Es ist kein schöner Anblick, der sich Josephina (Zawe Ashton) da bietet. Ein toter Mann in ihrem Apartmentblock, darauf hätte sie gut und gern verzichten können. Andererseits stößt sie dabei auch auf die Gemälde des Verstorbenen, von denen sie als Kunstagentin auf Anhieb sagen kann: Damit lässt sich Geld verdienen. Das sehen auch die anderen Menschen in ihrem Umfeld so, beispielsweise der Kunstkritiker Morf (Jake Gyllenhaal) und die Galerie-Besitzerin Rhodora (Rene Russo). Und tatsächlich prügeln sich die Leute schon bald um die ebenso seltsamen wie unheimlichen Bilder. Bis einige eigenartige Dinge passieren, immer mehr Menschen plötzlich verschwinden oder eines grausamen Todes sterben.
Ein bisschen Verwirrung hat noch niemandem geschadet. Dieser Ansicht scheint zumindest Dan Gilroy gewesen zu sein, als er seinen letzten Film drehte. Denn verwirrend geht Die Kunst des toten Mannes los. Der Regisseur und Drehbuchautor nimmt uns hier mit zu einer neuen Kunstausstellung, minutenlang folgen wir Menschen, die durch die Galerie laufen. Menschen, die irgendwie mit Kunst zusammenhängen, von denen wir letztendlich aber nur wissen, dass sie von bekannten Schauspielern verkörpert wurden. Tatsächlich wirkt der Film zunächst noch so, als wäre er nur eine Ausrede, um möglichst viele Promis in einer möglichst kurzen Zeit zu zeigen.
Künstlicher Jahrmarkt der Eitelkeiten
Etwas höhere Ambitionen verfolgt Gilroy dann aber doch. So wie der US-Amerikaner vor einigen Jahren in Nightcrawler eine gierige Medienlandschaft satirisch auseinandernahm, so nimmt er hier eben den Kunstbetrieb ins Visier. Dafür tut er sich auch wie bei seinem bekanntesten Film mit seiner Frau Rene Russo und Jake Gyllenhaal zusammen, die damals schon die Hauptrollen spielten. Zum A-Cast gesellen sich diesmal unter anderem Toni Collette (Hereditary – Das Vermächtnis) und John Malkovich (Bird Box – Schließe deine Augen) dazu. Das erstklassige Ensemble ist dann auch der Hauptgrund, sich Die Kunst des toten Mannes anzusehen, versucht es doch mit viel Spielfreude und Mut zur Lächerlichkeit die als Karikaturen angelegten Figuren zum Leben zu erwecken.
Sonderlich interessant sind sie dennoch nicht, das Grell-Überzeichnete täuscht nicht darüber hinweg, dass hier kaum jemand etwas zu sagen hat. Wo beispielsweise The Square noch versuchte, das Menschliche hinter der selbstverliebten Fassade zu finden, da gibt es hier nur die Fassade. Gibt es nur Schlagwörter, die selten über das hinausgehen, was jeder über den Kunstbetrieb sagen würde oder könnte: eitel, gierig, abgehoben. Nur selten fällt Gilroy mehr dazu sein, will aus seinen Protagonisten mehr machen, setzt sich tatsächlich mit Kunst und Kunstverständnis auseinander.
Zwischen zwei Genres gefangen
Das liegt auch daran, dass der Film eben etwas anderes sein will. Die Kunst des toten Mannes, das auf dem Sundance Film Festival 2019 Weltpremiere feierte, mischt Kunst-Satire mit Horror. Es braucht eine Weile, bis dieser Handlungsstrang an Fahrt aufnimmt und diese seltsamen, finsteren Bilder des toten Mannes, die in einem so starken Kontrast zu der sterilen sonstigen Kunst steht, ein Eigenleben entwickeln. Und dafür andere Leben auslöschen. Diese Szenen sind manchmal schwarzhumorig, erinnern an die obskuren Tode in Final Destination. Andere sind dafür richtig clever und schaffen es tatsächlich, das Kunstmotiv wirklich einzubauen.
Insgesamt tut sich Gilroy jedoch schwer damit, die beiden Seiten des Films zusammenzubringen. Der Horror-Teil ist in erster Linie ein Guilty Pleasure, wenn nach und nach lauter unsympathische Leute für ihre Gier bestraft werden. Die Kunst des toten Mannes ist weder so spannend, wie er sein könnte, nicht so lustig, auch nicht so bissig. Aber: Der Film hat seine Momente, immer wieder. Und die Ideen hinter der mörderischen Kunst-Satire sind gut. Dass am Ende trotzdem ein „nur“ unterhaltsamer Film herausspringt, ist zwar enttäuschend, wer aber nicht die ganz große Kunst erwartet, der kann hier zumindest seinen Spaß haben.
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