Siberia
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Siberia – Tödliche Nähe

Siberia
„Siberia – Tödliche Nähe“ // Deutschland-Start: 7. Februar 2019 (DVD/Blu-ray)

So richtig viel Wert auf das Einhalten von Gesetzen legt der Diamantenhändler Lucas Hill (Keanu Reeves) ja nicht. Im Zweifelsfall hat das Geschäft dann doch Priorität. So auch, als er bis nach Russland fährt, um dem kriminellen Oligarchen Boris Volkov (Pasha D. Lychnikoff) einige besonders schöne und vor allem wertvolle Steine zu verkaufen. Was er dabei jedoch nicht ahnen konnte: Sein Partner ist verschwunden, die Ware ebenfalls. Hill hat nun keine andere Wahl, als ins eiskalte Sibirien zu reisen, um doch noch irgendwie den Deal über die Bühne zu bringen. Immerhin hat er dabei Gesellschaft in Form der hübschen Barbesitzerin Katya (Ana Ularu), der er begegnet und die Gefallen an dem schweigsamen Fremden findet.

Irgendwie hatte man ja schon fast vergessen, dass es Keanu Reeves überhaupt noch gibt. Gedreht hat der Schauspieler, der in den 1990ern mit Filmen wie Matrix und Speed zum Star geworden war, später zwar auch noch eine Menge. Nur: Sehen wollte sie niemand. Und in den meisten Fällen hat man auch nicht sonderlich viel verpasst, die besten Filme waren gehobener Durchschnitt. Die meisten nicht einmal das. Dank John Wick hat der Kanadier wieder ein kleineres Comeback geschafft, das sich eigentlich anbieten sollte für weitere Höhenflüge. Aber irgendwie will das alles nicht so klappen, die Karriere kommt einfach nicht in Schwung.

Weder nah noch tödlich
Siberia – Tödliche Nähe beispielsweise schafft es hierzulande nicht in die Kinos, obwohl ein Thriller mit Reeves nach John Wick eigentlich einen Freischein bekommen sollte. Verdient hätte er diesen jedoch kaum. Die beiden Filme sind zudem nur bedingt miteinander vergleichbar. Wo Reeves beim letzten Mal noch einen abgebrühten Killer spielte, gibt er hier „nur“ einen Kaufmann mit krimineller Energie. Wobei Energie vielleicht nicht das passendste Wort ist, denn wie so oft zeigt sich der Darsteller von einer so stoischen Seite, als wäre er mitten im Schlaf gestört worden.

Das mag in actionlastigen Filmen nicht weiter dramatisch sein, die notorische Emotionslosigkeit in Reeves’ Spiel trägt dort schließlich zum Coolnessfaktor bei. In Siberia irritiert es jedoch, da der Film gar nicht so wahnsinnig viel zu den verbrecherischen Aktivitäten zu sagen hat, sondern sich zeitweise lieber auf die Beziehung zwischen Lucas und Katya zurückzieht. Warum die beiden zusammenkommen, wird dabei nie so wirklich gesagt. Auch nicht, warum einen das als Zuschauer interessieren sollte: Die Figuren sind weder sympathisch noch spannend genug, als dass man große Motivation verspüren würde, Zeit mit ihnen zu verbringen. So wie alle Zweibeiner, die hier zu sehen sind, kaum erwähnenswert ausfallen.

Ich kann mich nicht entscheiden!
Diese Parallelhandlung bringt außerdem ein weiteres Problem mit sich: Der Film schwankt zwischen Romanze und Thriller hin und her, ohne sich für etwas entscheiden zu wollen. Als Resultat sind beide Stoffe wenig befriedigend. Der Plot um die verschwundenen Diamanten modert vor sich hin, die Affäre entwickelt nie eine wirkliche Gefühlslage. Oder wenigstens prickelnde Erotik. Die beiden tun, was sie tun, weil sie es tun können. Weil in der sibirischen Abgeschiedenheit Alternativen rar sind. Das mag für die beiden passen, für die vor dem Bildschirm sitzenden Zuschauer eher weniger. Denn die haben immer die Alternative ab- oder umzuschalten.

Es passiert letztendlich auch einfach zu wenig, das es rechtfertigen würde, immerhin rund 100 Minuten seines Lebens hierfür zu opfern. Am ehesten sind das noch die Schneeaufnahmen und der allgemein bläulich-kühle Look des Films. Aber auch das haben andere Kollegen schon besser gemacht, von der akuten Erfrierungsgefahr in Wind River bis zur majestätischen Schönheit eines Nanouk. Siberia ist im Vergleich einfach nur da, wartet auf besseres Wetter oder etwas, das die Eintönigkeit des Daseins unterbricht. Als Einschlafhilfe ist diese dezente Langeweile nicht verkehrt. Aufregend ist an diesem Thriller hingegen nichts.



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Keanu Reeves als Diamantenhändler auf brisanter Mission im russischen Hinterland? Das hätte durchaus was werden können. „Siberia“ entlockt dem Publikum jedoch eher ein kleines Nickerchen als gebannte Augenpaare. Denn dafür ist die unmotivierte Mischung aus Romanze und Thriller zu unentschieden, zu ereignislos und letztendlich zu langweilig.
4
von 10