Niemandsland the Aftermath
© 20th Century Fox

Niemandsland – The Aftermath

Niemandsland the Aftermath
„Niemandsland – The Aftermath“ // Deutschland-Start: 11. April 2019 (Kino)

Der Zweite Weltkrieg ist endlich vorbei, jetzt geht es an den mühsamen Wiederaufbau. Dabei müssen nicht nur die Trümmer der zerstörten Städte entsorgt werden, sondern auch die Überbleibsel der Nazi-Diktatur. Wie schwierig das ist, das weiß der britische Oberstleutnant Lewis Morgan (Jason Clarke) nur zu gut, der in Hamburg über den Wiederaufbau wacht. Und so gestattet er Stefan Lubert (Alexander Skarsgård), in dessen Haus er Quartier bezogen hat, auch weiterhin dort zu wohnen, unter dem Dachboden. Davon ist jedoch weder Morgans Frau Rachael (Keira Knightley) noch Luberts Tochter Freda (Flora Thiemann) begeistert, vor allem zu Beginn ist das Verhältnis der verschiedenen Bewohner äußerst schlecht. Doch mit der Zeit kommen sich alle näher – besonders Rachael und Stefan, die unerwartet Gefühle füreinander entwickeln.

Wenn Filme den Zweiten Weltkrieg thematisieren, dann geht es meistens um strahlende Helden, sadistische Schurken und natürlich den Holocaust. Um die Abenteuer und Gräueltaten, bevor der Schrecken endlich ein Ende hatte. Aber was dann? Wie ging es danach eigentlich weiter? Niemandsland – The Aftermath setzt an der Stelle ein, wenn der Krieg nun schon einige Monate vorüber ist und es nun an den Wiederaufbau geht. Dafür dürfen bzw. müssen wir zu Beginn des Dramas auch einige erschütternde Bilder über uns ergehen lassen, von zerbombten Städten wie auch von Hitler-Anhängern, die selbst über das Kriegsende hinaus Gewalt und Terror säen wollen.

Die machen, was sie wollen
Der Fokus verschiebt sich so schnell weg von dem physischen Aufbau hin zu dem sehr schwierigen Verhältnis zwischen Siegern und Besiegten: Ähnlich zu Trautmann kürzlich ringen hier Deutsche und Engländer darum, wie sie miteinander umgehen sollen. Wo das Fußball-Biopic jedoch auf einer wahren Geschichte basierte, wie der Sport zum versöhnenden Mittel werden kann, da lieferte hier der Roman von Rhidian Brook die Vorlage. Reale Personen gibt es hier dann nicht. Und mit Realismus hat es der Film ebenso wenig, zumindest nicht im Hinblick auf die psychologische Komponente.

Das Szenario ist dabei zwar recht konstruiert, aber nicht ohne Spannung: Indem in Niemandsland zwei Familien mehr oder weniger gezwungen sind, sich ein Dach zu teilen, kommt es automatisch zu Begegnungen, zu Auseinandersetzungen, zu Konflikten. Damit spiegelt die Konstellation das wider, was da draußen in der Stadt passiert, wo ebenfalls gern mal die Emotionen hochkochen. Nur interessiert sich der Film irgendwann nicht mehr dafür. Was eine Überlegung zu Versöhnung hätte sein können, verwandelt sich irgendwann in eine reine Romanze. Und nicht einmal eine gute.

Die übliche Geschichte
Dass Stefan und Rachael irgendwann zusammenfinden werden, ist dabei keine große Überraschung. Wie so oft werden sie hier als Kontrahenten eingeführt, deren Reibung irgendwann Gefühle erzeugt. Das geschieht hier nicht nur automatisch, es geht vor allem sehr schnell. Regisseur James Kent sieht offensichtlich keine Notwendigkeit dafür, Anziehungskraft ein bisschen Entwicklung zuzugestehen. Sie wird vielmehr ein und ausgeschaltet. Wie eine Nachttischlampe. Und auch sonst sind zwischenmenschliche Beziehungen keine Stärke des Filmemachers, vielleicht interessieren sie auch einfach nicht. Es passiert, was passieren muss, weil es die Geschichte so vorschreibt, nicht weil es sich in irgendeiner Form natürlich aus den Szenen ergeben würde.

Wenn denn wenigstens an den Figuren etwas wäre, das es sich zu erzählen lohnte. Aber auch an dieser Front scheitert Niemandsland. Dass hier mal nicht die Deutschen einseitig zu den Guten, die Engländer zu den Rettern erklärt werden, ist ja noch einigermaßen sympathisch als Versuch der Differenzierung. Wenn aber die Umkehrung der sonstigen Verhältnisse daraus entsteht – Lubert ist ein so guter Mensch, dass man im Stehen einschläft, dafür gibt es einen fiesen, herablassenden Engländer als Karikatur –, dann hat niemand etwas dadurch gewonnen. Im Gegenteil, das Drama ist eine Verschwendung von Zeit, auch von schauspielerischem Talent. Immerhin gibt es ein paar schöne Landschaften, die gut zum späteren Pathos passen. Das alleine kann aber kein Grund sein, hier vorbeischauen zu wollen.



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„Niemandsland – The Aftermath“ beginnt als interessante Konstellation, wenn nach dem Zweiten Weltkrieg zwei Deutsche und zwei Engländer ein Haus teilen. Anstatt sich diesen Konflikten behutsam zu nähern, gibt es aber eine Romanze, die ebenso plötzlich wie unglaubwürdig ist, zwischen Figuren, die nicht mehr sind als hübsche Klischees.
4
von 10