Klasse Deutsch
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Klasse Deutsch

Klasse Deutsch
„Klasse Deutsch“ // Deutschland-Start: 16. Mai 2019 (Kino) // 22. November 2019 (DVD)

Deutsche Sprache, schwere Sprache, wird immer mal wieder gern gesagt, um die besonderen Herausforderungen hervorzuheben, die das Erlernen dieser Sprache mit sich bringt. Und wenn das schon für die Leute gilt, die sich dem Deutsch unter regulären Bedingungen annähern, womöglich gar auf einer freiwilligen Basis, wie steht es dann um die Leute, bei denen die Biografie ganz andere Wege eingeschlagen hat? Kinder, die aus dem Ausland hierherkamen, weil beispielsweise die Familie auf der Flucht ist? Die bereits in einer Reihe von Ländern lebten, aber niemals ein Zuhause hatten?

Solchen Kindern begegnen wir einigen in Klasse Deutsch. Pranvera, die eigentlich aus Albanien stammt und mit Mobbing zu kämpfen hat. Ferdi, die irgendwie alles kann, nur nicht Schule. Oder Schach, der sich als stinkender Chinese beschimpfen lassen muss, dabei aber aus Kirgisien kommt. Regisseur Florian Heinzen-Ziob (Original Copy – Verrückt nach Kino) stellt die jungen Protagonisten nicht im Einzelnen vor, so wie er allgemein die Geschehnisse nicht kommentiert oder in einen Kontext stellt. Er zieht es vor, die Szenen für sich sprechen zu lassen.

Die Probe für das Leben
Wobei es oft Ute Vecchio ist, die das Sagen hat. Mehrere Monate begleitete Heinzen-Ziob sie an der Henry-Ford-Realschule in Köln, wo sie versucht, Immigrantenkinder auf das Leben in einer realen Schule vorzubereiten. Viel Zeit bleibt dafür nicht, zwei Jahre sind es maximal, manchmal auch weniger. Das ist nicht viel für einen jungen Menschen mit gebrochenen Lebensläufen und Familien, die in der Fremde noch gar nicht gut genug angekommen sind, um ihren Kindern Halt zu vermitteln.

Umso resoluter tritt Vecchio auf, wenn sie nicht nur Lehrstoff vermitteln, sondern die ihr anvertrauten Schüler und Schülerinnen auf das Leben an sich vorbereiten will. Ein Leben, das nicht immer Platz für sie hat und deshalb gnadenlos aussiebt, wer nicht mitzieht. In der Klassen herumalbern, den Unterricht schwänzen, am Ende auch noch dreist lügen bei der Frage, wo man gewesen ist? Nein, das gibt es bei ihr nicht. Mit einer ihr innewohnenden Autorität weist sie die Kinder zurecht, lässt sich nicht auf der Nase herumtanzen. Denn ihr ist, anders als den Schülern, durchaus bewusst, was hier auf dem Spiel steht.

Eine Aufgabe mit Herz
Da braucht es eine Menge Geduld, etwa bei der Erklärung, wo der Unterschied zwischen „finden“ und „erfinden“ ist, oder auch wenn gegebene Versprechen mal wieder nicht eingehalten wurden. Und doch wird immer wieder klar, wie sehr das hier eine Herzensangelegenheit ist. Dass der tägliche Gang an die Schule Berufung, nicht bloß Beruf ist. Mal werden die Kinder in Schutz genommen vor den Eltern, die unrealistische Erwartungen haben oder anderweitig dem Werdegang schaden. Mal gibt es auch Lob, kleine Erfolgserlebnisse auf dem schwierigen Weg an die deutschen Schulen.

Die Bilder von Klasse Deutsch mögen komplett in Schwarzweiß sein, inhaltlich ist der Dokumentarfilm sicher nicht. Stattdessen dürfen wir hier hautnah und differenziert erleben, was sich eigentlich hinter dem Schlagwort Integration verbirgt. Was das für die Menschen bedeutet, die oft unfreiwillig in der Fremde ein neues Leben aufbauen. Das geht ohne große Sentimentalisierung oder Mitleidsbekundung, der Film verlässt seine nüchtern-distanzierte Position nicht. Und doch, es geht einem irgendwie zu Herzen, wie hier eine Lehrerin darum kämpft, Kindern ein besseres Leben zu ermöglichen, teils mit ihnen, teils trotz ihnen. Wie sich in den Ernst der Lage immer wieder ein kleines Lächeln schleicht. Ein Moment des Glücks.



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„Klasse Deutsch“ nimmt uns mit in eine ganz besondere Schulklasse, welche Immigrantenkinder auf das Leben an einer deutschen Schule vorbereiten soll. Der komplett in Schwarzweiß gehaltene Dokumentarfilm zeigt dabei nüchtern die Schwierigkeiten und Herausforderungen auf, bleibt dabei aber nah an den Protagonisten.