Das Geheimnis von Marrowbone
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Das Geheimnis von Marrowbone

Inhalt / Kritik

Das Geheimnis von Marrowbone
„Das Geheimnis von Marrowbone“ // Deutschland-Start: 26. Oktober 2018 (DVD/Blu-ray)

Endlich, das alte Leben hinter sich die lassen, die traurigen Erinnerungen, woanders noch einmal neu anfangen! Als Rose Marrowbone (Nicola Harrison) 1968 mit ihren vier Kindern Jack (George MacKay), Jane (Mia Goth), Billy (Charlie Heaton) und Sam (Matthew Stagg) in ihr altes Familienhaus in den USA übersiedelt, dann in der Hoffnung, dass nun endlich alles gut wird. Tatsächlich fühlt sich die Familie in der Einöde schnell heimisch, auch dank der Bibliothekarin Allie (Anya Taylor-Joy), denen sie über den Weg läuft. Doch bald müssen sie feststellen, dass sie ihrer Vergangenheit nicht so ohne weiteres entkommen können – umso mehr, als Rose stirbt und die vier Geschwister nun für sich selbst sorgen müssen.

Bislang war Sergio G. Sánchez in erster Linie als Autor in Erscheinung getreten. Beispielsweise schrieb der Spanier die Drehbücher für die von seinem Landsmann J. A. Bayona inszenierten Filme Das Waisenhaus und The Impossible. Nur Geschichten für andere zu verfassen, war ihm auf Dauer aber offensichtlich nicht genug. Und so wagte sich Sánchez nach diversen kleineren Projekten mit Das Geheimnis von Marrowbone erstmals an einen eigenen Spielfilm, bei dem er selbst Regie führte und damit seine Vision der Geschehnisse auf die Leinwand brachte.

Ein Spukhaus wie aus dem Lehrbuch

Dem Genrefilm blieb er bei seinem Debüt treu. Es handelt sich bei Das Geheimnis von Marrowbone sogar um einen sehr klassischen Genrefilm. Ob es nun die Familie ist, die in der Einöde vor der Vergangenheit flieht, oder das alte, irgendwie unheimliche Landhaus, dessen Böden schon dann anfangen zu knarren, wenn sie nur jemand anschaut – das ist doch ein sehr vertrautes Setting, auf welches der Spanier da setzt. Und auch später wird er immer wieder Versatzstücke des Horrorbereiches einbauen, die einem so bekannt vorkommen, dass man meinen könnte, längst schon einmal hier gewesen zu sein. Aber das muss ja nicht zwangsweise ein Manko sein, manche Sachen sind aus gutem Grund bewährt. Zumal Sánchez bei seinem ersten Besuch des Regiestuhls durchaus auch ein Auge für schöne Bilder beweist.

Das Haus selbst ist beispielsweise ein Prunkstück des Haunted-House-Subgenres: verwinkelt, düster, undurchsichtig, mit einem dicken Gefühl von alter Geschichte. Zum Kontrast baut er Szenen von einer idyllischen Landschaft ein, die ebenfalls nicht ganz von dieser Welt zu sein scheinen. Das Geheimnis von Marrowbone verstärkt dieses Gefühl noch durch leicht märchenhafte Elemente, etwa wenn die Geschwister nicht nur Teil der Geschichte sind, sondern diese auch in einem wunderbar altmodischen Tagebuch festhalten. Zusammen mit dem tollen Nachwuchsensemble – George MacKay (Captain Fantastic – Einmal Wildnis und zurück), Anya Taylor-Joy (Split) und Mia Goth (Suspiria) – verspricht das schon einiges.

Und wo geht es jetzt weiter?

So richtig halten tut der Film dieses Versprechen aber nicht. Zum einen passiert relativ wenig, das den Ansprüchen von Horrorfans genügen würde. Zwar wird immer wieder angedeutet, dass finstere, unerklärliche Sachen in dem Haus vor sich gehen. Aber es bleibt bei diesen Andeutungen. Nun muss ein Horrorfilm sicher nicht unentwegt Jump Scares einbauen, um Spannung zu erzeugen, auch wenn es das Mainstreamkino noch so sehr behauptet. Das Geheimnis von Marrowbone verliebt sich aber etwas zu sehr in das Setting und die Atmosphäre, bleibt dabei auch gerne auf der Stelle stehen. Mit 110 Minuten ist der Titel, der beim Toronto International Film Festival 2017 Premiere feierte, schlicht zu lang, verheddert sich in zu viele Nebenstränge, die es überhaupt nicht gebraucht hätte. Beispielsweise sind die Szenen rund um den Anwalt Tom (Kyle Soller) unnötig, überladen die Geschichte mehr, als es ihr gut tut.

Interessanter sind da schon die komplizierten Beziehungen innerhalb der vier Geschwister, die den Beitrag vom Fantasy Filmfest 2018 immer wieder in Richtung Familiendrama schieben. Aber auch die Erzählstruktur ist etwas ungewöhnlich. Grundsätzlich folgt Das Geheimnis von Marrowbone schon der Chronologie, überspringt dabei aber Zwischenfälle, von denen wir erst später erfahren. Was anfangs noch eindeutig wirkt, ist es später nicht, manches der zahlreichen Rätsel hat eine unerwartete Auflösung. Es ist sogar ein wenig bizarr, was Sánchez da zusammengedichtet hat. Auch wenn man sich von dem Film vielleicht mehr erhofft hat, zumindest bei dem Talent der beteiligten Künstler, einen Blick wert ist dieser etwas andere Vertreter des Haunted-House-Horrors sicherlich.

Credits

OT: „Marrowbone“
Land: Spanien
Jahr: 2017
Regie: Sergio G. Sánchez
Drehbuch: Sergio G. Sánchez
Musik: Fernando Velázquez
Kamera: Xavi Giménez
Besetzung: George MacKay, Anya Taylor-Joy, Charlie Heaton, Mia Goth, Matthew Stagg, Kyle Soller

Bilder

Trailer

Filmfeste

Toronto International Film Festival 2017
Sitges 2017
Fantasy Filmfest 2018

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„Das Geheimnis von Marrowbone“ nimmt uns mit zu einer Familie, die einer finsteren Vergangenheit zu entfliehen versucht. Der Film gefällt dabei durch ein stimmungsvoll-verfallenes Setting, gerade auch im Kontrast zur idyllisch-märchenhaften Natur, einen talentierten Cast sowie eine ungewöhnliche Erzählstruktur. Das erhoffte Horror-Highlight ist er trotzdem nicht, da überflüssige Nebenhandlungen ihn in die Länge ziehen.
6
von 10