Vampire gibt es tatsächlich, und sie leben mitten unter uns! Dass davon nur wenige wissen, liegt an einer Vereinbarung zwischen ihnen und den Menschen, die genau regeln, wie die Blutsauger an ihr Lebenselixier gelangen. Als jedoch eines Tages Mia (Elçin Sangu) in Istanbul auftaucht und wahllos zuschlägt, geraten die Vampire mächtig unter Druck. Allen voran Dmitry (Kerem Bürsin), der Anführer der hiesigen Vampire. Aber das ist nicht der einzige Grund, weshalb das Auftauchen der jungen Untoten für ihn ein Problem darstellt. Denn Mia ist gekommen, um Dmitry zu töten und auf diese Weise wieder ein Mensch zu werden, war er es doch, der sie seinerzeit in einen Vampir verwandelt hat.
In der Türkei schätzt man offensichtlich düstere Fantasy-Geschichten mit unsterblichen Figuren. Vielleicht ist es aber auch nur Netflix, die sich gezielt auf die Suche nach solchen Titeln machen. Und so gibt es einige Wochen nach der Eigenproduktion The Protector nun weiteren Stoff aus dem vorderasiatischen Land. Nachdem beim letzten Mal der Kampf gegen unglückbringende Unsterbliche auf dem Programm stand, geht es nun eben um die guten alten Vampire, die mal sich selbst, mal den Menschen das Leben zur Hölle machen.
Alles schon mal gesehen
Das klingt erst einmal recht vielversprechend. Die Türkei ist als Schauplatz für Vampiraction schließlich ein für uns unverbrauchter Schauplatz, vereint moderne Ansprüche und jahrhundertalte Traditionen. Orientalisch ist in Die Unsterblichen aber kaum etwas. Nach dem Einstieg, der uns etwas darüber erzählt, dass Vampire ganz anders sind, als wir sie kennen, müssen wir schnell feststellen: Das ist eine fette Lüge. Vielmehr hat die Serie das Problem, dass sie praktisch gar nichts bietet, was wir nicht schon bei der Konkurrenz gesehen haben.
Besonders schlimm sind in der Hinsicht die Figuren geworden. Klischees werden dort nicht nur aufgenommen. Sie werden regelrecht zelebriert: Jeder hier hat eine so feste Funktion und Schubladenzugehörigkeit, dass man sich insgeheim fragt, warum man ihnen überhaupt noch Namen gegeben hat. Dmitry ist beispielsweise der arrogante Bösewicht. Und mehr als das wird er in den acht Folgen auch nicht werden, die zahlreichen Drehbuchautoren hielten es nicht für nötig, dem Gegenspieler so etwas wie Nuancen auf den Leib zu schreiben. Das ist zwar von dem Model Kerem Bürsin mit einer vergleichsweise überzeugenden Widerwärtigkeit verkörpert. Spannend wird er dadurch aber nicht.
Zwischen Hochglanz und Blutfontäne
Ebenso wenig die vielen anderen Figuren, die in Die Unsterblichen auftauchen. Lediglich bei Numel (Birkan Sokullu) versuchte man mehr zu machen, indem er ein bisschen zwischen den Fronten steht. Das wird jedoch in erster Linie dazu genutzt, noch etwas kitschige Pseudoromantik in den Film zu bekommen. Ohnehin drängt sich hier immer wieder der Eindruck auf, dass ein eher jugendliches Publikum angesprochen werden sollte, dass sich nicht daran stört, dass die Geschichte sehr gradlinig und völlig frei von Überraschungen ist. Wenn hier mehrere Fraktionen gegeneinander antreten, von Menschen bis zu Vampiren, hätte man sich sicher komplexe Beziehungen und Wendungen erhoffen dürfen. Stattdessen gibt es aber glattpolierte Langeweile, da gab es vor 25 Jahren bei Interview mit einem Vampir schon spannendere Konstellationen.
Das sieht immerhin recht schick aus, zumindest wenn man auf Neon-Farben steht. Denn mit denen hantiert Die Unsterblichen so konsequent, dass man meinen könnte, das hier wäre eigentlich eine Comic-Adaption. Aber auch die Farbe Rot kommt des Öfteren zum Einsatz, wenn die Serie immer mal wieder die eigene brutale Seite entdeckt – was nicht so ganz zum sonstigen Schmachtfaktor passt. Auch diese Kontraste wären eine Möglichkeit gewesen, etwas Interessantes aus der etwas abgestandenen Blutkonserve zu machen. Hat aber keiner. Anschauen kann man sich das Ganze, wenn man unbedingt irgendwie die Zeit totschlagen will, vorzugsweise mit attraktiven Menschen. Oder eben Nicht-Menschen. Spannung oder einen nennenswerten Inhalt sollte aber niemand erwarten, die Serie ist nicht mehr als eine hübsche Plastikverpackung, die man im Anschluss sofort wieder wegwirft.
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