The Ruthless Lo Spietato Unbarmherzige Netflix
© Netflix

Der Unbarmherzige

The Ruthless Lo Spietato Unbarmherzige Netflix
„Der Unbarmherzige“ // Deutschland-Start: 19. April 2019 (Netflix)

Das Leben von Santo Russo (Riccardo Scamarcio) war von klein auf von Verbrechen geprägt. Sein Vater nahm es mit den Besitzverhältnissen nicht so genau, warum sollte der Sohn da anders sein? Schon früh kam er deshalb mit dem Gesetz in Konflikt, auch das Gefängnis ist für ihn kein unbekannter Ort. Abgehalten haben ihn die Erfahrungen dort jedoch nicht, im Gegenteil: Zusammen mit Slim (Alessio Praticò) und Mario (Alessandro Tedeschi) möchte er ganz groß einsteigen! Nicht einmal Mariangela (Sara Serraiocco), die er kennen und lieben lernt, ist für ihn ein Grund, den einmal eingeschlagenen Weg wieder aufzugeben.

Ein weiterer Netflix-Titel aus Italien, ein weiteres Mal geht es um das Thema Verbrechen. Aber warum auch nicht? Der Bedarf scheint da zu sein, und so gibt es nun zusätzlich zu Serien wie Suburra und Carlo & Malik jetzt auch einen Film, der in der Unterwelt Bella Italias spielt. Wobei Der Unbarmherzige nicht nur aufgrund des Formats ein wenig anders ausfällt als die inhouse-Kollegen. Auch inhaltlich und inszenatorisch geht man etwas andere Wege.

Verbrechen dürfen auch Spaß machen
Wo die obigen Titel eher auf Realismus abzielten, da ist Der Unbarmherzige zumindest anfangs äußerst stilisiert. Geradezu gut gelaunt blickt der Protagonist auf die Anfänge seiner Laufbahn zurück, nimmt diverse Ereignisse mit Humor. Sie liegen ja auch lang zurück, der Film bedient sich des beliebten erzählerischen Mittels, wenn er mit einem Höhepunkt beginnt und im Anschluss erläutert, wie es überhaupt dazu gekommen ist. Nur dass hier eben nicht ein paar Stunden oder Wochen an der Uhr gedreht werden, sondern wir Jahrzehnte in die Vergangenheit reisen.

Die spielerischen Elemente, die mit einem ziemlichen Affentempo einhergehen, werden mit der Zeit weniger. Das ist einerseits nachvollziehbar, denn je älter und versierter Santo wird, umso mehr wird er dem Titel des Films gerecht. Eigentlich ist ihm dann alles egal, Freunde, seine Frau, Kollegen, alles ist irgendwann entbehrlich. Nur selten zeigt er noch Mitgefühl oder überhaupt ein Interesse an dem, was um ihn herum passiert. Der Unbarmherzige ist die klassische Geschichte eines Verbrechers, der mit steigendem Erfolg den Hals nicht mehr voll bekommt.

Ein Vorzeige-Scheusal
Trotzdem ist es bedauerlich, denn in der zweiten Hälfte fällt Regisseur und Co-Autor Renato De Maria so partout nichts mehr ein, das seinen Film von den vielen anderen thematisch ähnlichen Filmen abheben würde. Da wäre natürlich der ewig verlässliche Riccardo Scamarcio, dessen Mut zur charakterlichen Hässlichkeit wir schon in John Wick: Kapitel 2 oder Loro – Die Verführten bewundern durften. Seine Leistung hier steht der in den anderen Film auch nicht nach, kaum einer schafft es, auf eine so reizvolle Weise widerlich zu sein wie er. Ein Mann, bei es ebenso einfach ist, ihn zu verabscheuen, wie ihn zu bewundern.

Dennoch kann auch er nicht verhindern, dass in der zweiten Hälfte des Netflix-Films der Unterhaltungsfaktor kontinuierlich nach unten geht. Dafür ist die ihm zugedachte Rolle letztendlich auch einfach zu langweilig, zu einseitig. Es gibt keine Entwicklung oder Situationen, in denen er eine Persönlichkeit demonstrieren darf, von einem Moment einmal abgesehen, an dem sogar er Schwäche durchschimmern lässt. Von diesen hätte es gern mehr geben dürfen oder auch von den dreist-selbstbewussten Auftritten der ersten Hälfte. Denn der Einstieg ist stark, auch die 70er-Jahre-Atmosphäre passt wunderbar. Nach 110 Minuten ist das aber fast schon wieder in Vergessenheit geraten, es bleibt ein solider Film, der weder aus den Rivalitäten mit anderen Kriminellen noch aus der Figur genug herausholt.



(Anzeige)

„Der Unbarmherzige“ fängt stark an, wenn äußerst stilisiert von den Jugendjahren eines ambitionierten Verbrechers erzählt werden. Doch je weiter das italienische Krimidrama voranschreitet, umso weniger fällt ihm ein, um aus dem Stoff mehr zu machen. Da kann nicht einmal der gewohnt überzeugende Riccardo Scamarcio in der Hauptrolle viel ausmachen.
6
von 10