Auch für Gesetzlose gibt es Regeln: Das muss Killer John Wick (Keanu Reeves) am eigenen Leib erfahren, als er nach einem Regelverstoß zu einem Ausgestoßen wird. Mehr noch, ein stattliches Kopfgeld lockt nun alle anderen Auftragsmörder an, Jagd auf ihn zu machen. Während John von früheren Weggefährten alte Gefallen einfordert, schickt die Hohe Kammer eine Vertretung (Asia Kate Dillon) nach New York City, die alle zur Rechenschaft ziehen soll, die ihm geholfen haben. Dabei geht ihr der gefürchtete Assassine Zero (Mark Dacascos) zur Hand, der sich nur zu gern an dieser Jagd beteiligt.
John Wick war 2014 sicherlich eine der größeren Überraschungen des Jahres. Nicht nur dass Keanu Reeves, der zuletzt kein glückliches Händchen bei der Rollenauswahl hatte, endlich wieder in einem dringend benötigten Hit zu sehen war. Der Film war darüber hinaus tatsächlich unterhaltsam. Sehr viel unterhaltsamer, als es die im Grunde banale Geschichte um einen aus dem Ruhestand zurückgekehrten Killer hätte vermuten lassen. Die Zutaten des Erfolgsrezepts: krachende Actionszenen, viel Stilbewusstsein, dazu Sinn für Humor. Letzterer ging in John Wick: Kapitel 2 ein wenig verloren. An dessen Stelle trat aber ein ganzes Paralleluniversum aus Killern, geheimen Organisationen und blutigem Ehrenkodex.
Alle gegen einen
John Wick: Kapitel 3 setzt nun konsequent den eingeschlagen Weg fort, erweitert lediglich den Umfang dieser Auseinandersetzungen. Gab es in den ersten beiden Teilen klare Antagonisten, gegen die sich Wick zur Wehr setzen musste, fehlt hier ein solcher. Oder besser: Die komplette Killergemeinschaft ist nun der Antagonist. Das erlaubt den Drehbuchautoren, eigentlich alles einzubauen, was ihnen in den Sinn kommt. Wenn jeder Jagd auf den in Ungnade gefallenen Auftragsmörder machen darf, nahezu jeder Ort für Kämpfe in Frage kommt, dann bedeutet das schließlich einen kreativen Freischein.
Im großartigen ersten Drittel weiß das immerhin vier Mann starke Drehbuchteam diese Freiheiten auch zu nutzen. Sowohl die Schauplätze wie auch die oft improvisierte Wahl der Waffen gehören zu den Glanzpunkten der Reihe. Wer John Wick wegen der gleichzeitig eleganten und doch sehr blutigen Kämpfe schätzte, der findet hier eine ebenso schicke wie unterhaltsame Bestätigung. Regisseur Chad Stahelski, der einst als Stuntman seine Karriere begann, stellt erneut unter Beweis, wie viel er von seiner Arbeit versteht. Wie viel aus dem oft eher eintönigen, gleichförmigen Actiongenre herauszuholen ist.
Größer, gemeiner
Aber auch die Erweiterungen der Unterwelt machen Spaß, wenn John auf der Suche nach einem sicheren Ort den unterschiedlichsten Leuten begegnet. Fantastisch ist beispielsweise der Auftritt von Anjelica Huston (Verbrechen und andere Kleinigkeiten) als brutal-unerschrockene Grande Dame des organisierten Verbrechens. Auch die tierisch guten Szenen von Halle Berry (X-Men), eine weitere Killerin, die in die Geschichte hineingezogen wird, können sich sehen lassen. Dazu gibt es willkommene Wiederkehrer, allen voran Hotel-Direktor Ian McShane und Lance Reddick, der erneut den Concierge mimt.
Dass die Geschichte sich an und für sich kaum weiterentwickelt, trübt das Vergnügen kaum. Die Qualitäten von John Wick liegen woanders. Umso bedauerlicher ist es, dass das letzte Drittel nicht an den fantastischen Auftakt anschließen kann. Was eigentlich ein furioses Finale hätte werden sollen, wenn zwei Welten aufeinanderprallen, ist viel zu schnell vorbei, lässt auch die Kreativität vermissen, die den Einstieg auszeichnet. Zudem verlässt den Film hier der Mut, einen tatsächlichen Einschnitt zu machen. Stattdessen drehte sich John Wick: Kapitel 3 mehr als zwei Stunden im Kreis, hat viele Menschenleben gekostet – teils auf spektakuläre Weise –, nur um am Ende wieder da aufzuhören, wo alles begonnen hat. Dem Gesamtvergnügen kann dieser enttäuschende Schluss zwar nichts mehr anhaben, die Vorfreude auf den obligatorischen vierten Teil wird aber durchaus etwas in Mitleidenschaft gezogen.
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