Shazam
© Warner Bros.
Shazam
„Shazam!“ // Deutschland-Start: 4. April 2019 (Kino)

Billy Batson (Asher Angel) hält es nicht lange an einem Ort. Vor allem hält es nicht lange in einer Pflegefamilie: Immer wieder büxt der 14-Jährige aus, um seine Mutter zu finden, die er als kleiner Junge auf einem Jahrmarkt verloren hat. Und auch bei seinem neuen Zuhause findet er keine Ruhe, obwohl sich alle in der Familie große Mühe geben – besonders der gehbehinderte Comic-Narr Freddy (Jack Dylan Grazer), der wie alle Kinder in dem Haushalt aus einem Heim kommt. Dafür findet er etwas anderes. Oder besser: Er wird gefunden. Denn eines Tages verleiht ihm ein Jahrhunderte alter Magier große Kräfte und verwandelt ihn in den erwachsenen Superhelden Shazam (Zachary Levi). Das ist super! Weniger super: Der finstere Dr. Thaddeus Sivana (Mark Strong) ist ihm auf den Fersen, weil er diese Kräfte für sich selbst haben will.

Die Vergleiche liegen natürlich auf der Hand. Nicht nur, dass Shazam! kurze Zeit nach dem neuen Marvel-Zugpferd Captain Marvel in die Kinos kommt. Der Held der DC Comics hieß bei seiner Einführung vor 80 Jahren selbst noch Captain Marvel, wurde aber nach diversen Rechtstreitigkeiten umbenannt – was die Konkurrenz später zu nutzen wusste. Trotz der gemeinsamen Namenswurzeln, die beiden Werke könnten zumindest im Rahmen der Superheldenkonventionen kaum unterschiedlicher sein. Shazam! hat aber auch nichts mit den anderen Filmen von DC Comics zu tun, sondern schafft es zumindest über weite Strecken, tatsächlich mal für frischen Wind im Heldensegment zu sorgen.

Ein Film für große und kleine Kinder
Ein großer Unterschied: Hier ist mal ein Kind der Held. Sicher, das steckt dann irgendwann in dem Körper eines muskelbepackten Riesen. Aber nur weil jemand erwachsen aussieht, muss er ja noch nicht erwachsen sein. Solche Körpertauschfilme sind oft ein großer Spaß, wie der Überraschungshit Jumanji: Willkommen im Dschungel 2017 zeigte. Wobei das offensichtliche Vorbild hier natürlich Big aus dem Jahr 1988 ist, als Tom Hanks einen Jungen spielte, der plötzlich im Körper eines Erwachsenen steckt. Ein Vorbild, dessen man sich hier auch sehr bewusst war, wie eine schöne kleine Referenz an einer Stelle zeigt.

Ohnehin hat man hier das Gefühl, zurück in die Vergangenheit gereist zu sein. Die Optik ist auf dem neuesten Stand, die Spezialeffekte sind gerade bei den Auftritten von Sivanas Schergen mehr als ansehnlich. Anders als diverse Kollegen, die sich eine frühere Zeit überstülpen – auch hier ist Captain Marvel ein Vergleich –, ist Shazam! aber ein Film, dessen Herz trotz modernen Settings tatsächlich in den 80ern schlägt, anstatt nur so zu tun. Die Geschichte um einen Jungen, der zum Helden wird, ist Klassikern wie Die Goonies deutlich näher als dem, was wir sonst heute bei Comic-Adaptionen zu sehen bekommen. Die Stimmung ist unbeschwert, der Humor erfreut sich an seiner eigenen ausgelassenen Albernheit, anstatt sich die One-Liner der Konkurrenz einzuverleiben.

Ich will Spaß!
Dass diese Neuausrichtung aufgeht, wäre ohne die Besetzung kaum vorstellbar. Vor allem Zachary Levi (Office Uprising) ist hier eine echte Entdeckung, wie er kindliches Gemüt und Bärenkräfte unter einen Hut bekommt. Er mag Blitze aus den Fingern schießen, wirkt dabei aber doch auf eine unfassbar sympathische Weise menschlich. Ohnehin ist es der pure Charme, der Shazam! zu etwas ganz Besonderem macht. Die Art und Weise, wie hier verlorene Kinder zu einer Familie heranwachsen, geht zu Herzen, die Nachwuchsdarsteller machen aus der simplen Geschichte großes Kino. Und sie machen ein wunderbar warmherziges Kino: Die Comic-Adaption zeigt, dass Absurdität und emotionales Fundament tatsächlich gemeinschaftlich funktionieren können, hier darf man tatsächlich mitfiebern, die kleinen und großen Helden anfeuern, wie sie sich und die Welt entdecken.

Schade ist, dass Regisseur David F. Sandberg – zuvor nur durch seine Horrorfilme Lights Out und Annabelle 2 in Erscheinung getreten – zum Ende hin der Film etwas entgleitet. Wenn Silvana mal wieder nur ein größenwahnsinniger Machtmensch ist, stört das gar nicht mal so sehr. Es passt schließlich zu der einfach gestrickteren Familienfilmstimmung, zumal Mark Strong doch eine bedrohliche Leinwandpräsenz mit sich bringt. Shazam! will dabei aber aus nicht ganz erklärlichen Gründen nicht zum Punkt kommen. Das Finale ufert immer mehr aus, ohne dadurch spannender zu werden. Es ist sogar ein bisschen langweilig, wenn alle Ideen ausgehen, der Film doch anfängt, sich und andere zu wiederholen. Dennoch: Der Auftakt des etwas anderen Helden ist gelungen, sammelt unterwegs so viele Sympathiepunkte, dass man sich hier tatsächlich eine Fortsetzung wünscht, anstatt sie nur zu erwarten.



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„Shazam!“ setzt nicht nur im Titel ein Ausrufezeichen, sondern ist ein selbstbewusst-alberner Comic-Neuanfang und gleichzeitig Hommage an die 1980er. Das ist unglaublich charmant und mitreißend gespielt, selten gingen einem Superhelden derart stark zu Herzen wie hier. Lediglich das überlange, einfallslose Finale trübt den positiven Eindruck.
7
von 10