Shinjiro ist ein ganz normaler Jugendlicher, der einer ganz normalen Familie entstammt. So dachte er zumindest. Dabei war sein Vater Shin Hayata einst ein Held, kämpfte vor vielen Jahren als Ultraman gegen die Bedrohungen aus dem All. Seither ist Frieden eingekehrt, kaum einer kann sich an die Vorfälle damals erinnern. Doch dann ist eine neue Gefahr im Verzug, die auch Shinjiro zu spüren bekommt, als ein riesiges, metallenes Wesen ihn jagt. Und so muss sein Vater nun doch sein Geheimnis lüften. Mehr noch, er überträgt seine Fähigkeiten auf seinen Sohn, der nun der neue Ultraman werden soll – mit Hilfe einer ultrageheimen Organisation, die sich dem Kampf gegen die Aliens verschworen hat.
Grundsätzlich orientiert sich Netflix bei seinen Anime-Serien zwar an Neuerscheinungen. Dann und wann bedient sich der Streaminganbieter bei seiner Suche nach neuen Zielgruppen aber bei recht alten Titeln. Devilman Crybaby orientierte sich an Go Nagais Manga aus den frühen 70ern, die Wurzeln der Godzilla-Trilogie reichen sogar bis in die 1950er zurück. Dazwischen, genauer im Jahr 1966, erblickte auch ein Superhelden-Anime namens Ultraman das Licht der Welt, in der die Welt gegen gefährliche Aliens kämpfte. Rund 50 Jahre später fand der Sci-Fi-Klassiker eine späte Fortsetzung in Form eines Mangas von Eiichi Shimizu. Der wiederum lieferte nun die Vorlage für diese Serie.
Vorgeschichte braucht es nicht
Kennen muss man jedoch weder die 2015 gestartete Manga-Reihe noch das TV-Original aus den 60ern. Zwar ist das ein wenig von Vorteil, und sei es nur aus nostalgischen Gründen, wenn immer mal wieder auf damalige Ereignisse verwiesen wird. Die Grundgeschichte jedoch, die wird hier gleich zu Beginn erzählt. Sonderlich tiefgründig ist die ohnehin nicht. Zwar mag sich in den letzten 50 Jahren einiges geändert haben, sowohl in der realen Welt wie auch der der japanischen Popkultur. Am Ende läuft es aber auf das hinaus, was schon die Vorväter erzählten: Aliens greifen die Erde an, nur Ultraman kann sie aufhalten.
Das muss man der Serie nicht zwangsläufig zum Vorwurf machen, ein bisschen Realitätsflucht gehört im Unterhaltungsbereich ja oft dazu, kommt auch nicht aus der Mode. Was die großen Blockbuster aus den US-Comichäusern Marvel und DC können, das ist für die japanische Variante nicht minder legitim. Problematisch wird dieser Simpelansatz jedoch dann, wenn damit kein entsprechender Unterhaltungsfaktor einhergeht. Anders gesagt: Wenn eine Geschichte schon Müll ist, dann sollte sie wenigstens irgendwie Spaß machen.
Der übliche Kram
Das von Kenji Kamiyama (Ghost in the Shell: Stand Alone Complex) und Shinji Aramaki (Appleseed) inszenierte Ultraman macht aber keinen Spaß. 13 Episoden umfasst die erste Staffel, der – das Ende deutet es an – noch weitere folgen könnten. 13 Episoden, in denen irgendwie so gar nichts geschieht, das es sich zu erzählen lohnt. Das es sich zu zeigen lohnt. Die Figuren sind langweilig, die Aliens sind eintönig, sieht man einmal von einem kuriosen Einäuger ab. Dazu gibt es noch ein bisschen Kitsch und vorgeschobene Tragik, mit der Gefühle erzwungen werden sollen, welche die Geschichte an sich nicht hergibt. Wenn man überhaupt von einer Geschichte sprechen mag.
Das wäre alles noch zu verschmerzen, wenn wenigstens die Optik besser wäre. Aber auch da ist Ultraman eine Enttäuschung. Dass die Gemeinschaftsarbeit der Studios Production I.G (Psycho-Pass) und Sola Digital Arts auf CGI setzt anstatt auf Zeichnungen, das ist in einem derartigen futuristischen Umfeld durchaus vertretbar. Das konkrete Ergebnis ist es jedoch weniger. Immer wieder kommt es zu Stilbrüchen, die Animationen sind bescheiden, allgemein kann man sich die Figuren kaum anschauen. Da hat der Bereich schon deutlich Besseres hervorgebracht. Wer unbedingt einen neuen futuristischen Anime braucht oder auch Fan der Reihe ist, kann unverbindlich reinschauen. Im stetig wachsenden Portfolio von Netflix finden sich aber deutlich sehenswertere Beispiele japanischer Animationskunst.
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