Drogen? Nein, die hat sein Sohn nie genommen. Und doch muss sich Nels Coxman (Liam Neeson), der als Schneepflugfahrer in einem Skigebiet in Colorado arbeitet, damit abfinden, dass sein Sohn an einer Überdosis gestorben ist. Jedoch nicht freiwillig, wie er später erfährt. Vielmehr steckt der skrupellose Drogenboss Viking (Tom Bateman) dahinter. Für Nels steht fest, dass er das nicht auf sich beruhen lassen kann, er will jeden einzelnen dafür zur Rechenschaft ziehen, dass sein Sohn nicht mehr da ist. Darin ist er auch überaus erfolgreich: Als nach und nach immer mehr Leute aus seinem Syndikat verschwinden, begibt sich Viking seinerseits auf die Suche nach Antworten.
Hey, mal wieder ein US-Remake eines europäischen Films! Nein, das ist normalerweise nicht wirklich erwähnenswert, denn jenseits des großen Teiches tut man sich traditionell schwer damit, 1. neue Stoffe zu entwickeln und 2. fremdsprachige Filme an ein heimisches Publikum zu verkaufen. Da liegt es auf der Hand, sich einfach im Ausland einzudecken und dortige Werke neu zu verfilmen. Merkt dann ja eh keiner, dass es eine Kopie ist. Hard Powder sticht aber doch ein wenig aus der langen Reihe von westlichen Neuauflagen hervor, allein schon weil der Norweger Hans Petter Moland Regie führte – derselbe Regisseur wie beim zugrundeliegenden Einer nach dem anderen.
Ein bisschen Spaß muss sein
Allzu große Neuerungen braucht das Publikum, welches das Original schon kennt, daher nicht zu erwarten. Aber auch Befürchtungen, die unterhaltsame europäische Produktion in den Sand zu setzen, sind eher nicht angebracht. Schließlich weiß der Mann, wie das Ganze funktionierte. Und das ist wichtig bei einem Film, bei dem es in erster Linie auf die Zwischentöne ankam. Schließlich gibt es mehr als genug Streifen, in denen alte, grimmige Männer auf Rachefeldzug gehen. Aber Einer nach dem anderen, das war eben mehr als nur der Plot. Und das gilt, wenn auch mit Abstrichen, ebenso für die US-Fassung.
Der englische Titel lässt dies nicht vermuten, weder im Original Cold Pursuit noch in der aus unerklärlichen „deutschen“ Übersetzung Hard Powder. Beide sind absolut nichtssagend. Aber vielleicht gibt es diese auch bloß, um das Publikum aufs Glatteis zu führen. Denn auch wenn die eigentliche Handlung kaum von den üblichen Rachereißern zu unterscheiden ist, der Film tut dies mit jeder Menge schwarzer Humor. So schwarz, dass man gar nicht so genau sagen kann, ob das noch Thriller oder schon Komödie ist, ob die Geschichte um einen mordenden Schneepflugfahrer nicht vielleicht eine Parodie auf eben solche Rachefilme sein soll.
Eine (zu) naheliegende Besetzung
Das trifft beim Remake teilweise noch mehr zu als beim Original. Der Grund: Ausgerechnet Liam Neeson spielt den eiskalten Rächer, eine Rolle, die er in den letzten Jahren ohnehin schon mehrere Male angenommen hat. Dadurch fallen die Unterschiede zu herkömmlichen Action-Feldzügen noch ein wenig mehr auf. Und doch ist die Wahl des Nordiren für die Hauptrolle nicht wirklich glücklich. Wo im Original der Reiz eben auch noch darin lag, dass ein Stellan Skarsgård so völlig unvermutet brutale Seiten in sich entdeckte, da ist Neeson einfach schon zu routiniert – gerade auch fürs Publikum. Es hat einfach nicht dieselbe Wirkung, wenn der zur Waffe greift und nach und nach das Skigebiet blutrot färbt. Denn das ist es, was wir ohnehin von ihm erwarten.
Sieht man einmal von der mutlosen und kontraproduktiven Besetzung ab, bleibt aber immerhin eine kompetente Neuverfilmung, die ebenfalls jede Menge Spaß macht. Die Todesszenen schwanken nach wie vor zwischen brutal und kurios, die Figuren haben praktisch durch die Bank weg einen an der Waffel, es ist schon ein gemeines Guilty Pleasure, wie hier mit den Leuten kurzer Prozess gemacht wird. Dass Hard Powder dem Original praktisch nichts hinzuzufügen hat, von kleineren Ausführungen zum Umgang mit indigenen Völkern abgesehen – wo im Original noch Serben eine rivalisierende Bande bildeten, dürfen es jetzt Indianer sein –, ist natürlich sehr schade. Angesichts der langen Produktionszeit hätte man sicherlich noch ein bisschen mehr Arbeit in das Drehbuch stecken dürfen. Doch der Unterhaltungsfaktor stimmt, die Bilder aus dem eisigen Colorado gefallen: Wer von den „normalen“ Rache-Thrillern genug hat und die Vorlage nicht kennt, kann durchaus hier einmal vorbeischauen.
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