Lange hat Santiago „Pope“ Garcia (Oscar Isaac) darauf hin gearbeitet, das Versteck des Drogenbarons Lorea ausfindig zu machen, das irgendwo im Dreiländereck von Paraguay, Argentinien und Brasilien liegen soll. Doch jetzt, wo er es endlich weiß, hat er eine bessere Idee, als alles dem Staat zu überlassen. Stattdessen rekrutiert er Tom „Redfly“ Davis (Ben Affleck), William „Ironhead“ Miller (Charlie Hunnam), Francisco „Catfish“ Morales (Pedro Pascal) und Ben Miller (Garrett Hedlund), die mit ihm in einer US-Spezialeinheit kämpften, für seinen Plan: Warum nicht einfach selbst dorthin gehen und sich das Vermögen schnappen, welches sich in der Villa verstecken soll? Doch dann kommt alles irgendwie anders …
Diebe oder Retter in der Not? An Netflix scheiden sich ja die Geister, wenn sie Filme einkaufen. Denn einerseits enthalten sie den braven Kinogängern ihren Stoff vor. Andererseits gäbe es viele dieser Filme gar nicht, weil die Verleihe vorher kalte Füße bekommen haben oder schon bei der Produktion Probleme aufgetreten sind. Neuestes Beispiel ist Triple Frontier, das in der einen oder anderen Form schon seit 2010 in der Mache war, mit ständig wechselnden Schauspielern. Dass sich der Streamingdienst dieses zuvor fallengelassene Langzeitprojekt geschnappt hat, klingt ein bisschen wie Resteverwertung. Die beteiligte Crew hingegen ist geradezu absurd hochkarätig.
Ein großes Versprechen
Regie führte beispielsweise J. C. Chandor, der für seine drei Dramen Margin Call, All Is Lost und A Most Violent Year jede Menge Kritikerlob einheimste. Das Drehbuch schrieb er zusammen mit dem oscargekrönten Mark Boal (Tödliches Kommando – The Hurt Locker), der auch die Idee zum Film hatte. Auf dem Papier ist das eine fantastische Kombination, beide haben schließlich jede Menge Erfahrungen mit moralischen Graubereichen gesammelt, verpackt in überaus düstere Filme. Und eben das verspricht auch Triple Frontier, wenn hier ausnahmsweise die Helden mal nicht darum kämpfen, die Welt zu verbessern, sondern nur für das eigene Wohl arbeiten. Schließlich wurden sie von der Welt ja selbst im Stich gelassen, haben im Krieg ihr Leben riskiert, nur um jetzt kaum noch über die Runden zu kommen.
Auch später wird es immer wieder Passagen geben, in denen die fünf Männer vor schwierigen Fragen stehen. Wie viel ist beispielsweise ein Menschenleben wert, wenn das eigene Leben auf dem Spiel steht? Schlimmer noch: Wenn 250 Millionen Dollar auf dem Spiel stehen? Da geht eventuell auch der eine oder andere Gutmensch mal über Leichen. Die Zuschauer und Zuschauerinnen dürfen daheim dann ebenfalls miträtseln, wie weit sie persönlich in einer solchen Situation gehen würden. Ab wann heiligt der Zweck die Mittel? Wie käuflich ist das eigene Gewissen? Einen Drogenbaron auszurauben, das dürfte für die wenigsten ein moralisches Problem darstellen. Kritisch ist, wenn auch dessen Fußvolk, das nur irgendwie überleben will, dafür büßen muss.
Ist das alles?
Daraus hätte sich durchaus ein spannender Film machen lassen. Umso überraschender – und enttäuschender – ist, wie wenig bei Triple Frontier aus dem Szenario wurde. Das fängt schon bei den Figuren an. Nur wenige Minuten gibt uns Chandor Zeit, sie als Menschen kennenzulernen. Das reicht aber nur, um die jeweiligen Lebensumstände kurz zu skizzieren. Wer die fünf als Menschen sind, das bleibt dabei völlig auf der Strecke. Am ehesten bekommt noch die Figur des Tom ein bisschen Substanz, der beruflich wie privat gescheitert ist. Ansonsten erfahren wir aber wenig. Zu wenig, um mitfiebern zu können. Zu wenig auch, um den ohnehin nur oberflächlichen Entscheidungsprozessen ein Gewicht zu verleihen. Da ändert auch das absurd prominente Ensemble ist, das viel zu selten Gelegenheit bekommt, sein großes Talent auszuspielen.
Aber selbst wer sich damit abfinden kann, dass auf der Jagd durch den Dschungel viel Potenzial auf der Strecke blieb, und ohnehin lieber etwas handfeste Spannung mag, geht hier leer aus. Das Artwork mag Triple Frontier als martialischen Actionstreifen verkaufen. Im Film selbst ist davon nur wenig zu sehen. Zwar geht es mit einem Feuergefecht los, auch der Überfall auf die Drogenvilla ist brisanter. Danach passiert aber irgendwie zu wenig, um das Adrenalin in die Gänge zu bringen. Die Schusswechsel sind kurz, auch die Survival-Elemente bleiben unterentwickelt. Triple Frontier ist mit über zwei Stunden zwar durchaus länger, schafft es aber nicht, diese Zeit sinnvoll zu nutzen. Stattdessen gibt es einen Wechsel zwischen Sinnfragen, Actionszenen und Abenteuermomenten, die alle zu dünn sind, der Film macht zu viel und zu wenig auf einmal. Das ist an manchen Stellen interessant, zudem ist das südamerikanische Setting schön anzusehen. Aber das hier hätte doch deutlich mehr sein können und müssen.
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