Es ist ein Fall, wie ihn die Polizei wohl kein zweites Mal erleben wird – oder auch erleben wollte. Eine Frau wurde auf einer Brücke gefunden, tot, in zwei Hälften geteilt. Als wäre das aber nicht scheußlich genug, stammen die beiden Hälften gar nicht von einer, sondern von zwei Frauen. Und damit das Ganze noch ein wenig komplizierter wird, findet sich die Leiche direkt auf der Grenze zwischen Dänemark und Schweden – womit dann auch die Polizei der beiden Länder zusammenarbeiten muss. Genauer fällt diese Aufgabe dem Dänen Martin Rohde (Kim Bodnia) und seiner schwedischen Kollegin Saga Norén (Sofia Helin) zu, was sich auch aufgrund der sehr unterschiedlichen Persönlichkeiten als keine leichte Aufgabe erweist. Und die nächsten Schwierigkeiten lassen nicht lange auf sich warten, denn der Täter hat noch jede Menge vor.
Als die Serie Die Brücke vor nunmehr achteinhalb Jahren ihren Anfang nahm, war der Zeitpunkt überaus günstig. Auch dank der Millennium-Trilogie waren skandinavische Krimis und Thriller der letzte Schrei, viele wollten irgendwie von diesem weltweiten Phänomen profitieren. Dabei ist die dänisch-schwedische Serie nur sehr bedingt mit dem zu vergleichen, was sonst so aus dem hohen Norden zu uns rüberschwappte. Sicher, der einleitende Mord ist grausam, seelische Abgründe finden sich später immer wieder. Und Vorbildcharakter haben die zwei Ermittler ohnehin nicht, dafür sind sie jeder auf eine eigene Weise zu verkorkst – eine Gemeinsamkeit mit den Werken der skandinavischen Kollegen.
Eine komische Kombination
Und doch sind die beiden Hauptfiguren mit ihren zahlreichen Fehlern und Mängeln eher lustig als düster, turnen zwar in Abgründen herum, merken das aber gar nicht so sehr. Oder stören sich daran. Martin ist mit seinen fünf Kindern von drei Frauen ganz offensichtlich ein Mann, der nicht wirklich Zurückhaltung pflegt. Außereheliche Bettbegegnungen sind ihm nicht ganz fremd. Saga hingegen ist so distanziert und unsozial, dass man manchmal schon einen Beleg einfordern will, dass sie überhaupt menschlich ist. Wenn so etwas zusammenkommt, dann bleiben Reibungen nicht aus, die Interaktionen zwischen den zwei so gar nicht kompatiblen Charakteren gehören zu den Höhepunkten der Serie.
Das einige Jahre später gestartete Die Toten vom Bodensee nahm diese Konstellation dankbar an, auch das grenzüberschreitende Element findet sich dort wieder. Während dort die verschiedenen Länder jedoch auch selbst als Kontrast eingebaut werden, bleibt das hier aus. Eigentlich ist es völlig egal, dass hier Dänemark und Schweden zusammenarbeiten müssen. Das Szenario ist lediglich der Anlass, um die beiden Polizisten zusammenzuführen und ein bisschen Kompetenzgerangel zu provozieren. Dass die zwei später lernen, miteinander klarzukommen, das versteht sich von selbst, Die Brücke – Transit in den Tod ist ein klassischer odd-couple-Fall.
Viele Spuren, noch mehr Fragen
Darüber hinaus ist die erste Staffel aber auch ein verflucht spannender Krimi. Schon relativ früh wird klar, dass dieser ebenso brutale wie kuriose Leichenfund Teil einer deutlich größeren Geschichte ist. Der Killer hat diese Tat nicht nur seit Jahren geplant, sondern verfolgt dabei auch eine Agenda. Teilweise erinnern seine mörderischen Denkanstöße an die moralischen Spielereien in The Dark Knight. Aber auch das ist nur ein Teil des Ganzen, während der fünf Doppelfolgen führt einen Serienschöpfer Hans Rosenfeldt Mal um Mal aufs Glatteis, legt Spuren, die ins Nichts führen, taucht an anderen Stellen unvermittelt wieder auf.
Anfangs kann das ein wenig verwirrend sein, denn diverse Nebenhandlungen werden erst mit der Zeit in die übergreifende Geschichte integriert. Da braucht es dann auch ein wenig Geduld, Actionszenen sind in Die Brücke eher eine Seltenheit, Antworten lassen lange auf sich warten. Zumal eben auch nicht nur die Tätersuche auf dem Programm steht, persönliche Probleme und Konflikte finden sich wie in vielen Krimis der Gegenwart auch hier wieder. Langweilig wird es dennoch nicht, die Serie schafft es, einen einzelnen Fall über etwa neun Stunden auszubreiten, ohne dass es dabei zu nennenswerten Längen kommt. Die Zuschauer dankten es mit kräftigen Einschaltquoten, die dänisch-schwedische Produktion erhielt nicht nur drei weitere Staffeln, sondern wurde auch im Ausland mehrfach neu adaptiert, sowohl in den USA und Europa, auch eine asiatische Fassung ist in Planung.
(Anzeige)