Es war reiner Zufall, der Saleem (Adeeb Safadi) und Sarah (Sivane Kretchner) zusammengeführt hat. Sie betreibt ein Café in West-Jerusalem, er beliefert es. Aus der beruflichen Beziehung wird bald jedoch eine private, obwohl beide verheiratet sind, beginnen sie eine Affäre. Das ist auch deshalb brisant, weil er Palästinenser ist, sie Israelin – eine Verbindung, die auf beiden Seiten verpönt ist. Als eine gemeinsame Nacht in Bethlehem mit einer unangenehmen Begegnung endet, droht die Affäre aufzufliegen und schreckliche Folgen für alle Beteiligten zu haben. Umso mehr, da sie dazu gedrängt werden, den jeweils anderen zu verraten, um so die eigene Haut zu retten.
Ehebruch ist grundsätzlich ja eine nicht so schöne Angelegenheit. Eine Angelegenheit jedoch, die außerhalb der Paare erst einmal niemanden etwas angeht. Was andere Leute in ihrem Privatleben treiben, das hat den Rest nicht zu interessieren. Theoretisch. Der Fall Sarah & Saleem zeigt dabei, dass das in der Praxis ganz anders aussehen kann. Es ist hier gar nicht mal der Ehebruch an sich, der zum Problem wird. Vielmehr erzählt das Drama nur anhand des Ehebruchs, wie furchtbar kompliziert die Beziehung zwischen Palästinensern und Israelis ist, dass aus dem an und für sich völlig unspektakulären Zwischenfall eine Staatsaffäre zu werden droht.
Kleine Ursache mit großer Wirkung
Das erinnert ein wenig an Der Affront. Auch dort wurde aus einer Mücke – ein kleiner Streit – ein Elefant gemacht, um auf diese Weise die deutlich tieferen Gräben einer zerrissenen Gesellschaft aufzuzeigen. Wo der libanesische Kollege diesen Konflikt zu einem Gerichtsdrama ausweitete, da weiß man bei Der Fall Sarah & Saleem irgendwann gar nicht mehr, wo einem der Kopf steht und in welchem Genre wir uns noch befinden. Immer wieder flirtet der Film mit dem Thriller, bringt Paranoia und Verschwörungsgedanken mit ins Spiel. Und natürlich weiß hier keiner, wie das am Ende ausgehen wird.
Das mag den einen oder anderen etwas irritieren. Es ist aus unserer Sicht aber auch schwer nachzuvollziehen, weshalb hier das Private und das Politische derart stark ineinander übergehen. Ein bisschen wie Romeo und Julia, nur eben im Mittleren Osten, an Stelle von Gift treten Schusswaffen, Steine und polizeiliche Willkür. Ob das Ganze in der Form so realistisch ist, das mag dahingestellt sein. Die Figuren verhalten sich teilweise willkürlich, zumindest aus europäischer Sicht, die Vermengung von persönlichen Befindlichkeiten, traditionellem Ehrgedanken und Symbolcharakter ist schon spezielle.
Wohin soll das nur führen?
Aber sie ist eben auch fesselnd. Gerade weil das hier auf eine unerklärliche Weise eskaliert, darf man bis zum Schluss gespannt sein, worauf das hier hinausläuft. Halten die beiden zusammen? Wird einer den anderen verraten? Wie weit werden die umstehenden Gruppierungen gehen, um die Geschichte zu eigenen Gunsten zu wenden? Es dauert jedoch eine Weile, bis Der Fall Sarah & Saleem darauf eine Antwort gibt, mit mehr als zwei Stunden Laufzeit ist das Drama etwas lang. Vor allem, weil Regisseur Muayad Alayan es bei der Adaption des von seinem Bruder Rami geschriebenen Drehbuchs nicht sonderlich eilig hat.
Der Anfang ist es vor allem, der Geduld erfordert, wenn der Film erst nach und nach die Figuren in Position bringt. Kleine Details sind es, die mehr über das Leben der beiden wie auch der jeweiligen Partner verraten. In kleinen Schritten geht die Affäre voran. Erst nach dem Vorfall in Bethlehem zieht Der Fall Sarah & Saleem das Tempo an. Wirklich sympathisch sind die Figuren da nicht, allenfalls Saleems Frau sticht da etwas hervor. Das macht das Mitgefühl ein wenig schwierig, auch wenn die überzogenen Reaktionen natürlich an dem eigenen Gerechtigkeitsbedürfnis kratzen. Und doch ist das Drama ein Plädoyer für Aussöhnung, auch wenn das über ein paar finstere Umwege geht, durch die man selbst nicht unbedingt gehen möchte.
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