Eben war sie noch da, doch plötzlich ist sie weg: Als Antoine Dorit (Jalil Lespert) mit seiner Ehefrau Iris (Charlotte Le Bon) das Restaurant verlassen will, ist sie wie vom Erdboden verschluckt. Keiner hat sie gesehen, weder drinnen noch draußen. Erst später wird er einen Anruf von dem Mechaniker Max (Romain Duris) erhalten, dass er sie entführt hat und ein Lösegeld fordert. Antoine lässt sich darauf ein, liebt er seine Frau doch über alles. Was der vermögende Banker zu dem Zeitpunkt noch nicht ahnt: Iris wurde gar nicht wirklich entführt, sondern arbeitet mit Max zusammen.
Eigentlich hätte In the Shadow of Iris ja ein amerikanischer Film sein sollen. Ein Drehbuch gab es schon, geschrieben von Andrew Bovell (A Most Wanted Man). Inspiration hierfür lieferten die Japaner, genauer Hideo Nakatas Mystery-Thriller Chaos aus dem Jahr 2000. Am Ende schnappten sich aber die Franzosen das Projekt, nachdem die US-Fassung gestrichen wurde. Verwirrend? Ein bisschen. Aber doch harmlos, zumindest wenn man es mit dem Film an sich vergleicht. Denn der wurde offensichtlich ausschließlich zu dem Zweck gedreht, das Publikum aufs Glatteis zu führen.
Also, ich kapier nix!
Der Anfang lässt das noch gar nicht so sehr vermuten. Dass die Entführung nur vorgetäuscht ist, das wissen wir schließlich schon, bevor sie richtig stattgefunden hat. Das stimmt dann zwar chronologisch nicht so wirklich. Aber das ist ein Markenzeichen von In the Shadow of Iris, alternativ auch unter dem reißerischen Titel Iris – Rendezvous mit dem Tod bekannt. Immer wieder springt der Film in der Zeit nach hinten und vorne, ohne dabei jemals klar zu zeigen, wann und wo wir gerade sind. Das ist vor allem anfangs eine Herausforderung, wenn noch so gar nichts hier Sinn ergeben will.
Später fügen sich die Puzzleteile jedoch zusammen, darunter auch solche, die erst wie aus einem ganz anderen Spiel zu stammen scheinen. Das ist natürlich ein klein wenig gemein, soll es auch sein. Ein bisschen Hilfestellung wäre da schon nett gewesen, manch einer wird hier vermutlich vorher schon aufgeben. Wer hingegen derartige Verwirrspiele mag, wird angesichts der zahlreichen Wendungen seine Freude haben. Dass das am Ende doch ein ganzes Stück überzogen ist, muss man jedoch in Kauf nehmen, da wollte Bovell seinerzeit schon aus allen Kanonen feuern. Glaubwürdigkeit war ihm deutlich weniger wichtig.
Welchen Tag haben wir heute?
Mystery-Fans können das durchaus einmal versuchen. Der Reiz von In the Shadow of Iris liegt darin, die vielen zeitlichen, voneinander kaum zu unterscheidenden Fäden auseinanderzudröseln und daraus eine Geschichte zu machen. Denn hier ist es mal die Erzählstruktur, die den Film spannend macht, weniger dessen Inhalt. Aber auch die Optik und die Darsteller tragen ihren Teil dazu bei, dass man hier bis zum Ende bleibt, Charlotte Le Bon (The Walk) als femme fatale, der auch Regie führende Jalil Lespert als ahnungsloser Ehemann und der genreerprobte Romain Duris (Black Tide) als Tropf dazwischen.
Etwas irritierend sind die Sexszenen, die dem ganzen wohl eine leicht verruchte Atmosphäre verleihen sollen, ein bisschen mehr Abgrund ins Szenario bringen. Vielleicht wollte Lespert aber auch einfach irgendwie die 90 Minuten vollbekommen und wusste sich nicht anderweitig zu helfen. Trotz dieser Unterbrechungen ist In the Shadow of Iris schnell vorbei, größere Längen gibt es nicht. Aber auch keine größeren Begeisterungsstürme: Der Film ist solider Nachschub für Zuschauer, die einfach mal wieder ein bisschen rätseln wollen.
OT: „In the Shadow of Iris“
AT: „Iris – Rendezvous mit dem Tod“
Regie: Jalil Lespert
Drehbuch: Andrew Bovell, Jalil Lespert, Jérémie Guez
Musik: Dustin O’Halloran, Adam Wiltzie
Kamera: Pierre-Yves Bastard
Besetzung: Romain Duris, Charlotte Le Bon, Jalil Lespert
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