Schon seit seiner frühesten Kindheit gibt es für Lajos Serbán (Tamás Keresztes) nur einen Traum: Er möchte der erste Mann im Weltall sein! Doch was er auch tut, der Traum scheint sich einfach nicht erfüllen zu wollen. Mal gerät er mit dem russischen Militär aneinander, mal schießt er versehentlich seine Mutter ins All. Da erhält er eines Tages ein geradezu unglaubliches Angebot. Das Sputnikprogramm der Sowjetunion läuft auf Hochtouren und ausgerechnet Lajos ist einer der Kandidaten, der in Frage kommt! Aber das ist nur die halbe Wahrheit, denn im Geheimen verfolgen die Russen einen ganz anderen Plan.
Die Empörung war letztes Jahr groß, als Aufbruch zum Mond die symbolische Szene wegließ, wenn die USA ihre Flagge in den Mond rammten. Wie unpatriotisch, hieß es da. Dabei war die Entmystifizierung des Astronauten Neil Armstrong recht harmlos im Vergleich zu dem, was Balázs Lengyel hier gemacht hat. Denn der ungarische Regisseur und Drehbuchautor lässt bei seinem Spielfilmdebüt Lajko – Gypsy in Space wirklich keine Gelegenheit aus, um sich lustig zu machen – über seine Figuren, das russische Raumfahrtprogramm und was ihm sonst noch vor die Kamera kam.
Die Helden, die keiner kennt
Wer diese ganzen Leute sind, muss man nicht unbedingt wissen. Genauer erzählt der Film von einer sehr alternativen Version der sowjetischen Raumfahrtgeschichte. Juri Alexejewitsch Gagarin, der erste Mensch im Weltraum, taucht darin auf. Auch für Leonid Iljitsch Breschnew, der spätere Staatschef, gibt es einen Platz. Die Darstellung der beiden ist aber alles andere als schmeichelhaft, sie sind zudem nur Randfiguren. Die eigentlichen Protagonisten sind hingegen Figuren, von denen selbst Experten noch nie etwas gehört haben dürften, nicht in dieser Form zumindest. Aus gutem Grund.
Was es genau mit den Figuren auf sich hat, sollte man im Vorfeld besser nicht erfahren. Nur so viel: Wer Spaß an Verschwörungstheorien hat, der bekommt hier eine besonders absurde aufgetischt. Komisch genug, dass man darüber lachen kann. Plausibel genug, dass manch einer sie vielleicht glauben könnte. Bis Lengyel die Karten auf den Tisch legt und seine unglückseligen Weltraumhelden aufklärt, vergeht jedoch eine ganze Weile. Bis es so weit ist, nutzt der Ungare die Zeit, um Lajko und dessen Hintergrund genauer vorzustellen und schon einige kleine Seitenhiebe gegen die russische Obrigkeit zu verteilen.
Lachen über alles erlaubt
Der Humor schwankt dabei, sowohl qualitativ wie auch in seiner Art. An manchen Stellen ist Lajko – Gypsy in Space tatsächlich richtig böse, wenn das menschenverachtende System der Sowjetunion aufs Korn genommen wird. Da ist dann zwar von Genossen und Gemeinschaftlichkeit die Rede. Hinter dieser offiziellen Kulisse regieren aber Barbarei, Rassismus und Sadismus. Eigentlich macht hier jeder, was er will, so lange nur irgendwie der schöne Schein bewahrt wird. An anderen Stellen neigt der ungarische Film aber schon sehr zum Klamauk, schwächt die satirischen Elemente durch etwas altbackene Schenkelklopfer wieder ab.
Insgesamt ist der Eröffnungsfilm des Mittel Punkt Europa Filmfests 2019 aber eine durchaus unterhaltsame Geschichtsstunde, die einen etwas eigenen Blick auf die sowjetische Raumfahrt wirft. Lajko wächst einem zwar nicht unbedingt so wirklich ans Herz, dafür bleibt er zu distanziert, zu phlegmatisch und auch zu verschroben. Aber wenn Außenseiter sich mit dem mächtigen Staatsapparat anlegen, wenn auch nicht ganz geplant, dann ist das doch immer nett. Zumal Lajko – Gypsy in Space trotz seines historischen Settings hier auch ganz aktuell wirkt, wenn völlig selbstverständlich Vorurteile und Rassismus an der Tagesordnung sind und die Komödie sich für diverse Außenseiter einsetzt.
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