Wann immer irgendwo etwas in die Luft fliegt, in Flammen aufgeht oder sonst in einer Katastrophe zu enden droht, da ist Kate Bradley (Tiya Sircar) nicht weit. Für die Reporterin kann keine Situation brenzlig genug sein – zum Ärger ihrer Chefs –, Hauptsache da ist eine Story drin. Damit soll nun aber Schluss sein, anstatt weiterhin ihr Leben in Gefahr zu bringen und damit hohe Versicherungskosten zu riskieren, soll sie sich um eine kleine, nette Geschichte kümmern: Eine Frau fand vor ihrer Haustür einen Sack mit 100.000 Dollar. Ein guter Samariter war das, davon ist sie überzeugt. Für Kate muss da aber mehr dran sein. Drogengeld zum Beispiel. Denn niemand macht etwas ganz ohne Eigennutz. Doch dann tauchen weitere Geldsäcke auf …
Lasst uns die Ellenbogen auspacken! Zuletzt war der Blick auf die internationalen Nachrichten schon recht ernüchternd, wenn Egoismus und Eigennutz die Tagespolitik bestimmen. Immer mehr Länder schotten sich ab, machen gegen alles und jeden mobil, der anders ist, auch das Wohl zukünftiger Generationen interessiert nicht. Klimawandel? Da können wir auch morgen noch einmal drüber reden. Wenn Kate zu Beginn ihrer Story und auch an späterer Stelle darauf pocht, dass es so etwas wie selbstlose Aktionen nicht gibt, wer würde ihr da schon widersprechen wollen?
Helfen des Helfens wegen
Der Netlix-Film Good Sam tut es trotzdem. Der Titel leitet sich von good Samaritan ab, zu Deutsch barmherziger Samariter, jene biblische Geschichte also, die das Publikum von Nächstenliebe und Selbstlosigkeit überzeugen will. Religion spielt hier jedoch keine Rolle, weder bei den Mutmaßungen noch der späteren Aufklärung, was hinter all dem steckt. Dem Verteilen großer Bargeldsummen liegen ganz andere Motivationen zugrunde, die einen nachvollziehbar, die anderen eher weniger.
Ein nettes Plädoyer für mehr Gemeinschaftlichkeit ist Good Sam natürlich trotzdem, ein Feel-Good-Film, der andere dazu aufmuntern will, mehr für das Umfeld, mehr auch für Fremde zu machen. Denn wenn wir alle ein bisschen was tun, dann könnten wir so viel erreichen. Es muss nur der erste Schritt getan werden. Glücklicherweise versucht die Adaption eines Romans von Dete Meserve, der auch am Drehbuch mitarbeitete, nicht, Kate dazu zu machen. Einen moralischen Kompass hat sie zwar, wie der Umgang mit der politischen Arbeit ihres Vaters zeigt. Ansonsten scheinen ihr Nervenkitzel aber wichtiger zu sein als Hilfsbereitschaft. Es ist sogar erfrischend, ihren eher zynischen Überzeugungen zu lauschen, anstatt mal wieder einen profillosen Gutmenschen vorgesetzt zu bekommen.
Klare Sache
Wobei sich Good Sam bei der Charakterarbeit sicherlich nicht überarbeitet. Vor allem die beiden Herren, die in Kates Leben treten und dadurch ein kleines Pseudo-Liebesdreieck bilden, sind schon sehr nach Schablone gezeichnet. Auf der einen Seite der furchtlose Feuerwehrmann Eric Hayes (Chad Connell), den die Reporterin beim Einsatz kennenlernt. Auf der anderen Seite der von Anfang an etwas zu einschmeichelnde Jack Hansen (Marco Grazzini), der aus dem beruflichen Umfeld ihres Vaters kommt. Die Rollen sind schnell verteilt, man müsste schon sehr naiv oder blind sein, um nicht hinter die Fassaden schauen zu können.
Die leichten Krimi-Elemente, wenn Kate den mysteriösen Mr. Gutherz sucht, sie sind deshalb eigentlich auch völlig überflüssig. Denn worauf der Film hinausläuft, das wird schon sehr früh klar. Aufgrund der sympathischen, wenn auch weltfremden Message lässt man sich Good Sam durchaus gefallen, als kleine Aufmunterung nach einem miesen Tag. Doch weder die kleinen komödiantischen Einschübe durch Kates Kamera-Sidekick Josh (Jesse Camacho) noch die emotionaleren Nebengeschichten können verhindern, dass der Film im Grunde völlig belanglose Berieselung ist, die einen nie so richtig zu packen versteht.
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