Einfach war es nicht, aber Monsieur Claude Verneuil (Christian Clavier) und seine Frau Marie (Chantal Lauby) haben sich daran gewöhnt, dass ihre Töchter sich so komische Männer ausgesucht haben: Juden, Chinesen, Muslime, Schwarze. Mehr noch, um des Familiensegens willen sind sie sogar in deren Heimatländer gereist, um so deren Kultur besser kennenzulernen. Mit der konnten sie zwar nicht viel anfangen, aber wenigstens haben sie es versucht. Umso größer ist der Schock, als sie erfahren, dass die vier Schwiegersöhne genug haben von Frankreich, das so viel für sie getan hat. Auswandern wollen sie, alle vier – zusammen mit Monsieur Claudes Töchtern! Das gilt es natürlich zu verhindern, koste es, was es wolle.
Es war einer der ganz großen Erfolgsgeschichten des Jahres 2014: Mehr als zwölf Millionen Menschen strömten damals in Frankreich ins Kino, um Monsieur Claude und seine Töchter zu sehen. In Deutschland waren es immer knapp vier Millionen – was mehr ist, als die meisten Hollywood-Blockbuster schaffen. Dass da dann irgendwann einmal eine Fortsetzung fällig war, das war klar. Ebenso aber auch, dass das nicht ganz einfach würde. Schließlich hieß es, das immerhin zehnköpfige Ensemble noch einmal zusammenzubringen. Vor allem stand aber die Herausforderung im Raum: Was soll man denn da noch erzählen, was nicht schon im Erstling erzählt wurde?
Aller Anfang ist schwer
Anfangs sieht es so aus, wüssten Regisseur Philippe de Chauveron und sein Co-Autor Guy Laurent das selbst nicht so genau. Den Einstieg als enttäuschend zu bezeichnen, würde Monsieur Claude 2 noch schmeicheln. Die Szenen um die vier Schwiegersöhne (Medi Sadoun, Ary Abittan, Frédéric Chau, Noom Diawara) langweilen ziemlich. Aber auch dem Rest wurden Gags auf den Leib geschrieben, die so schwach sind, dass man sich insgeheim fragt, ob der Vorgänger damals nicht doch sehr viel schlechter war, als man es in Erinnerung hatte. Umso mehr, da die letzte Zusammenarbeit von de Chauveron und Laurent (Hereinspaziert!) nicht wirklich zünden wollte. Alles unter Kontrolle! war sogar eine mittlere Katastrophe.
Ist das etwas zähe erste Drittel überstanden, steigert sich Monsieur Claude 2 jedoch zunehmend. Klar, sonderlich frisch ist das Ganze nicht, kann es beim zweiten Anlauf auch nicht sein. Aber es ist doch zumindest witzig, wie der Film immer mal wieder politische Korrektheit mit den Füßen tritt, vor allem Christian Clavier hat als zwar milde gewordenes, aber immer noch rassistisch veranlagtes Familienoberhaupt einige Glanzauftritte. Gleiches gilt für Pascal N’Zonzi, der einen Papa der vier Schwiegersöhne spielt. Dessen Nebenhandlung wurde zwar etwas umständlich in die Geschichte geschrieben, läuft zu lange auch parallel. Aber man sieht dem gefräßigen, unverschämten Ivorer doch gerne zu, wie er das Leben aller zur Hölle macht.
Alte Themen, sinnvoll erweitert
Zumal diese Parallelgeschichte die bestehenden Themen sinnvoll erweitert: Wo beim letzten Mal Religion, Herkunft bzw. Hautfarbe Stein des Anstoßes waren, da kommt jetzt noch sexuelle Orientierung hinzu, wenn ausgerechnet die Tochter des Despoten eine andere Frau liebt. Das ist natürlich in der geballten Form nicht glaubwürdig, war aber auch der erste Teil noch nicht. Die interessantere Neuentwicklung ist jedoch die Verschiebung der Perspektive. Beim letzten Mal waren die Schwiegersöhne nur wenig aussagekräftiges Mittel zum Zweck, damit Claude stellvertretend für eine rechtslastige Bürgerschicht Frankreichs mächtig zoffen darf. Dieses Mal sind es jedoch die Söhne, die im Mittelpunkt stehen. Wie fühlt es sich eigentlich an, in einem Land zu leben, in dem viele dich nicht haben wollen? Auch Jahre später noch das Gefühl zu haben, ein Außenseiter zu sein? Fremd zu sein?
Eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema bietet Monsieur Claude 2 natürlich nicht. Dafür ist die Auflösung zu überstürzt, der Film insgesamt zu sehr mit Schlagwörtern und Klamauk beschäftigt. Aber die Mischung aus Gesellschaftskommentar, bissigen Seitenhieben, grob gezeichneten Figuren und Holzhammerhumor macht Spaß. Sympathisch ist der Einsatz für ein bunteres, vielfältigeres Frankreich ohnehin. Denn wenn sich am Ende alle in den Armen liegen, lesbische Schwarze und weiße alte Männer, Juden und Muslime, Einwanderer und Auswanderer, dann mag man irgendwie doch daran glauben, dass alles gut werden kann. Das kommt in der Summe sicher nicht so ganz an den Vorgänger heran, der mit seinen Attacken gleichermaßen vor den Kopf stieß und zum Lachen brachte. Aber es ist doch ein willkommenes Wiedersehen mit einer Chaosfamilie, in der wir irgendwie alle daheim sind – ob wir es nun wollen oder nicht.
OT: „Qu’est-ce qu’on a encore fait au Bon Dieu?“
Land: Frankreich
Jahr: 2019
Regie: Philippe de Chauveron
Drehbuch: Philippe de Chauveron, Guy Laurent
Musik: Marc Chouarain
Kamera: Stéphane Le Parc
Besetzung: Christian Clavier, Chantal Lauby, Élodie Fontan, Frédérique Bel, Julia Piaton, Émilie Caen, Noom Diawara, Medi Sadoun, Ary Abittan, Frédéric Chau, Pascal N’Zonzi
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