Someone Great Netflix
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Someone Great

Someone Great Netflix
„Someone Great“ // Deutschland-Start: 19. April 2019 (Netflix)

Es ist die Chance ihres Lebens: Musikjournalistin Jenny (Gina Rodriguez) hat tatsächlich ihren Traumjob bei einem angesagten Magazin ergattert! Das Problem ist nur: Sie muss dafür nach San Francisco ziehen. Wie soll sie das mit ihrer Beziehung vereinbaren? Nate (Lakeith Stanfield), mit dem sie schon seit neun Jahren zusammen ist, versucht dann auch erst gar nicht, ihre Partnerschaft aufrechtzuerhalten. Stattdessen macht er Schluss, einfach so, ohne groß darüber diskutieren zu wollen. Am Boden zerstört überredet sie ihre besten Freundinnen Erin (DeWanda Wise) und Blair (Brittany Snow), noch einmal das Nachtleben von New York unsicher zu machen und auf eine legendäre Musikparty zu gehen.

Ah, und schon wieder eine Liebeskomödie auf Netflix. Das ist verständlich, die laufen ja recht gut für den Streamingdienst. Zumindest wird das von Titeln wie The Kissing Booth oder To All the Boys I’ve Loved Before behauptet, wirklich nachprüfen lässt sich das bei dem notorisch intransparenten Anbieter bekanntlich nicht. Angesichts des regelmäßigen Nachschubs völlig austauschbarer Filme scheint die Zielgruppe aber groß genug zu sein, die nette, völlig unrealistische Zerstreuung sucht, sei es nun im High-School-Umfeld oder am Hofe fremder Monarchien.

Es geht auch anders
Der Nachteil dieses Dauerbeschusses: Die Gefahr ist groß, diese Filme über einen Kamm zu scheren und dabei die wenigen Ausnahmen zu entdecken, die tatsächlich etwas über die Liebe sagen zu haben. Someone Great ist eine dieser Ausnahmen. Der Film beginnt nicht damit, dass eine junge hübsche Frau ihrer großen Liebe über den Weg läuft und wir als Publikum nun darauf warten, wie und wann diese beiden Seelenpartner zusammenkommen – nach dem Überwinden obligatorischer Schwierigkeiten. Nein, er beginnt damit, dass die große Liebe vorbei ist. Auch das lässt sich in diesem Bereich immer mal wieder finden. Üblicherweise geht dies jedoch damit einher, dass der Ersatz schon um die Ecke kommt. Denn am Ende soll ja alles gut ausgehen, Herzen sind dafür da, geteilt zu werden.

In Someone Great ist das anders. Im Mittelpunkt stehen die drei Freundinnen, ihre Beziehungen untereinander, teilweise auch die Beziehungen zu den Partnern. Love Interests für Jenny springen dabei nicht heraus. Es gibt ja noch nicht mal Männer, die dafür in Frage kämen. Männer, die überhaupt nahe genug an die Kamera kommen, um von ihr wahrgenommen zu werden. Das brachte Someone Great die etwas abschätzige Bezeichnung eines Chick Flicks ein. Das ist einerseits verständlich: Der Film besteht zu einem Großteil aus Szenen, in denen die drei Freundinnen unterwegs sind und versuchen, Spaß zu haben. Da bietet es sich natürlich an, das auch im Rahmen eines Mädelsabends anzuschauen. Und doch würde man der Komödie damit nicht ganz gerecht.

Die Schönheit des Scheiterns
Regisseurin und Drehbuchautorin Jennifer Kaytin Robinson, die hier ihr Spielfilmdebüt abliefert, hat nicht einfach einen Frauen-Party-Film gedreht. Ein wichtiger Teil des Films dreht sich darum, eine gescheiterte Beziehung zu verarbeiten, ohne sie dabei gleichzeitig zu verdammen. Wo andere Streifen ganz gern mal mit Schuldzuweisungen arbeiten oder mit den angesprochenen Alternativen, da heißt es hier: Eine Beziehung kann auch dann wertvoll gewesen sein, wenn sie am Ende gescheitert ist. Und: Man braucht nicht zwangsweise eine Beziehung, um ein erfülltes Leben führen zu können. Für eine Liebeskomödie ist das ungewöhnlich erwachsen und nahe an der Lebensrealität.

Was nicht heißen soll, dass Robinson nicht auch schuldig wäre an diversen Fantastereien und Vereinfachungen. Die Darstellung des Musikbusiness ist schon sehr naiv und oberflächlich, das Setting interessiert sie auch gar nicht. Die Figuren bewegen sich teilweise zu sehr in Richtung Karikatur. Auch die schematischen Konflikte werden manchmal ein bisschen schnell abgearbeitet. Diese Drehbuch-Schwächen werden zumindest teilweise jedoch durch die Darstellerinnen wieder wettgemacht. Gina Rodriguez (Jane the Virgin) als zwischen Aufbruch und Nostalgie gefangenes Elend harmoniert so gut mit ihren Bildschirm-Freundinnen, dass man schnell den Eindruck gewinnt, sie wären auch im wahren Leben eine Clique. Sie ziehen sich gegenseitig auf, werfen sich manchmal auch erstaunlich böse Sachen an den Kopf, nur um im Moment der Not dann doch zur Hilfe zu eilen. Das macht sie nicht zu perfekten Menschen. Aber das ist eben die sympathische Aussage von Someone Great: Perfektion ist gar nicht notwendig. Auch kaputte Sachen können gut sein, teilweise sogar großartig.



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Auch wenn Titel und Genre es nahelegen, „Someone Great“ handelt nicht davon, die große Liebe zu finden. Stattdessen lehrt die Liebeskomödie, dass eine Beziehung auch dann wertvoll sein kann, wenn sie gescheitert ist. Diese positive Einstellung zum Leben und die Darstellung einer wichtigen, wenn auch nicht immer einfachen Freundschaft heben den Film von den vielen Kollegen ab, selbst wenn einiges hier dann doch recht vereinfacht und schematisch ausfällt.
6
von 10