We Are Little Zombies
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We Are Little Zombies

We Are Little Zombies
„We Are Little Zombies“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Es sind keine besonders tollen Umstände, unter denen sich Hikari (Keita Ninomiya), Ikuko (Sena Nakajima), Shinpachi (Satoshi Mizuno) und Yuki (Mondo Okumura) kennenlernen. Denn sie alle haben gerade ihre Eltern verloren. Doch noch etwas anderes eint die vier Kinder: Sie sind alle nicht so traurig darüber, wie sie es ihrer Meinung nach sein müssten. Ohnehin sind die fest entschlossen, das Beste aus der Situation zu machen. Wozu noch weiterhin in die Schule gehen? Viel mehr Spaß macht es da, mit den anderen abzuhängen. Als das Quartett aus einer Laune heraus beschließt, eine eigene Band zu gründen, ist es jedoch vorbei mit dem geruhsamen Leben, schließlich entpuppt sich ihre Musik als echter Hit.

Vier Phasen der Trauer soll es geben, wird uns immer wieder gesagt. Alles Blödsinn, wenn es nach We Are Little Zombies geht. Phasen gibt es dort auch. Doch es sind wesentlich mehr, werden dort Stages genannt. Wie in Videospielen, die in dem Film eine große Rolle spielen. Doch mit Trauer haben die nichts zu tun, zumindest nicht nach außen hin. Denn unsere vier kleinen Protagonisten sind keine Zombies, weil sie über andere herfallen, etwas stärker müffeln und aus verfaulendem Fleisch bestehen. Sie sind Zombies, weil sie eben nicht trauern, nicht trauern können.

Ein blinkend-piepsendes Jugenddrama
Ein Film über vier Waisen, der nicht aus der emotionalen Extremsituation Profit schlagen will? Wer macht denn sowas? Antwort: Makoto Nagahisa. Der Regisseur und Drehbuchautor hatte zuvor erst einen Kurzfilm gedreht, bevor er sich in seinem Zweitwerk dann gleich an einen ausgewachsenen Spielfilm wagte. Und offenbar drängte es ihn schon länger, seine Geschichte zu erzählen. Denn zu erzählen hat er jede Menge. Vielleicht sogar etwas zu viel, denn auf Dauer ist We Are Little Zombies schon ein wenig anstrengend. Was am Inhalt liegt. Was vor allem aber auch am Drumherum liegt. Das Jugenddrama, welches auf dem Sundance Film Festival 2019 Weltpremiere feierte und anschließend im Rahmen der Berlinale 2019 nach Europa kommt, ist ein Feuerwerk aus Ideen, blinkenden Lichtern und Piepstönen.

Denn nicht nur die einzelnen Abschnitte wurden nach Videospiel-Manier benannt. Der gesamte Film sieht so aus, als wäre er eigentlich einer Konsole entsprungen. Dass Hikari ständig mit einem Handheld durch die Gegend läuft, eines der wenigen Erinnerungsstücke an seine Eltern, oder zu Hause einen ganzen Berg aus Spielegeräten hat, ist da nur Nebensache. Es ist vielmehr der Rest, der We Are Little Zombies zu einer so eigenen Seherfahrung macht. Mal sind es verfälschte Farben, die das Bild bestimmen, mal laufen die vier durch das Bild, als wären sie Charaktere aus einem Spiel. Und zum Ende verlässt der Film ohnehin jegliche realistische Darstellung, wenn aus den anfangs so simplen Treffen ein surreales Abenteuer geworden ist.

Menschen in einer entmenschlichten Welt
Was nicht heißen soll, dass der Film nichts über unsere Welt zu sagen hat. Nagahisa mag an dem Innenleben seiner Figuren nicht so wahnsinnig viel Interesse haben. Die Vorgeschichte der vier, die allesamt aus kaputten Familien kommen, ist außerdem so übertrieben, dass wohl kaum einer sie ernst nehmen könnte. Dafür exerziert er, welche Auswirkungen Medien auf unser Leben haben können, in einer besessen-entfesselten Weise aus. Videospiele als Trost und Ersatz für zwischenmenschliche Bindung, ein soziales Netzwerk, das vieles sein mag, aber nicht sozial, dazu der Hang, einzelne Phänomene zu erschaffen und im Anschluss gleich wieder wegzuwerfen – da steckt schon jede Menge drin in We Are Little Zombies.

Nachteil: So richtig klar wird eigentlich nie, was denn nun das Thema sein soll. Gerade weil Nagahisa wie ein Wirbelwind umherfegt und einfach keine Ruhe geben will, bleibt am Ende weniger als die Summe der Teile. Es vermischen sich so viele Eindrücke, ohne dass etwas davon haften bleibt, ohne dass der Film jemals ein bisschen mehr in die Tiefe geht. Zumal zwei Stunden auch einfach zu viel ist für ein derartiges stilistisches Experiment, sich zu schnell Ermüdungserscheinungen einstellen. Ein aufregendes Debüt ist We Are Little Zombies aber trotz seiner Schwächen, ein Versprechen auf weitere Werke des ungewöhnlichen Filmemachers. Bonuspunkte gibt es für die Liebhaber von Retro-Spielen, denn was hier in Details gesteckt wurde, das lässt einem das nostalgisch geprägte Herz überlaufen.



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Vier Kinder verlieren ihre Eltern, finden dafür aber einander: Was eigentlich Szenario für ein süßliches Drama sein sollte, ist bei „We Are Little Zombies“ der Auftakt für einen irren bis wirren Trip. Gerade die Videospielanspielanmutung mit visuellen Spielereien und simplen Synthie-Melodien helfen dabei, diesen Jugendfilm von der Konkurrenz abzuheben. Aber auch inhaltlich wird eine Menge geboten, zu viel sogar, wenn Sozialkritik und Sinnsuche zu einem kaum zu bewältigenden Wirbelwind heranwachsen.
7
von 10