Escape Room
© Sony Pictures

Escape Room

Escape Room
„Escape Room“ // Deutschland-Start: 28. Februar 2019 (Kino)

Sicher, die Aussicht, der erste zu sein, der sämtliche Rätsel löst, die ist schon verführerisch. Doch die weitaus größere Motivation an dem Spiel teilzunehmen, ist die: Der Gewinner erhält 10.000 Dollar. Das einzige, was Amanda (Deborah Ann Woll), Mike (Tyler Labine), Ben (Logan Miller), Jason (Jay Ellis), Danny (Nik Dodani) und Zoey (Taylor Russell) dafür tun müssen, ist aus dem Zimmer herauszufinden, indem sie Hinweise entdecken und Aufgaben lösen. Wie schwer kann das schon sein? Sie ahnen dabei jedoch nicht, dass der Einsatz deutlich höher ausfällt. Denn in diesem Escape Room wird nicht nur um Ruhm und Geld gespielt, sondern um das eigene Leben, während sie von einer tödlichen Falle zur nächsten stolpern.

Ein bisschen unglücklich war das Timing ja schon. Als Escape Room Anfang des Jahres in die US-Kinos kam, waren gerade fünf Jugendliche in einem solchen in Polen ums Leben gekommen. Mehr noch, sie waren verbrannt, was auf gespenstische Weise der Überschrift in einer Zeitung des Films entspricht. Aber auch unabhängig von dieser tragischen Dopplung dürfte sich so manch einer gefragt haben: warum jetzt? Schließlich sind die Zimmer, aus denen sich eine Gruppe von Menschen dank ihrer Rätselkraft befreien müssen, seit dem ersten Erscheinen vor über zehn Jahren in Japan zu einem Massenhobby geworden. Die Chance, Teil eines Trends zu werden, wurde hier also um ein paar Jährchen verpasst.

Ein bisschen Qual muss sein
Zumal der Thriller auch sonst recht vertraut ist und natürlich diverse Vergleiche nach sich zieht. Der offensichtlichste ist der mit Cube, der schon 1997 nebeneinanderliegende Räume mit tödlichen Rätseln vollstopfte, welche eine wild zusammengewürfelte Truppe lösen musste. Aber auch die Endlosreihe Saw dürfte im Kopf von Bragi F. Schut herumgespukt haben, der sich die Geschichte ausdachte und das Drehbuch mitschrieb. Denn einiges, was hier geschieht, hat mit üblicher Rätselstellung nichts mehr zu tun, sondern ist vielmehr Ausdruck reiner Perfidie. Die Protagonisten sollen nicht nur gefordert, sondern dabei gleichzeitig auch noch ein wenig gequält werden.

Das geht natürlich nicht unbedingt gut aus, zumindest für die eingesperrten Opfer. Ähnliche Gewaltexzesse wie bei den Filmen oben brauchen die Zuschauer und Zuschauerinnen aber nicht zu befürchten bzw. erhoffen. Escape Room ist zwar weit von einem Familienfilm entfernt, schielt aber durchaus auf ein größeres Publikum. Entsprechend harmlos fallen die Todesszenen aus. Spannung entsteht bei dem Thriller in erster Linie dadurch, dass man nicht weiß, wer hinter allem steckt und wer heil aus der Geschichte wieder herauskommt. Oder auch, wem man das überhaupt wünschen sollte.

Tödliche Räume zum Verlieben
Wobei der größte Faktor, weshalb man hier trotz der nicht unbedingt abwechslungsreichen Handlung dranbleiben will, am Ende die Räume selbst sind. Allzu viele sind es nicht, um den spielfilmüblichen 90-Minuten-Rahmen nicht zu sprengen. Doch das, was da ist, das überzeugt. Jeder einzelne von ihnen ist detailverliebt ausgestattet, unterscheidet sich komplett voneinander. Manche sind sogar ausgesprochen kreativ in Szene gesetzt, reichen von lauschig bis bizarr. Das ist natürlich völlig over the top, macht aber doch eben Spaß. Bei einigen ist es daher sehr schade, dass wir nicht mehr Zeit in ihnen verbringen dürfen.

Ebenfalls schade: Das Rätsellösen, also das eigentliche Herzstück dieses Freizeitvergnügens, kommt hier recht kurz. Zwar sind die sechs durchweg damit beschäftigt, nach Hinweisen und Lösungen zu suchen. Die Zahl der Rätsel ist aber sehr gering, deren Auflösung kaum erwähnenswert. Die Antworten sind teils willkürlich, der Weg dorthin überhastet – um das übliche Horrorpublikum nicht zu langweilen, wurde zugunsten eines höheren Tempos auf Glaubwürdigkeit und Tiefe verzichtet. Bei den Figuren gilt dasselbe, die Heldengruppe setzt sich aus Stereotypen zusammen, die so wenig bemerkenswert sind, dass einem ihr Schicksal recht egal ist. An der Stelle ist Escape Room typische Genrewegwerfware. Dennoch, aufgrund der prima gestalteten Räume macht der Film ausreichend Laune, sollte bei der bereits angedeuteten Fortsetzung der eigentliche Inhalt auf ein ähnlich hohes Niveau wie das der Verpackung verbessert werden, könnte das der Beginn einer vielversprechenden Reihe sein.



(Anzeige)

„Escape Room“ kommt zu spät, um noch vom ganz großen Hype profitieren zu können. Zudem wurde nicht wirklich viel Arbeit in die Rätsel oder die Figuren investiert. Dass der Thriller dennoch Laune macht, verdankt er den prima umgesetzten Räumen, die sehr unterschiedlich ausfallen, teils ausgesprochen gemein sind und Lust auf weitere Teile wecken.
6
von 10