Für Manja (Paula Hüttisch) gibt es die Familie, versteht sich. Es gibt die Nachbarn in ihrem Hochhaus, denen es nicht immer gut geht. Es gibt den blauen Himmel. Doch es gibt da auch Louk (Lara Feith). Ihr ist die junge, verträumte Frau eines Tages begegnet, ganz zufällig. Und ist sofort fasziniert von der Rebellin, die vor nichts und niemanden Angst hat und sich vehement für die Tiere einsetzt. Also will sie Zeit mit ihr verbringen, tut das auch, lernt Freunde kennen, wird Teil der Clique, die umherzieht und sich immer neue Aktionen ausdenkt. Und ist sich dennoch nie so ganz sicher, was sie tun soll.
Manchmal dauert es ein wenig länger. Premiere feierte Luft schon 2017 auf dem Filmfest München. Und auch wenn der Film im Anschluss von einem Festival zum nächsten wanderte, sowohl bei speziellen LGBT-Ausgaben wie auch regulären zu Gast war, folgt erst fast 18 Monate später der Kinostart. Dass es so lange gedauert hat, ist verständlich, denn auch wenn die Geschichte äußerst simpel ist – zwei junge Frauen verlieben sich ineinander –, der Film selbst ist nur schwer zu fassen. Umso schöner, dass es am Ende aber doch noch geklappt hat.
Im Wald, da gibt es fast alles
Von Anfang hat umweht das Drama ein Hauch des Märchens. So als wären da draußen im Wald nicht nur Rehe und Jäger und eine sich schützend dazwischen werfende Louk. Auch Fabelwesen würden sich hier wie zu Hause fühlen, würden zwischen den Bäumen und Sträuchern und dem himmelblauen Himmel nicht weiter auffallen. Wobei Luft nicht Fantasy ist. Alles, was sich hier abspielt, könnte so aus der Realität entnommen sein. Nur dass diese eben etwas anders ist, so luftig, wie es der Titel verspricht.
Das hat nicht die betonte Körperlichkeit, die wir oft in LGBT-Dramen zu sehen bekommen, mit Blau ist eine warme Farbe passt das kaum in eine gemeinsame Schublade. Es fehlt aber auch die große Emotionalität, die viele von einer Romanze erhoffen. Es gibt hier weder die himmelhochjauchzende Freude, die eine frische Liebe mit sich bringt, noch die tiefen Abgründe, in die man während der Zeit leicht plumpsen kann. Die große Leidenschaft bringt Luft nicht mit sich, weder in die eine, noch in die andere Richtung.
Ein Film so leicht wie erste Liebe
Und doch ist es schön, was Regisseur und Co-Autor Anatol Schuster mit seinem etwas anderen Beitrag zum Dauerbrenner Liebe geschaffen hat. Es ist das Pendant zu einer Schwärmerei, zu einem Spaziergang auf einer sonnenübergossenen Wiese, in der Schmetterlinge trunken umhertorkeln. Ein Film, der es schafft, dass man sich gut fühlt, sich daran erinnert, wie das ist, wenn sich erste wonnig-warme Gefühle in einem ausbreiten. Ein Film, der dafür aber nicht auf Kitsch zurückgreifen muss. Auf große Worte. Auf große Dramatik. Dass sich hier eine Frau in eine Frau verliebt, wird erst gar nicht als etwas Besonderes thematisiert oder auch problematisiert.
Luft ist dann auch eher als Stimmung zu begreifen, weniger als ein in sich geschlossenes narratives Werk. Es gibt Figuren, es gibt Handlungen, es gibt auch Dialoge. Und doch fügen sie sich nicht so zusammen, dass daraus etwas Greifbares würde. Der Film selbst ist ebenso verträumt wie seine junge Protagonistin, auch wenn er Letztere langsam darauf vorbereitet, dass da draußen wirklich ein Leben auf sie wartet. Sie muss nur den Mut dazu haben. Die ersten Schritte hat sie getan, der Rest ist zusehen, Daumen drücken und einmal tief Luft holen.
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