Als Laie weiß man ja nie so genau, was man davon halten soll. Soll man sie bewundern, die Männer und Frauen, die mit ihren Skiern Rampen hinunterrasen, um anschließend durch die Luft zu fliegen und 100, 200 Meter später wiederaufzukommen? Oder soll man sie für verrückt halten? Eine wirkliche Antwort darauf liefert The Big Jump nicht, obwohl sich der Dokumentarfilm recht umfassend den Themen Skispringen bzw. Skifliegen annähert. Vielleicht auch, weil es keine definitive Antwort darauf gibt und man die Erfahrung auf der Schanze selbst gemacht haben muss, um sie verstehen zu können.
Dabei nimmt einen Regisseur Ernst Kaufmann so nah dran an diese Erfahrung, wie man sie mittels eines Films wohl machen kann. Das Mittel: 3D-Kameras, die einen solchen Sprung aus der Egoperspektive aufzeichnen. Sie vermitteln ein plastisches Bild, was es heißt, eine Schanze hinabzudüsen und anschließend abzuheben. Beeindruckend ist hierbei vor allem der erste Teil, er erzeugt sogar ein gewisses Schwindelgefühl. Kein Wunder, bei der Abfahrt können schon mal mehr als 100 km/h erreicht werden.
Das hat jetzt weg getan …
Auch andere Szenen von The Big Jump verleiten zumindest etwas empfindlichere Zuschauer und Zuschauerinnen wegzuschauen. Denn nicht jeder Sprung gelingt, der Dokumentarfilm führt vor Augen, was in solchen Fällen passiert. Und es ist kein schöner Anblick, wie sich die Leute mehrfach überschlagen, wie Puppen durch die Gegend geschleudert werden, man sich in den Kinosessel zurückzieht, ganz angespannt, sich fragt, wie der menschliche Körper einen solchen Aufprall überhaupt überstehen kann.
Hinzu kommt: Selbst die besten Springer können einen solchen Unfall nicht verhindern. Mal ist es der Wind, der plötzlich zuschlägt und die Flugbahn beeinflusst. An anderen Stellen weiß es keiner so genau, was nun eigentlich vorgefallen ist. Denn vieles hier verläuft, so erfahren wir, rein intuitiv. Und es ist eben dieses Element der Unberechenbarkeit, selbst bei Profis, die den Sport doch sehr speziell werden lassen. Immer wieder kommt dann auch in The Big Jump die Frage auf: Habt ihr in dem Moment Angst? Was geht euch durch den Kopf? Kann man sich darauf mental irgendwie vorbereiten?
Die unterschiedlichsten Aspekte des Sportes
Journalist Hanno Settele, der durch den Film führt, greift aber auch andere Themen rund um diesen Sport auf. Zum einen befragt er aktuelle und frühere Größen des Skisprungs bzw. des Skifliegens zu ihren Erfahrungen. Aber auch Experten kommen zu Wort, die ein bisschen was über technische Aspekte oder den Ablauf einer Weltmeisterschaft zu erzählen haben. The Big Jump wechselt auf diese Weise von praktischen Demonstrationen zu Personality-Abschnitten und allgemeinen Szenen, mischt historische Aufnahmen mit aktuellen Momenten.
Das ist gerade für Einsteiger geeignet, die sich so gar nicht in der Materie auskennen. Sonderlich in die Tiefe geht das sicher nicht, kann es auch nicht bei einer Laufzeit von 76 Minuten. Aber es reicht doch als Über- bzw. Einblick, um was es in diesem Sport geht, wer derzeit einen Namen hat und was dieses Spektakel ausmacht. Von den 3D-Aufnahmen einmal abgesehen ist The Big Jump dabei ein recht konventioneller Dokumentarfilm. Solides Handwerk, das nur manchmal durch einige unnötig auf Video festgehaltene Versprecher leichte Risse bekommt. Und ein wenig macht der Film ja auch Lust, sich im Anschluss noch mehr dieser Teufelssprünge anzutun – zumindest aus der sicheren Entfernung heraus.
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