Drift

Drift

Drift
„Drift“ // Deutschland-Start: nicht angekündigt

Der Titel ihres Debütfilms ist überaus passend gewählt: In Drift erzählt Regisseurin und Co-Autorin Helena Wittmann nicht nur von einer langen Überfahrt über das Meer. Der Film scheint auch immer weiter von seinem Thema wegzudriften. Oder das, was wir anfänglich für das Thema halten könnten. Zwei Frauen sehen wir da, verkörpert von Theresa George – der zweiten Autorin – und Josefina Gill. Wo sie sind, was genau sie da tun, das erfahren wir nicht. Nur dass sie gemeinsam etwas Zeit verbringen, sich über verschiedene Sachen unterhalten, bevor beide ihre Heimreise antreten, die sie an die unterschiedlichsten Orte der Welt führt.

Die Dialoge schwanken dabei ein bisschen zwischen unheilvoll und banal, lassen vermuten, dass da noch sehr viel mehr dahintersteckt. Aufgedeckt werden die Zwischentöne jedoch nicht, schon gar nicht verbal: Die Wortfetzen, welche die Erwartungen auf mehr erwecken, machen bereits den Großteil der Sprache aus, die in Drift verwendet wird. Mit der Trennung der beiden Frauen versiegen auch die Dialoge, über weite Strecken spricht hier niemand mehr.

Willst du mir etwas sagen?
Man darf sich auch darüber streiten, ob der Film überhaupt ein Spielfilm bzw. ein narratives Werk ist. Denn die Geschichte macht ausgiebigen Aufnahmen der Natur Platz. Da ist für einen Austausch zwischen Menschen kein Raum mehr, kein Bedarf. Überhaupt spielen Menschen keine Rolle mehr. Wo das Meer und die Landschaften anfangs noch der Hintergrund für die Reisende sind, schiebt es sich nach und nach in den Vordergrund. Von den Protagonistinnen ist danach erst einmal nichts mehr zu sehen oder hören. Wir wissen nicht einmal, ob es sie überhaupt noch gibt.

Dass Filmemacher gerne mal lieber Bilder sprechen lassen und den Inhalt bleiben lassen, das ist kein seltenes Phänomen. Von Western über Science-Fiction-Werke bis zu unterkühlten Dramen, in den meisten Genres lassen sich Beispiele finden, dass die Kameraarbeit entscheidender ist als das zugrundeliegende Drehbuch. Ähnlich radikal wie hier läuft das dann aber doch normalerweise nicht an. Über weite Strecken besteht Drift, das auf der International Critics’ Week der Filmfestspiele Venedig 2017 Premiere feierte, ausschließlich aus Meeresaufnahmen.

Eine exklusive Erfahrung
Das ist nicht viel, nicht genug für eine breite Masse, nicht genug für eine reguläre Veröffentlichung: Drift tauchte anschließend zwar auf weiteren Filmfesten auf oder als Video on Demand, ein DVD-Release oder gar ein richtiger Kinostart, das wäre hier kaum zu vermitteln. Böse Zungen würden sogar behaupten, dass das hier nicht mehr als eine Reise-Doku ist, wie sie sie zuletzt sehr verstärkt produziert werden. Nur dass eben völlig auf Infos verzichtet wird.

Stattdessen ist das eigenwillige Werk eher eine Art Trance, wenn wir gemeinsam mit der Reisenden uns zunehmend in den beruhigenden Bildern des Meeres verlieren. Eine Seherfahrung, die uns noch einmal vor Augen führt, wie unwichtig und klein wir angesichts der Naturgewalten sind, die völlig unberührt von uns tagein tagaus walten, uns nicht einmal zur Kenntnis nehmen, wenn wir in ihnen unterwegs sind. Die auch einen nicht uninteressanten Kontrast zu den statischen Aufnahmen bildet, die wir vom Start- wie Zielort bekommen, wenn sich die Frauen als Individuen behaupten, einen festen Platz in der Welt einnehmen.



(Anzeige)

In „Drift“ folgen wir zwei Frauen, die sich nach einer gemeinsam verbrachtet Zeit trennen und die Heimreise antreten. Erklärungen und Dialoge sind dabei Mangelware, ein Großteil des Films besteht aus tranceartigen Aufnahmen des Ozeans, der nach und nach die Figuren verschluckt, bis sie zusammen mit dem Publikum völlig verschwinden.