Eine Zeit lang gehörten Stan Laurel (Steve Coogan) und Oliver Hardy (John C. Reilly) zu den ganz Großen im Showgeschäft, mit ihren Filmen sorgten sie weltweit für pralle Kassen. Davon ist Anfang der 1950er jedoch kaum mehr etwas übriggeblieben, wie sie feststellen müssen. Die Finanzierung ihres neuen Films will nicht so recht zusammenkommen. Und so gehen die beiden erst einmal auf große Tournee durch Großbritannien, um dabei ein bisschen die Werbetrommel zu rühren. Das ist jedoch einfacher gesagt denn getan. Nicht nur, dass inzwischen ganz andere Stars im Mittelpunkt stehen, auch das Verhältnis untereinander ist nicht das Beste. Als dann noch die beiden Ehefrauen Lucille Hardy (Shirley Henderson) und Ida Laurel (Nina Arianda) zur Tour stoßen, ist das Chaos komplett.
Mehr als 60 Jahre liegt das letzte gemeinsame Werk von Stan Laurel und Oliver Hardy zurück, seit einigen Jahrzehnten weilen die beiden Urgesteine der Komik auch nicht mehr unter uns. Aber noch immer sind sie als Duo Teil unseres kollektiven Gedächtnisses. So sehr, dass die Erwähnung des einen Namens unweigerlich den des zweiten nach sich zieht – obwohl beide unabhängig voneinander deutlich mehr produziert haben als gemeinsam. Gesetzt den Fall, man kennt die zwei überhaupt unter ihren bürgerlichen Namen. In vielen Ländern war das eigentlich unter „Laurel und Hardy“ gestartete Duo unter eigenen, nationalen Namen bekannt, in Deutschland beispielsweise als „Dick und Doof“.
Hinter den Kulissen
Dass der ihnen Film nun den Titel Stan & Ollie trägt und damit nicht den Namen des Duos, das ist kein Zufall. Das Biopic beleuchtet gar nicht die glanzvollen Tage der zwei Komiker, sonnt sich in ihrem Ruhm. Ein bisschen bekommt man hier zwar schon noch davon mit. Das meiste geschieht aber nur im Rückblick, beim Einsetzen der eigentlichen Handlung liegt die beste Zeit längst hinter den beiden. Der Film nutzt die Zeit abseits des Blitzlichtgewitters dazu, um den Fokus stärker auf die beiden Menschen hinter den Figuren zu legen. Vor allem das Verhältnis zwischen dem Engländer Laurel und dem Amerikaner Hardy liegt dabei Regisseur Jon S. Baird (Drecksau) am Herzen.
Dass das etwas speziell ist, kann sich eigentlich jeder denken. Wenn zwei Menschen über Jahrzehnte immer wieder zusammenarbeiten und ihren größten Ruhm einander verdanken, bleibt so etwas nicht aus. Wo Freundschaft beginnt und Arbeit aufhört, ist dabei nicht ganz einfach zu beantworten. Zu groß war auch die Abhängigkeit voneinander, war doch der eine immer Katalysator für den anderen. Das war nicht immer gesund, wie Stan & Ollie zeigt. Die gemeinsamen Erfolge waren teils teuer erkauft. Umgekehrt gingen auch die Niederlagen nicht spurlos an ihnen vorüber, gerade der zu Beginn des Films gezeigte Zwischenfall fraß sich wie ein Gift tief in die Beziehung der beiden.
Licht und Schatten
Als Kontrast zeigt Baird Szenen voller Zärtlichkeit und Intimität, wie sie nur Menschen erfahren, die sich seit Jahrzehnten kennen. Allgemein kombiniert er in seinem Biopic das Komische mit dem Traurigen, Momente des Glücks mit solchen voller Bitterkeit. Wenn Laurel und Hardy auf der Tour für einen Moment wieder die Begeisterung wecken, die sie früher während ihrer Hochphase abonniert hatten, dann möchte man meinen, dass alles wieder gut wird. Stan & Ollie scheint die Geschichte eines Comebacks zu sein, ein Wohlfühl-Film darüber, wie abgehalfterte Stars noch einmal zurückkommen. Doch in diesem Licht ist immer wieder Schatten, der Applaus kann nie ganz die Melancholie überdecken, die den Film beherrscht: Im Publikum weiß bereits jeder, dass wir hier das Ende sehen, nicht den Anfang. Und insgeheim wissen es wohl auch Laurel und Hardy.
Umso rührender ist der Triumph, das letzte Aufbäumen der alten Männer, die von der Zeit überholt und den Körpern im Stich gelassen wurden, und doch über die Bühne tanzen, als wären die finsterem Jahre nie gewesen. Stan & Ollie ist, trotz der vereinzelten kleinen Abgründe, eine Liebeserklärung an zwei Männer, die ihre Spuren hinterlassen haben. Der Film ist aber auch eine Liebeserklärung an eine vergangene Zeit, ihre Witze, ihre Träume. Dass das hier alles sehr konventionell gelöst ist, man selbst ohne Vorkenntnisse schnell weiß, was wie passieren wird, das stört nicht weiter. Auch dank zweier glänzend aufgelegter Stars, die ihren Vorbildern auf geradezu unheimliche Weise ähnlich sehen, ist die Geschichte von zwei Legenden, die noch einmal ihren Träumen nachjagen, eine ungemein warmherzige und auf positive Weise altmodische Zeitreise, für die man nicht einmal Fan der damaligen Slapstick-Witze sein muss, um sich verzaubern zu lassen.
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