Den Traum Stars näherzukommen, den dürften die meisten von uns irgendwo in uns tragen, die einen mehr oder weniger. Am roten Teppich stehen bei einer Premiere zum Beispiel. Bei ihnen daheim anzurufen, das ist jedoch schon ein klein wenig ungewöhnlich. Aber hier passt das. Denn gewöhnlich war an Helmut Berger (Die Gärten der Finzi-Contini) ja noch nie was, der österreichische Schauspieler, der in den 1960ern und 1970ern große Erfolge feierte und als schönster Mann der Welt bezeichnet wurde, war schon immer anders. Und das gilt dann auch für den Dokumentarfilm Helmut Berger, meine Mutter und ich, dessen Entstehungsgeschichte ebenso eigen ist wie sein Thema.
Eigentlich hatte Bettina Vorndamme nur wissen wollen, was aus ihrem einstigen Idol so geworden ist. Antwort: nicht viel. Zumindest nicht viel Schönes. Die Karriere von Helmut Berger dümpelte im Alter vor sich hin, statt durch aufsehenerregende Filme stand er mit aufsehenerregenden Skandalen in den Schlagzeilen. Für Vorndamme war das ein Zustand, der nicht hinnehmbar war, ein neuer Film für den Altstar musste her. Anstatt wie geplant einen Spielfilm auf die Beine zu stellen, nahm sich jedoch Vorndammes Tochter Valesca Peters des Themas an und hielt einfach die Begegnung ihrer Mutter und des Schauspielers fest.
Eine Begegnung voller Widersprüche
Das hört sich erst einmal vielleicht nicht besonders spannend sein. Warum sollte man sich dafür interessieren, wenn eine unbekannte Frau einen abgehalfterten Ex-Star trifft? Das klingt mehr nach Talk Show und Newsschnipsel, weniger nach etwas, das man auf der großen Leinwand sehen muss. Ob es Letztere tatsächlich braucht oder eine Sichtung daheim reicht, darüber lässt sich natürlich streiten. Unstrittig ist jedoch, dass Helmut Berger, meine Mutter und ich, das beim Max Ophüls Preis 2019 Premiere feierte, tatsächlich sehenswert ist, die Geschichte einer kuriosen bis rührenden Begegnung.
Dabei gibt es mehrere Themen, die hier parallel verlaufen. Auf der einen Seite ist da der Versuch von Vorndamme, die Karriere von Berger wieder vorantreiben zu können. Zumindest später gelingt das Vorhaben auch, wenn der Mime sein Debüt auf der Berliner Volksbühne gibt – mit gestandenen 73 Jahren. Gleichzeitig wird aber auch oft der Blick zurückgeworfen. Diese Aufgabe fällt Peters zu, die den Fast-Rentner zu seinem früheren Leben befragt, manchmal auch von sich aus etwas über ihn erzählt. Jüngere Zuschauer, die mit dem Namen Berger vielleicht nicht mehr ganz so viel anfangen können, dürfen so zumindest erfahren, warum er einst so berühmt war. Und berüchtigt.
Die ewige Liebe zur Kamera
Aber auch heute noch hat er jede Menge zu sagen und erzählen. Von seinem guten Aussehen mag vier Jahrzehnte später nicht mehr so wahnsinnig viel geblieben sein, Berger verschwindet ein wenig hinter seinen zahlreichen Falten. Eitel ist er aber bis heute, genießt das Spiel mit der Kamera. Genießt es auch, sich selbst in Szene zu setzen, selbst wenn er so banale Tätigkeiten ausübt wie auf einem Home Trainer zu sitzen. Und natürlich hat es auch etwas sehr Demonstratives, wenn er mehrere Male wiederholt, wie scheißegal es ihm ist, was andere von ihm halten. Alt ist er, müde aber kaum.
Schöner noch ist aber die Begegnung zwischen ihm und Vorndamme, zwischen einem Mann, der Glamour lebte, und einer, die daheim blieb, um Filme zu schauen. Das sind zwei Welten, die aufeinanderprallen, kontinuierlich, auch weit nach dem ersten Treffen. Dieser Kontrast bringt Erstaunliches hervor, auch Lustiges, später Schmerzhaftes und Entfremdung. Denn obwohl die zwei Menschen sich näherkommen, viel miteinander teilen, da bleibt diese Kluft. Aber es ist auf seine Weise auch eine sehr menschliche Begegnung, wenn die konstante Reibung tatsächlich Dinge über Berger enthüllt, die sich eben nicht in den Hochglanzaufnahmen finden, nicht in den selbstinszenierten Momenten, in die er sich gerne zurückzieht, nicht in den Skandalen.
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