Der illegale Film
© Martin Baer/sounding images

Der illegale Film

Der illegale Film
„Der illegale Film“ // Deutschland-Start: 11. April 2019 (Kino)

Zuletzt wurde sehr heftig darüber debattiert: Sind die Mechanismen des neuen Urheberrechts angemessen? Ist das Konzept eines Urheberrechts heute überhaupt noch realistisch umsetzbar? Lässt es sich aufrechterhalten, wenn eine Generation nachwächst, die ihre Welt als frei verfügbar kennengelernt hat und sich nun beraubt fühlt? Mit diesem konkreten Gesetz setzt sich Der illegale Film nicht auseinander, der Dokumentarfilm war schließlich schon 2018 fertig, feierte da auch Premiere bei den Hofer Filmtagen. Zeitlich passt es dennoch gut, wenn das Werk kurz nach der großen Kontroverse in die Kinos kommt und ein paar Grundsatzfragen stellt.

Bilder gehörten schon immer zu unserer Welt dazu, waren sie doch ein Mittel der Menschen, das greifbar zu machen, was sie umgibt. Das war nicht allen recht. Gerade im religiösen Umfeld kam es einer Gotteslästerung gleich, das Unfassbare derart reduzieren zu wollen. Inzwischen sehen wir das locker. Was nicht als Bild vorliegt, das zählt oft nicht, wir sind es gewohnt, unser Leben in Schnappschüssen festzuhalten. Das taten wir früher natürlich auch schon. Gerade im Urlaub waren Kameras ständige Begleiter, auch bei größeren Feiern durften sie nicht fehlen.

Ein Leben vor und hinter der Kamera
Der Unterschied: Heute braucht es keine besonderen Anlässe mehr. Und es braucht auch keine spezielle Ausrüstung mehr, dank unserer Mobiltelefone hat nahezu jeder ständig eine Kamera dabei. Das hat nicht nur Auswirkungen auf unser Fotografierverhalten – laut Der illegale Film werden heute an einem Tag mehr Fotos geschossen als im gesamten 20. Jahrhundert zusammen. Es bestimmt auch, wie wir unsere Welt sehen. Wenn die gesamte Welt zu einem Motiv wird, selbst der banalste Alltag inszeniert werden darf und kann, was macht das mit uns? Und was macht das mit uns, wenn dies öffentlich geschieht?

Das sind nur zwei der vielen nebengeordneten Fragen neben der ganz großen, welche Martin Baer und Claus Wischmann hier stellen. Dabei streifen sie diverse kuriose Fälle, die bei den meisten Kopfschütteln provozieren dürften. Ein Bild, das ein Affe gemacht hat, beschäftigt die Gerichte, da keiner weiß, wem das Bild gehört. Gleiches gilt für automatisch aufgenommene Bilder, wenn kein Mensch den Auslöseknopf bediente. Und dann wäre da ja noch der Fall Disney: Das Unternehmen wilderte im Public-Domain-Bereich umher, untersagt es aber anderen, das daraus entstandene Produkt zu teilen.

Die ganze Welt, kaum Antworten
Der illegale Film kommt so bei den unterschiedlichsten Aspekten und Themen mal vorbei, ist mal erstaunlich, dann wieder witzig, manchmal auch ein klein wenig erschreckend. Denn eigentlich weiß keiner so genau, was uns da in Zukunft noch alles blüht. Auch nicht die beiden Filmemacher, die in ihrem Werk jede Menge Denkanstöße geben, ohne selbst eine Antwort parat zu haben. Mehr als eine Momentaufnahme ist das hier nicht, kann es auch nicht sein. Ein kurzes Innehalten und Nachgrübeln, was da um uns passiert und was wir damit anfangen wollen.

Das ist auch mit schönen persönlichen Anekdoten verbunden, wenn etwa das eigene Töchterchen mit dem Fotografieren beginnt und sich über die Unterschiede zwischen Bild und Realität bewusst wird. Genauso wird die Subjektivität einer Erinnerung der vermeintlichen Objektivität einer Fotografie gegenübergestellt, nicht ohne darauf hinzuweisen: In einer Zeit, in der alle ihre Bilder bearbeiten können, hat das keine Aussagekraft mehr. Und ohnehin ist jedes Bild ein Ausschnitt. Eine Geschichte, keine von Menschen losgelöste Begebenheit. Das ist sehr spannend, wenn auch ohne Zusammenhang, die Doku verläuft sich irgendwann ein bisschen in der Vielzahl an Themen.



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„Der illegale Film“ zeigt uns, wie schwierig die Frage des Urheberrechts bei Bildern zu klären ist. Dabei spricht der Dokumentarfilm nicht nur Kuriositäten an, sondern demonstriert auch, wie sehr unser Leben heute von Bildern bestimmt wird. Das kann am Ende nicht umfassend sein, definitive Antworten fehlen auf die diversen aufgeworfenen Fragen, ist aber als Denkanstoß sehr spannend.