Das Leben kann manchmal ganz schön schwierig sein. In mehr als einer Hinsicht. Hao Wu hat darüber einiges zu erzählen, hat daraus sogar einen eigenen Film gemacht. Homosexualität? Das ist in seiner Heimat China nach wie vor ein wenig geliebtes Thema. Sofern man überhaupt davon spricht. Für ihn selbst kam das nicht in Frage, zu stark war seine Familie in den Traditionen verwurzelt. Also ging er weg, in die USA, wo er nun als Filmemacher lebt und offen seiner sexuellen Präferenz nachgehen kann.
Oder es konnte. Denn irgendwann stand dann doch der nächste Schritt auf dem Programm, mit seinem Partner eine eigene Familie gründen – mit Nachwuchs. Die Netflix-Doku All In My Family zeichnet diesen Weg nach, erzählt in Rückblicken von der Jugend, aber auch den Herausforderungen, Jahre später seiner Familie zu begegnen und ihnen von seinen Plänen zu berichten. Vor allem seine willensstarke, dominante Mutter war alles andere als begeistert. Und dann wäre da noch der Großvater im Hintergrund, der auf keinen Fall etwas davon erfahren soll.
Aufeinandertreffen der Kulturen
Einiges davon dürfte dem westlichen Publikum vertraut vorkommen. Streitigkeiten mit den Eltern, die einen ganz anderen Lebensweg für einen vorsehen, das kennt man auch hierzulande. Da spielt es auch keine Rolle, ob Mama gerade den Beruf kritisiert – als Dokumentarfilm verdienst du doch kein Geld! – oder sich in die Wahl der Partnerin einmischt, die für sie allein schon wegen der geforderten Enkel obligatorisch ist, Selbstbestimmung steht nicht so wahnsinnig hoch im Kurs.
All In My Family ist dabei jedoch keine reine Abrechnung mit bevormundenden Eltern und engstirnigen Weltansichten. Wu begegnet seiner Familie nach wie vor mit Liebe, ein Gefühl, das zweifelsfrei erwidert wird. Vor allem aber zeichnet der 40-minütige Film schön auf, wie unterschiedlich die USA und China in der Hinsicht sind. Wenn Wu in seine alte Heimat fährt, dann bedeutet das immer auch einen Kulturschock. Dort pflegt man eben noch andere Traditionen, gesellschaftlich wie kulinarisch. Traditionen, die einen prägen und damit fortleben, selbst wenn man das im Einzelnen vielleicht gar nicht will. Eine Entwicklung kann hier nur langsam geschehen, mit kleinen Schritten, so lehrt der Film. Ein bisschen geht es einem dann auch zu Herzen, wie sich die Familie nach und nach öffnet, anfängt zu akzeptieren, was Teil einer neuen, fremden Realität ist.
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