The Highwaymen
© Netflix

The Highwaymen

The Highwaymen
„The Highwaymen“ // Deutschland-Start: 29. März 2019 (Netflix)

Das Verbrechen hat einen neuen Namen. Genauer zwei: Bonnie und Clyde. Das Gangster-Pärchen ballert sich 1934 quer durch die USA, ohne dass sie jemand aufhalten könnte. Dabei ist es nicht nur die Brutalität der beiden, welche die Polizei vor eine große Aufgabe stellt, sondern auch die Bewunderung der Bevölkerung, die in den zwei Helden sehen will. Für Lee Simmons (John Carroll Lynch), Leiter der texanischen Gefängnisse, und Gouverneurin Ma Ferguson (Kathy Bates) ist dieser Zustand unhaltbar. Und so beauftragen die beiden die ehemaligen Texas-Ranger Frank Hamer (Kevin Costner) und Maney Gault (Woody Harrelson), sich der Sache anzunehmen und an die Spuren der Verbrecher zu heften.

John Lee Hancock ist ja eigentlich immer dafür zu haben, historische Persönlichkeiten auf Film zu bannen. So errichtete der Regisseur 2013 in Saving Mr. Banks der Mary Poppins-Autorin Pamela „P. L.“ Travers sowie Walt Disney höchstpersönlich ein Denkmal. In The Founder erzählte er die Geschichte des windigen Unternehmers Ray Kroc, der maßgeblich dazu beitrug, dass McDonalds zu einer internationalen Fast-Food-Kette heranwuchs. Grundsätzlich wundert es dann nicht, wenn er sich nun in The Highwaymen des Mythos Bonnie und Clyde annimmt. Wohl aber, was hier daraus geworden ist.

Wo sind die beiden nur?
Anders als etwa beim Klassiker Bonnie und Clyde aus dem Jahr 1967 stehen bei dem Netflix-Film gar nicht die beiden berühmten Verbrecher im Mittelpunkt. Die sind zwar der Katalysator, um die Geschichte ins Rollen zu bringen. Und natürlich dreht sich hier nahezu alles um die Jagd auf sie. Das Pärchen selbst bleibt dabei aber auf bemerkenswerte Weise fernab des Geschehens. Jeder redet über sie, zu sehen bekommen wir sie aber fast gar nicht. Sie haben auch nichts zu sagen, bleiben ein wenig greifbares Phantom und Phänomen. Ein Mythos, der viel Blut vergießt, selbst aber keines in sich trägt.

Auch deshalb dürfte das Projekt lange Zeit festgesteckt haben. Wer kommt denn bitteschön auf die Idee, einen Film über Bonnie und Clyde zu drehen, in dem die beiden Stars nur Randerscheinungen sind? Antwort: John Fusco. Der Drehbuchautor hatte bereits 2005 damit begonnen, an einer Fassung zu arbeiten, in der die Arbeit der Texas Ranger gewürdigt wird, ohne dabei die Verbrecher zu glorifizieren oder romantisieren. Das Ergebnis ist dann auch so nüchtern, wie es sich anhört. So trocken wie die Landschaften von Texas, durch die wir hier reisen, immer auf der Suche nach Spuren.

Raue Helden einer früheren Zeit
Das ist durchaus atmosphärisch, auch weil die Figuren hier entsprechend mitspielen. Kevin Costner und der gebürtige Texaner Woody Harrelson verinnerlichen das etwas andere Tempo des Südstaates, geben sich als raubeinige Gesetzeshüter nach altem Schrot und Korn. Da drängen sich allein Harrelson wegen natürlich ein wenig die Vergleiche zu True Detective auf. Auch hier ist die Atmosphäre letztendlich wichtiger als der Fall: The Highwaymen, das auf dem South by Southwest Festival 2019 Weltpremiere feierte, befasst sich mehr mit dem Leben vor Ort als der Jagd. Das darf dann auch schon mal ein bisschen dauern, rund 130 Minuten dauert das Werk.

Das ist auch deshalb irgendwo mutig, weil innerhalb dieser 130 Minuten gar nicht so wahnsinnig viel geschieht. Schusswechsel gibt es zwar, die sind aber eher selten und kurz. Wer sich angesichts des Themas einen spannenden Actionstreifen erhofft, wird irgendwann frustriert bis gelangweilt wieder abschalten. Nervenkitzel ist hier kaum angesagt, der Film schleicht etwas vor sich hin, ist etwas für einen gemütlichen Fernsehabend auf der alten Couch mit einem Bier in der Hand. Ein Film, bei dem man zwischendurch auch mal auf Toilette gehen könnte, ohne etwas Entscheidendes zu verpassen. Das hat seinen altmodischen Charme, sicher, dürfte bei der üblichen Netflix-Klientel aber weniger auf Gegenliebe stoßen.



(Anzeige)

„The Highwaymen“ nimmt sich auf eine etwas eigene Weise des Mythos Bonnie und Clyde an, indem hier gar nicht die Verbrecher, sondern die sie jagenden Texas Ranger im Mittelpunkt stehen. Aber auch das geringe Tempo und die genügsame Spannungskurve tragen nicht dazu bei, dass das hier ein Crowdpleaser ist. Dafür gefällt der Krimi durch seine Darsteller und einen altmodischen Charme.
6
von 10