Ja-yoon (Da-mi Kim) ist eine ganz normale Jugendliche. Sieht man einmal davon ab, dass ihr auf geradezu unnatürliche Weise alles gelingt, was sie im Leben anfasst. An der Schule ist sie spitze, ohne etwas dafür zu tun, sie lernt Sprachen nur vom Zuhören, auch künstlerisch ist sie überaus begabt. Und so wundert es dann auch niemanden aus ihrem Umfeld, als sie bei einer TV-Talentshow abräumt. Allerdings erregt sie damit auch die Aufmerksamkeit einiger finsterer Leute. Erst wird sie im Zug von einem unbekannten jungen Mann (Woo-shik Choi) angesprochen, auch Mr. Choi (Hee-soon Park) ist hinter ihr her. Und dann wäre da natürlich noch die Wissenschaftlerin Dr. Baek (Min-su Jo), die sich die Fähigkeiten von Ja-yoon zunutze machen möchte.
Der bekannteste Titel von Hoon-jung Park ist bis heute sicherlich das von ihm verfasste I Saw the Devil, der brutale Rachethriller gilt als moderner Genreklassiker des südkoreanischen Kinos. Der Thematik ist Park bis heute treu geblieben, auch wenn er sich inzwischen nicht damit zufriedengibt, nur für andere Drehbücher zu schreiben. Sein Debüt als Regisseur (The Tiger: An Old Hunter’s Tale) war 2015 noch ein erstaunlich ruhiges Drama um einen Mann, der einen Tiger jagte. Aber schon mit seinem zweiten Film V.I.P. kehrte er zu den energiegeladeneren Anfängen zurück, als wieder ein Serienmörder sein Unwesen trieb.
Am Anfang war das Blut
Nun also The Witch: Subversion, Regiearbeit Nummer drei, mit dem er letztes Jahr in Südkorea richtig abgeräumt hat. Seine Vorliebe für düstere Stoffe und Action ist geblieben, der Film geht gleich mit einem richtigen Blutbad los. Und auch später wird es reichlich zur Sache gehen, wenn erst einmal alle Personen in Position gebracht wurden. Zivilisten gibt es bei Park schließlich kaum, dafür jede Menge finsterer Männer und Frauen, deren einziger Lebensinhalt offensichtlich darin besteht, anderen ihr Leben zu stehlen. Was in dem Film häufiger vorkommt, mal schneller, mal etwas genüsslicher.
Das wird die Anhänger fernöstlicher Brutaloaction freuen, sie müssen jedoch ein wenig Geduld mitbringen. Zwei Stunden dauert der Film, was für die Südkoreaner nicht viel ist, einem manchmal aber doch etwas länger vorkommt. Anders als es der Einstieg vermuten lässt, kümmert sich The Witch: Subversion erst einmal ausgiebig um die Protagonistin und den Mystery-Faktor. Was war das für ein Massaker zu Beginn? Und wer sind die Leute, die hinter Ja-yoon her sind? Verstärkt wird das Rätselraten durch eine ahnungslose Heldin, die so gar nicht versteht, was um sie herum geschieht und was diese bedrohlichen Menschen von ihr wollen.
Helden, die keine Helden sind
Horror ist das nicht, auch wenn der Titel es vermuten lässt. Vielmehr erinnert der Beitrag der Fantasy Filmfest Nights 2019 etwas an X-Men, wo ebenfalls außergewöhnlich begabte Jugendliche erst einmal ein Zuhause finden müssen. Nur dass dieser Selbstfindungstrip hier eben deutlich böser ausfällt, sollen sich Familien doch andere Superheldenfilme anschauen. Inhaltlich sollte man sich dennoch keine Wunderwerke erwarten. Zwar nimmt die Geschichte zum Ende hin einen etwas anderen Verlauf als erwartet, sonderlich ambitioniert ist Parks Drehbuch aber nicht. Das meiste hier ist Genrekost nach Vorschrift.
Aber eben eine unterhaltsame Genrekost. Vor allem die wandlungsfähige Nachwuchsdarstellerin Da-mi Kim trägt dazu bei, dass die im Grunde langweilige bis unsinnige Geschichte nicht weiter stört. Oder dass man allzu sehr auf diverse Figuren achtet, die aus unerklärlichen Gründen als Amerikaner verkauft werden sollen. Dass der Film nur einen Teil der Handlung abbildet – der internationale Titel lautet nicht ohne Grund The Witch: Part 1. The Subversion –, macht es auch verständlich, dass sich Park so viel Zeit damit lässt, mal auf den Punkt zu kommen. Denn da dürfte noch einiges folgen, was vor allem Liebhaber überzogener Guilty Pleasures freuen wird.
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