Dumbo 2019
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Dumbo (2019)

Dumbo 2019
„Dumbo“ // Deutschland-Start: 28. März 2019 (Kino)

Die Zeiten sind hart für Max Medici (Danny DeVito) und seinen Zirkus. Der Krieg hat ihm nicht nur einige Artisten geklaut, sondern vor allem auch das Publikum – schließlich hat niemand mehr Geld. Und so musste der Direktor auch zahlreiche Attraktionen und Tier verkaufen, um überhaupt noch irgendwie die Rechnungen bezahlen zu können. Eine große Hoffnung hat er jedoch. Oder besser eine kleine: Seine Elefantenkuh ist trächtig, der zu erwartende Babyelefant soll endlich wieder die Leute anziehen! Doch dann das: Das Junge hat riesige Ohren. Wer soll so etwas sehen wollen? Erst als Milly (Nico Parker) und Joe (Finley Hobbins), die Kinder des ehemaligen Stars Holt Farrier (Colin Farrell), herausfinden, dass der Dickhäuter fliegen kann, wendet sich das Blatt. Plötzlich stehen die Besucher wieder Schlange. Und selbst V.A. Vandevere (Michael Keaton), der einen erfolgreichen Freizeitpark führt, taucht bei ihnen auf, nachdem er von dem seltsamen Tier erfahren hat.

Das jährliche Kinoaufgebot von Disney ist ja schon seit Längerem von Franchises, Fortsetzungen und Remakes geprägt. Man wartet schon gar nicht mehr wirklich darauf, dass da noch mal etwas Neues kommt. Und doch ist 2019 selbst für den Mäusekonzern eine etwas arge Nummer. Siehe die diversen Neuauflagen alter Zeichentrickklassiker als Live-Action-Variante. Mit Dumbo geht es los, zwei Monate später folgt Aladdin, im Sommer Der König der Löwen, im Herbst Maleficent 2. Da muss man schon mehrfach auf den Kalender schauen und sich vergewissern, dass wir wirklich seit knapp zwei Jahrzehnten ein neues Jahrtausend haben.

Ein Remake von nichts
Vor allem bei Dumbo durfte man ein wenig misstrauisch sein. Das Original war 1941 ein sehr schlichtes Werk, sowohl visuell wie auch inhaltlich. Nach den vorangegangen Flops – Pinocchio und Fantasia gingen während der Kriegsjahre an den Kinokassen unter – musste schließlich gespart werden. Gerade mal eine Stunde dauerte der Zeichentrickfilm und hatte nicht einmal dafür genug Geschichte zusammenkratzen können. Wie soll das in den heutigen Bombastzeiten noch funktionieren? Hinzu kommt, dass einige Szenen einem heutigen Publikum nicht mehr zuzumuten wären – darunter die legendäre psychedelische Sequenz Pink Elephants, nachdem Dumbo und die sprechende Maus Timothy Alkohol getrunken haben.

Letztere Szenen ist nicht mehr drin, wie zu erwarten. Tim Burton, dem das Projekt anvertraut wurde, schafft aber eine visuell ansprechende Hommage, die zumindest ein wenig an den Zauber vergangener Tage erinnert. Ohnehin ist Dumbo ein Film, der sehnsüchtig den Blick zurückwendet und von einer Zeit träumen will, als es noch um Wunder ging, nicht um bloße Kommerzialität. Dies ausgerechnet in einem Disney-Film unterzubringen, als Kritik an einem geldgierigen Freizeitpark-Unternehmen auch noch, das ist schon ein starkes Stück. Doppelbödige Selbstironie oder doch nur blanker Zynismus? Das muss jeder für sich entscheiden.

Und was erzähl ich als nächstes?
Denn Entscheidungskraft ist sicher keine der Stärken von Dumbo. Ehren Kruger, der vorher vor allem durch seine Drehbücher für diverse Transformers-Teile auffiel – wenn auch nicht zwangsweise positiv –, packt recht viel in seinen Film. Wo das Original noch ein fluffig-süßes Hauch von nichts war, gibt es hier neben der eigentlichen Elefantengeschichte noch besagte Kommerzkritik und jede Menge Zweibeiner, die auf einmal Teil der Story sein wollen. Ein früherer Artist, der seinen Arm verloren hat, die tote Mutter, eine wissenschaftlich interessierte Tochter, die auch dem Letzten klar machen soll, dass Frauen denken können, das ist viel Holz. Es ist nur kein besonders interessantes Holz. So löblich es ist, hier etwas Eigenes auf die Beine stellen zu wollen, so wenig wird am Ende klar, was das denn alles sollte. Viele Elemente werden irgendwann wieder weggeworfen. Spannende Figuren gibt es ohnehin nicht, dafür gibt ihnen Burton einfach nicht genug Raum zur Entfaltung.

Dabei ist Dumbo mit Sicherheit kein schlechter Film. Da sind zahlreiche gute Szenen dabei, teilweise sind sogar mehr als das. So hat Burton noch immer ein Auge für überbordende Bilder, zwischen fantastisch und makaber. Der Freizeitpark, der eher Steampunk als Disneyland ist, ist ein toller Anblick. Danny DeVito als knauseriger Zirkusdirektor erinnert einen daran, warum er früher ein so begehrter Komiker war. Dann und wann ist der Film sogar rührend, etwa bei einer bezaubernden Neuauflage von Baby Mine. Aber das ist nicht genug. Die CGI-Variante des Elefanten entlockt einem nie vergleichbare Gefühle wie der Zeichentrickvorfahre, die Flugszenen sind meistens irgendwie verunglückt. Schade ist dabei vor allem, dass Burton ja eigentlich für seine Liebe zu Außenseitern bekannt wurde. Hier beschränkt sich dieses Liebe jedoch in erster Linie auf die groteske Aufmachung, der Film ist mehr Lippenbekenntnis als echtes Interesse. Selbst bedeutende Schauspieler wie Eva Green oder Alan Arkin haben hier nicht wirklich was zu tun.



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Eine Neuauflage von „Dumbo“ von Tim Burton? Echt jetzt? Das Ergebnis ist ähnlich zwiegespalten, wie sich die Kombination von fluffiger Süße und grotesker Morbidität anhört. Während der Freizeitpark fantastisch aussieht und auch einige der Darsteller gute Auftritte haben, hat der Film trotz einer kräftig erweiterten Geschichte zu wenig Inhalt. Vor allem im Bereich Emotionalität hätte da mehr passieren müssen, vieles her bleibt ohne Auswirkung, ist letzten Endes überflüssig.
6
von 10