Kim hat einen Penis
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Kim hat einen Penis

Kim hat einen Penis
„Kim hat einen Penis“ // Deutschland-Start: 13. Juni 2019 (Kino) // 21. August 2020 (DVD)

Das ist doch mal eine schöne Überraschung, die Kim (Martina Schöne Radunski) für ihren Freund Andreas (Christian Ehrich) hat: einen Penis! Den hat sie sich in der Schweiz machen lassen, in einer speziellen Klinik. Bei Andreas hält sich die Begeisterung über das gute Stück erst einmal in Grenzen, da er nicht so recht weiß, was er damit anfangen soll. Aber auch Kim hat so ihre Probleme, mit dem ungewohnten Körperteil umzugehen. Schwierigkeiten bereitet zudem ihr Umfeld, allen voran Anna (Stella Hilb), die beste Freundin der beiden. Die ist nämlich stinksauer auf ihren Freund, der einfach so eine andere geschwängert hat, und deshalb kurzfristig bei ihnen einzieht. Oder auch nicht kurzfristig.

Soll das ein Witz sein? Nicht nur das Umfeld von Kim reagiert zwischen irritiert und amüsiert, als sie ihre neueste körperliche Errungenschaft vorstellt. Auch als Zuschauer weiß man nicht so recht, was man von der Geschichte halten soll. Zumal Kim hat einen Penis ein etwas ungünstiges Timing beweist. Gerade erst wurde nach langem Kampf das dritte Geschlecht von offizieller Seite angenommen, nur um dann von ignoranten Hinterwäldlerinnen für billige Kalauer missbraucht zu werden. Da ist eine Komödie zu dem Thema natürlich etwas heikel.

Drittes Geschlecht? Wo?
Dabei hat Philipp Eichholtz (Rückenwind von vorn), der hier Regie führte und zusammen mit drei anderen das Drehbuch schrieb, überhaupt kein Interesse an einer Auseinandersetzung mit der Frage, ob es neben Männern und Frauen noch etwas gibt. Er verrät ja nicht einmal, warum Kim sich zu dieser ungewöhnlichen Operation entschied. Auch wenn viele das natürlich fragen, im Film wie auch außerhalb. Wie ein bloßer Witz wirkt das zu Beginn, erst ein wenig satirisch – den Imagefilm zur Klinik könnte man fast für real halten –, später dann derb. Ein Schwanz ist ein Schwanz eben.

Anders als so manche amerikanische Komödie, die davon ausgeht, dass die bloße Nennung des Penis schon ein Witz ist, konzentriert sich der Film stärker auf die beiden Protagonisten. Erfrischend ist es schon, wie in dieser Beziehung mal die Frau die Hose anhat. Sie ist nicht nur Pilotin, im Gegensatz zu Andreas, der irgendwie nicht so wirklich was macht. Also ein Beruf, der höchstes Ansehen und viele Frauen bringt. Schließlich machen das ja nur Männer, wird immer suggeriert. Und auch sonst bestimmt Kim ganz gerne mal, wie es mit den zweien weitergeht, was ihr böse Kommentare vom eigenen Bruder Tim (Matthias Lier) einbringt.

Der Alltag hinter der Absurdität
Die Absurdität und Rätselhaftigkeit der Situation mag der Aufhänger sein, sowohl für die Geschichte wie auch der Titel. Kim hat einen Penis, das auf dem Filmfest München 2018 Premiere feierte, hat aber durchaus etwas Handfestes zu bieten, über zotige Anhängsel hinaus. Eichholtz seziert in seiner Tragikomödie Rollenverhältnisse innerhalb einer Beziehung, macht aus Kim das, was Männern oft vorgeworfen wird – sie setzt sich über alles hinweg, lässt niemanden an ihren Entscheidungen teilhaben. Andreas wird hingegen zum Hausmann degradiert, irgendwo zwischen Witzfigur und armer Tropf.

Inwiefern sich das neue Geschlechtsteil auf das Paarverständnis auswirkt oder nicht, bleibt offen. Der Film beginnt ja schon mitten drin, da lassen sich nur wenige Rückschlüsse ziehen. Und so richtig in die Tiefe geht das Ganze auch nicht, der Komplexität einer Beziehung wird diese Umdrehung nicht gerecht. Aber es ist doch eine spaßige Umdrehung, die zumindest auf gängige Rollenmuster aufmerksam macht und ein bisschen dazu einlädt, sich selbst und das Verhältnis zu anderen zu überdenken. Außerdem: Auf ein derart bescheuertes Szenario muss man erst mal kommen, das allein macht Kim hat einen Penis schon irgendwie sympathisch.



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„Kim hat einen Penis“ ist hier wörtlich zu verstehen, wenn sich eine Frau aus unerklärlichen Gründen einen Penis machen lässt. Das ist schön absurd, hat aber auch einiges über Rollenmuster in Beziehungen zu sagen. So richtig in die Tiefe geht die Tragikomödie dabei jedoch nicht, trotz kleinerer Denkanstöße.
6
von 10