Tijuana Netflix
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Tijuana – Staffel 1

Tijuana Netflix
„Tijuana – Staffel 1“ // Deutschland-Start: 5. April 2019 (Netflix)

Die Zukunft sieht gut aus für den mexikanischen Bundesstaat Baja California. Zumindest verspricht das Euginio Robles, der für das Amt des Gouverneurs kandidiert. Und die Umfragen sprechen tatsächlich für den Neuling, der sich für die Menschen einsetzen und die Korruption bekämpfen will. Doch daraus wird nichts, denn schon vorher wird er auf offener Straße erschossen. Gabriela Cisneros (Tamara Vallarta), die bei ihm im Auto saß, wird hingegen verschont. Und sie ist es auch, die sich mit ihren Kollegen der Zeitung Frente Tijuana dafür einsetzt, den Mord aufzuklären – gegen den Widerstand vieler anderer, die am liebsten so weitermachen würden wie bisher.

Die Aussichten für Journalisten sind bekanntermaßen eher bescheiden. Der Siegeszug des Internets hat den klassischen Printjournalismus zunichte gemacht, online haben nun ganz andere Leute das Sagen. Wer dennoch an dem früher so begehrten und respektierten Beruf festhält, darf sich auf Diffamierungen freuen – das Schlagwort der Lügenpresse verhindert jede inhaltliche Auseinandersetzung. Und doch erscheint all das wie Luxusprobleme, denn in anderen Ländern droht sogar der Tod, mal durch Terroristen, mal durch offizielle Stellen. Sofern man da überhaupt noch einen Unterschied machen mag.

Helden im Korruptionssumpf
Die Grenzen zwischen gut und böse sind auch in Tijuana sehr durchlässig. Aufrechte Menschen gibt es hier kaum, am besten fährt man noch mit ambivalenten Figuren, die wenigstens das Gute wollen, selbst wenn sie sich dabei nicht immer so toll anstellen. Siehe die Männer und Frauen des Frente Tijuana, die in der Netflix-Serie so etwas wie die letzte Bastion der Wahrheitsfindung sind. Die letzte Bastion im Kampf gegen Korruption und Verbrechen, die sich durch alle Institutionen und Instanzen zieht.

Filme über Journalisten, die gegen größte Widerstände die Wahrheit aufdecken wollen, gab es natürlich einige im Laufe der Zeit. Inzwischen sind die etwas seltener geworden, an ihre Stelle sind andere Helden getreten. Wie wichtig und spannend solche Werke aber noch immer sein können, das zeigte beispielsweise Die Verlegerin letztes Jahr. Der Unterschied nur: Während dort die Fallhöhe vergleichsweise gering war, es „nur“ um die wirtschaftliche Existenz ging, da geht es bei Tijuana ans Eingemachte. Da kann jeder Tag der letzte sein, wie der anfängliche Mord an dem Politiker beweist. Und es wird nicht das einzige Beispiel bleiben, wie die Vertreter der Presse in lebensbedrohliche Situationen geraten.

Immer langsam mit den Verbrechen
Gleichzeitig sollte man nicht zu viel in dieser Hinsicht erwarten. Tijuana hat nur wenig mit den temporeichen Thrillern zu tun, die sich großer Beliebtheit erfreuen. Die mexikanische Serie ist sperriger, spröder, langsamer. Oft geht es hier nicht darum, Adrenalin durch den Körper zu pumpen, sondern sich mit dem Journalistenalltag auseinanderzusetzen. Das bedeutet dann zwar, in besagte brenzlige Situationen zu geraten. Aber es bedeutet beispielsweise auch, sich mit der sich verändernden Berufslage auseinanderzusetzen – Stichwort: Online-Journalismus.

Das macht die Serie natürlich vor allem für ein Publikum interessant, das noch einen Bezug zum Journalismus hat und mehr darüber erfahren möchte. Ohne diesen zieht sich Tijuana zuweilen ein wenig, weil die Suche nach der Wahrheit über 11 Folgen hinweg oft nicht so recht von der Stelle kommt. An anderen Stellen hätte es hingegen auch ein bisschen weniger getan, da wurde dann doch zu sehr auf eine dramahungrige Zielgruppe geschielt. Schade ist zudem, dass auf eine Synchronisation verzichtet wurde: Wer keine Untertitel lesen möchte, muss mit einer völlig missglückten englischen Fassung Vorlieb nehmen, die einiges von der Atmosphäre raubt. Und das ist durchaus selbst ein kleines Verbrechen, denn einen vergleichbaren Blick auf die Herausforderungen und Gefahren dieses Berufes bekommt man schließlich nur selten geboten.



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„Tijuana“ nimmt uns mit nach Mexiko, das für Journalisten kein dankbarer Ort ist. Mit einem Mord geht es los, danach geht es immer tiefer in einen Abgrund aus Gewalt und Korruption. Das ist als Einblick in einen nicht immer einfachen Beruf interessant, auch wenn Tempo und inhaltliche Balance so ihre Probleme haben, die Serie mal zu langsam, dann wieder etwas übertrieben ist.
6
von 10