The Crossing
© Po-Wei Lin

The Crossing

The Crossing
„The Crossing“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Täglich passiert Peipei (Huang Yao) die Grenze zwischen Hongkong und dem chinesischen Festland, ohne dass jemand großartig von ihr Notiz nehmen würde. Warum auch? Sie ist ja nur ein Schulmädchen, wie jedes andere auch. Das stimmt sogar, bis sie eines Tages Hao (Sunny Sun) kennenlernt, der nicht nur mit ihrer besten Freundin zusammen ist, sondern auch Mitglied einer Schmugglerbande. Denn die haben immer Verwendung für jemanden, der sich frei über die Grenze bewegen kann, ohne dabei aufzufallen. Peipei ist schnell dabei, als es darum geht, brandneue iPhones zu schmuggeln, hilft ihr diese Einnahmequelle doch, ihren geplanten Urlaub nach Japan zu finanzieren. Aber die Geschichte bleibt nicht ohne Risiko, vor allem, als sie und Hao sich dabei näherkommen.

Coming of Age, das bezeichnet traditionell Geschichten, in denen Menschen gerade in der Übergangsphase zwischen Kindheit und Erwachsensein stecken. Die alten Regeln gelten nicht mehr so wirklich, die neuen haben sie jedoch nicht verstanden, umringt von Wünschen, Erwartungen und jeder Menge Verwirrung suchen die Figuren nach ihrem eigenen Weg. Regisseurin und Drehbuchautorin Bai Xue nimmt nun diese schwierige innere Grenzüberschreitung und setzt sie mit einer äußeren gleich: Wenn The Crossing zwischen Hongkong und dem alten China hin und her wandert, dann veranschaulicht das, wie sehr Peipei zwei Welten bewohnt, die letztendlich nicht miteinander vereinbar sind.

Einblicke in zwei Welten
Das ist visuell sehr schön gelöst, mit sehr vielen Kontrasten zwischen den beiden Schauplätzen. Ohnehin bietet The Crossing jede Menge fürs Auge. Die ruhelos-rauen Handkameraaufnahmen wechseln sich mit majestätischen Glitzermomenten ab, Peipei wirkt dazwischen oft ebenso verloren wie in ihrem eigenen Leben. Sie will raus, etwas erleben, jemand sein … und hat doch keine wirkliche Ahnung von dem, was sie tut und worauf sie sich einlässt. Trotz der eigenen Akzente, die sie setzt, sie ist eine Getriebene von dem, was um sie herum geschieht.

Als Figur ist Peipei daher auch nicht so wahnsinnig spannend, ihre Entwicklung ist eher überschaubar. Zwar wird sie mit der Zeit selbstbewusster, auch weil sie zum neuen Protegé der Bandenchefin wird. Also werden die Aufträge riskanter, das Bewusstsein für die Gefahr schwindet. Das resultiert in einer interessanten Gruppendynamik, da ansonsten nur Männer in der Bande arbeiten. Und dass die etablierten Gangster nun von einem Schulmädchen ausgebootet werden, das schmerzt die empfindliche Männerseele. Gerade auch die Beziehung zwischen ihr und Hao wird davon beeinflusst, der gar nicht mehr so genau weiß, wie er sich verhalten soll.

Die üblichen Schmuggelpfade
Bai Xue weiß das dafür umso genauer. The Crossing, das auf dem Toronto International Film Festival 2018 Premiere feierte, bevor es zur Berlinale 2019 weiterwanderte, ist ein selbstbewusstes und stilsicheres Debüt, das durchaus einiges für die Zukunft verspricht. Viel Platz für inhaltliche Experimente lässt das Drama hingegen nicht zu. Peipeis Karriere bei den Schmugglern folgt beispielsweise den üblichen Konventionen, auch zwischenmenschlich kommt es zu keinen Überraschungen. Der Versuch zum Ende hin, die Einzelgeschichte in einen größeren Kontext zu stellen, der verpufft wirkungslos, ist so schnell vorbei, dass er ebenso leicht übersehen wird wie die vorangegangenen gesellschaftlichen Aussagen. Aber es bleibt zumindest ein solides Coming-of-Age-Werk mit ungewöhnlichen Bildern – was ja auch schon mal was ist.



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„The Crossing“ spielt im Grenzgebiet zwischen Hongkong und Festlandchina und kombiniert eine Schmuggelgeschichte mit Coming of Age. Das ist als Idee interessant und zudem sehr ansprechend bebildert, auch wenn das Drama sich inhaltlich nicht zu sehr von den Genrekonventionen wegbewegen will.
6
von 10