Eastwood
Drehbuch: Nick Schenk
Musik: Arturo Sandoval
Kamera: Yves Bélanger
Besetzung: Clint Eastwood, Bradley Cooper, Laurence Fishburne, Michael Peña, Dianne Wiest, Alison Eastwood, Ignacio Serricchio, Taissa Farmiga

Bilder

Trailer

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In „The Mule“ zeigt Clint Eastwood noch einmal seine schauspielerische Klasse, wenn er als 90-jähriger Drogenkurier Karriere macht. Das ist zeitweise sehr unterhaltsam, auch wenn die Verharmlosung des Drogengeschäfts etwas irritiert. Schlimmer noch ist aber, dass die Verfilmung einer so ungewöhnlichen und wahren Geschichte durch ein überzuckertes 08/15-Familiendrama unnötig verdorben wurde.
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von 10