Ein Gauner und Gentleman
© 2018 Eric Zachanowich DCM

Ein Gauner & Gentleman

Ein Gauner und Gentleman
„Ein Gauner & Gentleman“ // Deutschland-Start: 28. März 2019 (Kino)

Wenn es eines gibt, das Forrest Tucker (Robert Redford) gut kann, dann das: Banken ausrauben. Das macht er schon ziemlich lange, weshalb er auch einen Großteil seines Lebens hinter Gittern verbracht hat – wenn er mal nicht gerade ausgebüxt ist. Inzwischen geht er stramm aufs Rentenalter zu, lässt es sich aber nicht nehmen, weiterhin mit Teddy (Danny Glover) und Waller (Tom Waits) Coup um Coup zu planen. Dabei lernt er eines Tages die Farmbesitzerin Jewel (Sissy Spacek) kennen, für die er nach und nach Gefühle entwickelt. Gestört wird dieses idyllische Glück jedoch durch den Polizisten John Hurt (Casey Affleck), der Tucker schon auf den Spuren ist und alles dafür tut, ihn dingfest zu machen.

Es ist nahezu unmöglich, eine gewisse Affinität vorausgesetzt, bei Ein Gauner & Gentleman nicht wehmütig zu werden. Schon die ersten grobkörnigen Bilder sind eine Zeitreise in die frühen 80er – nicht ohne Grund, spielt der Film doch 1981. Doch wo andere vielleicht auf einen bloßen Retro-Zug aufspringen und mit den Gefühlen eines etwas älteren Publikums Geld verdienen wollen, da ist das hier eine echte Liebeserklärung an diese Zeit. Das erstaunt, schließlich ist Regisseur und Drehbuchautor David Lowery (A Ghost Story) Jahrgang 1980, zu jung also. Und doch erstaunt es nicht, war sein Remake Elliot, der Drache doch ebenfalls ein aus der Zeit gefallener Film, der so gar nicht ins hier und jetzt passen wollte.

Auf Beutetour mit einer Legende
Vor allem aber Redford ist es, der einen hier schwelgen lässt, soll Ein Gauner & Gentleman doch der letzte Leinwandauftritt der mittlerweile 82-jährigen Schauspiellegende sein. Und Lowery weiß, wie er den Veteranen in Szene setzen kann. Wenn Forrest in Erinnerungen schwelgt, dann schwingt da auch immer gleichzeitig ein bisschen die Karriere von Redford mit. Was auch damit zusammenhängt, dass wir Bilder von ihm aus früheren Zeiten zu sehen bekommen, der Film ein bisschen die Geschichte des realen Forrest Tucker missbraucht, um dem Darsteller ein Denkmal zu bauen.

Wobei das zugrundeliegende Schicksal natürlich durchaus erzählenswert ist. 18 erfolgreiche Gefängnisausbrüche? Das muss man einem erst einmal nachmachen. Einen kurzen Zusammenschnitt dieser Teufelstaten dürfen wir sehen, darunter auch den berühmtesten Ausbruch. Und doch befasst sich Ein Gauner & Gentleman, das auf dem Telluride Film Festival 2018 Weltpremiere hatte, nur zum Teil mit der kriminellen Karriere an sich. Immer wieder dürfen wir den alten Räuber zwar bei einem seiner Einsätze sehen. Aber die sind so sehr Alltag für ihn, dass sie in dem Film fast zur Nebensache verkommen.

Verbrechen als netter Zeitvertreib
Der Überfälle wegen braucht man hier deshalb auch nicht vorbeizukommen. Sie sind weder so ausgeklügelt wie in spezialisierten Hollywood-Heist-Movies wie Ocean’s 11, noch sind sie so brisant wie die actionreicheren Varianten, die sich besonders im B-Movie-Bereich tummeln. Die größte Waffe von Tucker ist nicht die Kanone, die im englischen Originaltitel erwähnt wird. Es ist der Charme des älteren Herren. Ein echter Gentleman eben, dem die Bankangestellten das Geld nahezu hinterherwerfen, wenn er sie umgarnt. Spannend ist das dann weniger, dafür aber unterhaltsam. Und eben ungemein rührend.

Eine solche Verharmlosung der durchaus schweren Straftaten ist natürlich immer ein bisschen fragwürdig. So als würde der Film sagen: Banken ausrauben ist gar nicht so schlimm, wenn man dabei nur nett zu den Leuten ist. Andererseits, so richtig real wirkt Ein Gauner & Gentleman ohnehin nicht. Ob es nun die zufälligen Begegnungen sind, die Ermittlungen, auch das Privatleben von John Hurt – der Film scheint in einer eigenen Welt zu leben, nostalgisch, freundlich, ein bisschen romantisch auch. Und eben sehr schön: Vor allem die Szenen mit Forrest und Jewel sind unglaublich rührend, lassen einen wieder daran glauben, dass am Ende alles möglich ist, das Happy End nur noch einen Bankraub entfernt ist.



(Anzeige)

„Ein Gauner & Gentleman“ ist nicht nur ein würdiger Abschluss einer großen Schauspielkarriere, sondern auch eine wehmütige Verneigung. Richtig spannend ist das erstklassig besetzte „Ein Gauner & Gentleman“ nicht, dafür aber unwiderstehlich charmant, gerade auch für ein nostalgischeres Publikum, das die gelungene 80er-Jahre-Atmosphäre zu schätzen weiß.
8
von 10